Satzglieder: Mitspieler im Satz

Zielgruppe:7./8. Klasse (Vertiefungen: 9./10. Klasse)
Ziele:Verb als Zentrum des Satzes, Satzglieder, Subjekt, Akkusativobjekt, Dativobjekt, Präpositionalobjekt, Prädikative, Adverbiale, Attribute, Sätze als Satzglieder
Vertiefungen: Kommentarglieder
Vorkenntnisse:Wortarten, Kasus, für die Einheit zu Sätzen als Satzgliedern: Satzarten, Satzgefüge
Literatur:Hölzen/Wiechmann 2020, Christ 2019, Granzow-Emden 2015
Was ist ein Satz?
Wie kann man feststellen, ob mehrere Wörter ein Satz sind?
Wofür braucht man Sätze?
Reichen nicht auch Wörter?

In Sätzen stehen Wörter oder Wortgruppen miteinander in Beziehung. Sie ergänzen sich, beschreiben einander und bilden gemeinsam die Aussage des Satzes. Die Satzgliedlehre oder Syntax beschreibt, wie die einzelnen Wörter oder Wortgruppen zusammenwirken. In dieser Lerneinheit geht es um die Satzglieder und ihre Beziehungen zueinander. Aber wozu braucht man das? Die Satzglieder zeigen den Zusammenhang zwischen Grammatik und Bedeutung an.

Dreistellige Verben

Bilde einen Satz mit dem Verb geben. Der Satz soll vollständig sein, aber möglichst wenig Wörter beinhalten.
Simon gibt seiner Schwester ein Buch.
Wenn du mit anderen zusammen lernst:
a. Stellt eure gebildeten Sätze als kurzes Rollenspiel da. Überlegt euch, wer welche Rolle übernehmen soll. Einer von euch kann auch einen Gegenstand ‚spielen‘.
b. Wie viele Personen braucht ihr mindestens für eure Sätze?
Wenn du alleine lernst:
a. Zeichne den Inhalt des Satzes in einer Skizze auf.
b. Welche Bestandteile der Zeichnung sind unbedingt notwendig? Welche könntest du auch weglassen?

Das Verb geben braucht offenbar mindestens drei Mitspieler bzw. drei weitere Elemente:

  • denjenigen, der etwas gibt (der Geber)
  • denjenigen, der etwas empfängt (der Empfänger)
  • und den Gegenstand, der gegeben wird (das Gegebene)

Du kannst manchmal noch weitere Mitspieler hinzufügen. Du kannst auch manchmal Mitspieler weglassen, wenn aus dem Kontext klar ist, um welchen Mitspieler es sich handelt.

Clara gibt.

In diesem Satz hat das Verb geben nur einen Mitspieler. Für eine vollständige Information müssten wir aber eigentlich auch wissen, wer etwas bekommen und was gegeben wird. Wenn das aus dem Kontext klar ist, dann kann diese Information aber auch weggelassen werden.

Es geht hier darum, welche Informationen ein Verb im Normalfall benötigt, wenn es keine zusätzlichen Informationen durch die Situation gibt.

Bilde auch je einen Satz mit: anbieten, mitbringen, erzählen, schenken
Stelle deinen Satz wieder als Bild oder als Rollenspiel dar.
Welche Mitspieler brauchen diese Verben? Wie könntest du die Mitspieler umschreiben?
(1) Simon bietet einer alten Frau den Sitzplatz an. [Anbieter – Empfänger – Angebotenes]
(2) Yasemin bringt ihrer Tante einen Kuchen mit. [Bringer – Empfänger – Mitgebrachtes]
(3) Simon erzählt Yasemin eine Geschichte. [Erzähler – Zuhörer – Erzähltes]
(4) Yasemin schenkt ihrem Freund ein gutes Buch. [Schenker – Empfänger – Geschenk]

Man kann das Verb als einen Regisseur im Satz sehen. Es sorgt dafür, dass andere Satzglieder ihren Auftritt haben und stellt ihnen eine Bühne bereit. Die anderen Satzglieder sind wie Schauspieler, die ihre festgelegten Rollen spielen.

Zweistellige Verben

Bisher haben wir Szenen mit drei Mitspielern betrachtet. Überlege dir nun Szenen mit nur zwei Mitspielern.
Welche Verben kommen dafür in Frage? Du kannst die Szenen beschreiben, zeichnen oder spielen.
Achtung! Es geht nicht darum, wie viele Mitspieler bei den Verben insgesamt möglich sind. Es geht darum, wie viele Mitspieler man mindestens braucht, um einen Satz mit vollständigen Informationen zu bilden.

Die folgenden Verben können Szenen mit zwei Mitspielern ergeben:

anlügen, anrufen, anzünden, beobachten, bestellen, einladen, entdecken, küssen, lieben, öffnen, riechen, schlagen, sehen, tragen, umtauschen, wählen, werfen

Einstellige Verben

Natürlich gibt es in jedem guten Film oder Theaterstück auch Szenen mit nur einem Schauspieler. Und ebenso gibt es Verben mit nur einem Mitspieler.

Finde Verben, die nur einen Mitspieler brauchen!
Bilde mit ihnen Sätze und stellen die Sätze als Rollenspiel oder als Zeichnung dar.

Die folgenden Verben können Szenen mit nur einem Mitspieler ergeben:

atmen, brennen, essen, fehlen, frühstücken, gehen, husten, klingeln, lächeln, lachen, leben, lügen, reden, schlafen, sitzen, spielen, stehen, tanzen, trinken

Verbvalenz

Wir können Verben danach unterteilen, wie viele Stellen sie im Satz für die Satzglieder eröffnen.

  • Verben mit drei Stellen: z.B. geben
  • Verben mit zwei Stellen: z.B. anrufen
  • Verben mit einer Stelle: z.B. atmen

Noch einmal: Es geht darum, wie viele Stellen mindestens für einen Satz besetzt sein müssen. Man kann bei fast allen Verben noch zusätzliche Stellen hinzufügen, zum Beispiel:

(1) Simon öffnet die Tür. [zweistellig] – Simon öffnet seiner Schwester die Tür. [dreistellig]
(2) Simon atmet. [einstellig] – Simon atmet frische Luft. [zweistellig]

Und wenn eine Information bereits bekannt ist, kann sie manchmal auch weggelassen werden:

(3) Simon gibt seiner Schwester ein Buch. [dreistellig] – (Alle schenken Simons Schwester etwas zum Geburtstag.) Simon scheinkt ein Buch. [zweistellig].
Ein Verb eröffnet im Satz eine Szene. Es gibt vor, wie viele Mitspieler in einem Satz mindestens gebraucht werden. Diese Fähigkeit des Verbs nennt man Valenz.

Die Valenz können wir ziemlich einfach beschreiben:

Beim Verb geben z.B. brauchen wir einen Geber, einen Empfänger und einen Gegenstand, der gegeben wird.

Simon gibt seiner Schwester ein Buch.


Beim Verb schenken brauchen wir einen Schenker, einen Empfänger und ein Geschenk.

Simon schenkt Yasemin einen Blumenstrauß.


Beim Verb anrufen brauchen wir einen Anrufer und einen Angerufenen.

Yasemin ruft ihre Mutter an.


Beim Verb trinken brauchen wir einen Trinker und ein Getränk.

Simon trinkt Orangensaft.


Beim Verb atmen brauchen wir jemanden, der atmet.

Yasemin atmet.


Beim Verb lachen brauchen wir jemanden, der lacht.

Simon lacht.


Beschreibe oder zeichne die Muster bei den folgenden Verben:
biegen, blühen, fernsehen, fordern, kämpfen, kaufen, küssen, malen, tragen, träumen, waschen, wünschen

Achtung: Bei vielen Verben (zum Beispiel kaufen, malen) kann man noch einen dritten Mitspieler hinzufügen. Und oft kann man auch einen Mitspieler weglassen, wenn die Information aus dem Kontext bekannt ist.

Ordne die Mitspieler nach Gefühl danach, welche Rolle sie im jeweiligen Satz ausführen. Orientiere dich dazu an der folgenden Tabelle und trage ähnliche Rollen in die gleiche Spalte ein.
SatzVerbABC
Yasemin leiht Christian einen Stift.leihenYaseminChristianeinen Stift
Tina isst ein großes Eis.essenTinaein großes Eis.
Max schläft ein.einschlafen
Simon sichert Yasemin einen Platz in der ersten Reihe.sichern
Max ruft Simon.rufen
Finns Mutter bestätigt der Lehrerin den Termin.bestätigen
Mirja reserviert einen Tisch.reservieren
Finn besucht Yasemin.besuchen
Mirja überlegt.überlegen
Finn sagt Mirja die Lösung vor.vorsagen
Der Postbote liefert Tina ein Geschenk.liefern
Yasemin buchstabiert Mirja ein Wort.buchstabieren
Max bezahlt seine Fahrkarte.bezahlen
Tina wandert.wandern
Simon weckt Yasemin.wecken
SatzVerbABC
Yasemin leiht Christian einen Stift.leihenYaseminChristianeinen Stift
Tina isst ein großes Eis.essenTinaein großes Eis.
Max schläft ein.einschlafenMax
Simon sichert Yasemin einen Platz in der ersten Reihe.sichernSimonYasemineinen Platz in der ersten Reihe
Max ruft Simon.rufenMaxSimon
Finns Mutter bestätigt der Lehrerin den Termin.bestätigenFinns Mutterder Lehrerinden Termin
Mirja reserviert einen Tisch.reservierenMirjaeinen Tisch
Finn besucht Yasemin.besuchenFinnYasemin
Mirja überlegt.überlegenMirja
Finn sagt Mirja die Lösung vor.vorsagenFinnMirjadie Lösung
Der Postbote liefert Tina ein Geschenk.liefernDer PostboteTinaein Geschenk
Yasemin buchstabiert Mirja ein Wort.buchstabierenYaseminMirjaein Wort
Max bezahlt seine Fahrkarte.bezahlenMaxseine Fahrkarte
Tina wandert.wandernTina
Simon weckt Yasemin.weckenSimonYasemin
Welche Spalte ist immer gefüllt? Warum könnte das so sein?

Die Spalte A ist immer gefüllt. Dort steht, wer die Handlung ausführt oder wer der Träger eines Zustands ist. Man nennt die Mitspieler in Spalte A auch Subjekt. Mehr dazu erfährst du in der nächsten Einheit.

Wie könntest du die Spalten A, B und C benennen? Fallen dir gute Begriffe ein?

In Spalte A steht immer derjenige, der die Handlung ausführt. In Spalte B steht, wer von einer Handlung profitiert oder wer etwas empfängt. In Spalte C steht, wer oder was von einer Handlung betroffen ist. Die Mitspieler in Spalte A haben die Kontrolle über die jeweilige Situation, die Mitspieler in Spalte C haben keine Kontrolle über die Situation.

Wir nennen die Mitspieler in Spalte A Handelnder, die Mitspieler in Spalte B Empfänger und die Mitspieler in Spalte C Kontrollierter/Kontrolliertes. In den nächsten Einheiten wirst du nach und nach andere Begriffe dafür kennen lernen: Die Mitspieler in Spalte A nennt man auch Subjekt, die Mitspieler in den anderen Spalten Objekt.

Hier gibt es eine ergänzende Darstellung zu den Mitspielern in einem Satz.

Lesarten

Vergleiche die folgenden Sätze und umschreibe sie mit eigenen Worten. Wie ist der Bedeutungsunterschied zu erklären? Gib an, welche Valenzmuster jeweils vorliegen.
(1) Simon riecht das Essen.
(2) Simon riecht.

Manche Verben können unterschiedliche Valenzen haben. Man sagt: Sie haben verschiedene Lesarten. Die Lesarten eines Verbs unterscheiden sich in ihrer Bedeutung.

Wie findet man raus, ob ein Verb zwei Lesarten hat?

Das kannst du in einem Valenzwörterbuch herausfinden. Ein solches Wörterbuch gibt an, welche Valenz ein Verb haben kann. Dort findest du zum Beispiel die zwei Lesarten von riechen.

Ein digitales Valenzwörterbuch ist das E-VALBU (Elektronisches Valenzwörterbuch deutscher Verben). Du kannst mit dem Register nach einem Verb suchen. Das Register findest du oben auf der Seite. Klicke dazu auf den Anfangsbuchstaben des Verbs, in diesem Fall R. Es erscheint eine Liste mit allen Verben im E-VALBU, die mit R beginnen. Mit einem Klick auf das Verb gelangst du zum entsprechenden Eintrag.

Im Eintrag siehst du ganz unten die verschiedenen Lesarten. Welche passen am besten zu den beiden Beispielsätzen? Du siehst, es gibt noch weitere Lesarten. Mehr dazu erfährst du in einer anderen Einheit. Mit einem Klick auf die Lesart kommst du zu weiteren Informationen.

Auf der nächsten Seite im E-VALBU siehst du Details zur jeweiligen Lesart. Der für dich wichtigste Abschnitt ist das Strukturbeispiel ganz oben. Dort steht, welche Mitspieler das Verb in dieser Lesart im Satz benötigt. Die Farben helfen dir, die Mitspieler in den Beispielsätzen wiederzufinden.

Ein anderes Verb mit zwei Lesarten ist abmachen. Nutze das E-VALBU, um beide Lesarten zu beschreiben!

Übung zur Valenz

In diesem Abschnitt hast du erfahren, wie das Verb einen Satz organisiert. Die Bedeutung eines Verbs verlangt bestimmte Mitspieler für den Satz. Das nennt man Valenz. Ein Verb kann einen, zwei oder drei Mitspieler verlangen. Die Mitspieler haben bestimmte Bezeichnungen und bestimmte Eigenschaften, die du dir in den nächsten Einheiten (hier und hier) genauer anschauen kannst.

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Autor(en)
Niklas Reinken
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