Minimale Nominalphrasen

Nominalphrasen können mehr oder weniger komplex gebaut sein, setzen dabei jedoch immer auf elementaren Form auf, die entweder ausschließlich von einem Nomen oder von einem Nomen mit Artikel gebildet werden:

Heidelberg
Heidelberg am Neckar
das alte Heidelberg am Neckar
das alte Heidelberg am Neckar, das schon Hölderlin in höchsten Tönen pries
mein Freund
mein alter Freund
mein guter alter Freund
mein guter alter Freund aus Studientagen
mein guter alter Freund aus Studientagen, den ich seit Jahren nicht mehr getroffen hatte
Rindfleisch
britisches Rindfleisch
zwei Pfund britisches Rindfleisch
zwei Pfund abgehangenes britisches Rindfleisch
zwei Pfund abgehangenes britisches Rindfleisch, das aus garantiert BSE-freien Beständen stammt
die Überlegung
die interessante Überlegung
die überaus interessante Überlegung
die überaus interessante Überlegung eines Beiratsmitglieds
die überaus interessante Überlegung eines Beiratsmitglieds, man sollte in dieser Frage den Rat von Experten einholen

Erfasst sind hier nur einige gängige Basisformen, alle im gleichen Kasus gehalten. Die Menge möglicher Basisformen bleibt jedoch überschaubar.

Im einzelnen können diese Basisformen so gebildet werden (die Kasusvariation bleibt unberücksichtigt, da sie sich nicht auf die Typen von Bildungsmustern auswirkt):

  1. Minimale Nominalphrasen ohne Artikel
    1. Eigennamen, soweit sie aus einem Wort bestehen
    2. Nicht-Individuativa (Nomina, die in seiner Art Nicht-Zählbares bezeichnen)
    3. Artikellose Plurale
    4. Nominalphrasen aller Art in Schlagzeilen und Kurztexten
  2. Minimale Nominalphrasen mit Artikel

Jede dieser Formen hat in formaler, semantischer und pragmatischer Hinsicht ihre spezifische Charakterisitik. Hier werden im Einzelnen nur die formalen Eigenschaften betrachtet. Für eine Darstellung ihrer Bedeutung und ihres kommunikativen Gebrauchs siehe Die Bedeutung minimaler Nominalphrasen und Nominalphrasen im Gebrauch.

Minimale Nominalphrasen ohne Artikel

Eigennamen

Eigennamen können viele Formen annehmen:

Regina, Heidenheim, Katzenbuckel, Hans Werner, Mannheim-Käfertal, Herbert Schmid, Gundula Gruber-Staudenmeier, Frankfurt West, Wilhem II., Pipin der Kurze, Karl der Kahle, Frau Krause, Kaiser Friedrich Barbarossa, Prof. Dr. Dürrscheid, die Vereinigten Staaten von Amerika, das Engadin, der Kosovo

Als minimale Nominalphrasen ohne Artikel können natürlich nur solche Eigennamen gelten, die tatsächlich nur aus einem Wort bestehen, denn nur für sie gilt in allen Teilen, was Eigennamen als minimale Nominalphrasen aus formaler Sicht auszeichnet.

Als eigener Typ zu betrachten sind Eigennamen vor allem aufgrund ihrer Semantik ( Die Bedeutung von Eigennamen). Sie weisen jedoch auch eine Reihe spezieller formaler Eigenschaften auf:

  • Sie erlauben, anders als andere Nomina, keine nur restriktiv zu interpretierenden Attribute, also kein Genitivattribut:
    *Hermann des Vaters, *Heidelberg der Kurpfalz
    Werden solche Ausdrücke dennoch so und - zwingend - zugleich um einen definiten oder indefiniten Artikel erweitert, verlieren sie ihre Qualität als Eigennamen, wie dies etwa bei diesen Beispielen der Fall ist:
    Das Heidelberg der 60iger Jahre kann man in dem von heute kaum noch erkennen.
    Ein Pele des Tischfußballs ist schwer vorstellbar.
    Das Berlin , das ich in meiner Kindheit kannte, war noch stark vom Krieg gezeichnet.
  • Werden Eigennamen im laufenden Text mit einem nicht-restriktiven Attribut verbunden, bleibt das Produkt zwar ein Eigenname, doch nicht länger eine minimale Nominalphrase ohne Artikel, denn jetzt muss ihm zwingend ein definiter Artikel vorangestellt werden: der olle Hansen, die dicke Berta, das alte Europa.
    In der Anrede bleiben die Phrasen jedoch artikellos: Liebe Monica.
  • Eigennamen - nicht nur solche die als minimale Nominalphrasen realisiert werden - können nicht in den Plural gesetzt werden.
  • Im heutigen Deutsch können von Eigennamen nur zwei Flexionsformen gebildet werden: eine Grundform für Nominativ, Dativ und Akkusativ und - für alle Genera - eine Genitivform in Form eines "s": Peters, Hamburgs, Klaras.
  • Aus Eigennamen können neue Eigennamen zusammengesetzt werden, indem sie adjazent aufgereiht werden: Hans Peter Graumann, Berlin Tegel

Nicht-Individuativa

Artikellos bleiben können auch Nomina, die man - aufgrund semantischer Überlegungen - als Nicht-Individuativa bezeichnet hat. Einige typische Beispiele

Benzin, Hafer, Tomatensoße
Fieber, AIDS, Schüttelfrost
Freiheit, Klugheit, Wachsamkeit, Ausbeutung
Essen, Waldlaufen, Abnehmen

Mit solchen Nomina werden Phänomene bezeichnet, die nicht als Einzelobjekte verstanden werden. Was darunter zu verstehen ist, macht man sich am besten anhand einiger der aufgeführten Beispielen klar:

Wenn jemand etwa feststellt: "Benzin ist in Spanien billiger als in Deutschland", redet er nicht von irgendeinem Individuum, das als Benzin zu charakterisieren wäre, sondern von der Substanz "Benzin" an sich. Und wenn er sagt: "Ich brauche dringend Benzin", braucht er zwar ein seiner Menge nach bestimmtes Quantum von dieser Substanz, doch nichts, das individuelle Eigenschaften hat.

Einmal in seinem Tank könnte man das Quantum Benzin zwar durchaus als Individuum betrachten, doch sein Wunsch, Benzin zu bekommen, richtete sich nicht auf dieses Individuum oder irgendein anderes dieser Art, sondern nur eben auf Benzin.

Wer Fieber hat, hat möglicherweise eine spezielle Art von Fieber, doch keinesfalls ist er im Besitz eines Individuums. Ebenso wenig ist von Fieber als einem Individuum die Rede, wenn etwa festgestellt wird, Fieber sei in Maßen nicht schädlich.

Mit Freiheit, artikellos verwendet, ist nicht von einem individuell gegebenen Zustand die Rede, sondern von einer Qualität von Zuständen, die nicht auf diese aufzuteilen ist.

Nicht-Individuativa sind - von einigen wenigen Akronymen wie BSE, AIDS abgesehen - nicht bedingungslos darauf festgelegt, artikellos verwendet zu werden. Sie können auch mit einem Artikel zusammen Nominalphrasen bilden:

meine Freiheit, dieses Fieber, das Waldlaufen

Zu den Auswirkungen, die eine Verbindung genuiner Nicht-Individuativa mit einem Artikel in verschiedenen Kontexten haben kann, vgl. Die Bedeutung von Nicht-Individuativa.

Neben "klassischen" Nicht-Individuativa können prinzipiell auch - von Eigennamen abgesehen - beliebige Nomina als solche gebraucht werden:

Tisch ist eine bestimmte Form von Möbeln.
Katze kommt mir nicht auf den Tisch!
Er arbeitet als Abdecker
Weltmeister sind wir wieder nicht geworden.

Artikellos Plurale

Pluralische Nominalphrasen ohne Artikel - etwa Kinder, Vielflieger, Autos - sind indefinit. Sie bleiben artikellos, weil es im Deutschen - jedenfalls in der Standardsprache - nicht eigens einen indefiniten Artikel im Plural gibt. Was nicht heißt, dass es im Deutschen keine Artikel gäbe, mit denen indefinite Nominalphrasen im Plural zu bilden wären. Auch Phrasen mit W-Artikel (welche) sowie mit vielen Quantifikativ-Artikeln (etwa viele, einige, manche, etliche, mehrere) sind als indefinit einzuschätzen

Verwendung finden artikellos Plurale zum einem, wo von einer mehr oder weniger großen Anzahl von individuellen Gegenständen nur im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zu einer Gattung gesprochen wird:

Da unten werfen Kinder mit Steinen.
Außer Spesen nichts gewesen.

oder wo generalisierend von einer Gattung insgesamt gesprochen werden soll:

Amöben sind Einzeller.
Besen sind Reinigungsgeräte.

Auch artikellose Plurale können nicht ohne Einschränkung in allen syntaktischen Funktionen eingesetzt werden, die Nominalphrasen grundsätzlich haben können. Sie können nicht in attributiver Funktion verwendet werden:

* das Gewicht Rinder
* das Werfen Steine

Wie bei Substanzbezeichnungen ist hier auf Präpositionalphrasen mit von auszuweichen:

das Gewicht von Rindern
das Werfen von Steinen

Individuativa in Schlagzeilen, Ein-Satz-Texten und Ausrufen

In speziellen Kontexten - besonders in Schlagzeilen von Tageszeitungen - können auch Nominalphrasen artikellos bleiben, die sonst zwingend mit Artikel zu verwenden wären, da sie zum Bezug auf Individuen verwendet werden:

Parlament im Kosovo
(die tageszeitung, 11. 12. 2001)
Terror-Scheich in Kenia gefasst!
(Bild, 11. 12. 2001)
Kanadier entdeckt Rekord-Primzahl
(www.spiegel.de, 15. 04. 2003)
Tor, Tor, Tor, Tor, Tor!
(Eddy Finger 1978 im ORF anlässlich des Siegtores der österreichischen Fußballmannschaft)

Zu interpretieren sind solche Nomina wie minimale Nominalphrasen im engeren Sinn.

In solchen Kontexten können sogar Eigennamen, die im Fließtext zwingend mit Artikel zu verwenden sind, artikellos auftreten:

Niederlande leiten
(taz vom 30.3.2002, Seite 10)
Schweiz erforscht Stammzellen
(taz vom 23.5.2002, Seite 9)

Minimale Nominalphrasen mit Artikel

Typische minimale Nominalphrasen bestehen aus einem Nomen und - diesem vorangestellt - einem Artikel (eine Kartoffel, das Museum, dieses Tages, welchem Politiker). In Frage kommen dafür Nomina aller Art, also auch solche, die artikellos auftreten können. Bei diesen wirkt sich die Verbindung mit einem Artikel allerdings in besonderer Weise auf die Bedeutung der Phrase aus: Die Bedeutung minimaler Nominalphrasen.

Neben dieser verbreiteten Verbindung finden sich in einigen wenigen, konventionalisierten Fällen Kombinationen aus Adjektiv und Artikel, mit denen Personen bezeichnet werden: ein Fremder, der Grüne, meiner Bekannten, jener Betrunkene. Zumindest aus heutiger Sicht können diese Phrasen nicht als Ellipsen gelten, bei denen man sich ein nicht genanntes Nomen hinzuzudenken hätte, denn sie können in Gesprächen ohne Weiteres auch initial verwendet werden:

Hallo Heinz! Stell dir bloß vor: Gestern hat mir doch tatsächlich ein Fremder zwei Eintrittskarten für das Finale geschenkt!

Bei Adjektiven, die nicht als Personenbezeichnung gebräuchlich sind, bleiben solche Verwendungen unverstanden:

Hallo Heinz! Stell dir bloß vor: Gestern habe ich einen Löchrigen gesehen.

Lexika verzeichnen Adjektive, die solche Verbindungen eingehen können, im Allgemeinen als spezielle Form von Nomina, doch gegen die Auffassung, es handle sich dabei um Nominalisierungen, spricht, dass sie auch in dieser Funktion wie Adjektive zu flektieren sind:

  • der Fremde - ein Fremder
  • die Fremden - Fremde

Die Artikel, mit denen Nominalphrasen gebildet werden können, lassen sich in diese Klassen einteilen:

  1. definite Artikel
  2. indefinite Artikel
  3. Possessiv-Artikel
  4. Demonstrativ-Artikel
  5. W-Artikel

Zu diesen eindeutigen Artikelklassen kommt eine weitere Klasse, deren Elemente sich nicht in jeder Hinsicht und nicht in jeder Verwendung eindeutig wie Artikel verhalten:

  1. Quantifikativ-Artikel

Für jede Klasse dieser Artikel gelten besondere Verwendungsregeln, und entsprechend leisten die Artikel verschiedener Klassen ihren je spezifischen Beitrag zur Bedeutung der jeweiligen Nominalphrasen: Die Bedeutung minimaler Nominalphrasen.

Aus formaler Sicht allerdings unterscheiden sich die Artikelklassen (i) - (v) lediglich hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Flexion von Adjektiven, die als Erweiterung der Nominalphrase zwischen Artikel und Nomen, bzw. Artikel und Adjektiv eingefügt werden können:

der schöne Tag - ein schöner Tag
das alte Haus - ein altes Haus

Die Struktur erweiterter Nominalphrasen

Bei der Klasse der Quantifikativ-Artikel kommt hinzu, dass sich ihre Elemente in bestimmen Verwendungen wie attributive Adjektive verhalten, ohne allerdings völlig deren Eigenschaften zu teilen.

Nominalphrasen mit definitem Artikel

Unter formalem Aspekt ist zu dieser überaus gängigen Konstruktion anzumerken

  • dass sie, anders als ihrer Bezeichnung vermuten lässt, nicht die einzigen Nominalphrasen mit definiter Bedeutung sind
  • dass sie sich - in dieser Reihenfolge - aus definitem Artikel und Nomen zusammensetzt
  • dass sie - anders als Konstruktionen mit indefinitem Artikel - über Singular- und Plural-Formen verfügt
  • dass sie nicht auf der Basis beliebiger Nomina zu bilden ist - *das Heidelberg, *das BSE, *das Fronleichnam
  • dass sich der Artikel - wie im Übrigen auch Artikel jeder anderen Art - in seinem Genus nach dem nachfolgenden Nomen richtet:
der Boxer
die Maschine
das Eichhörnchen

Besonders zu beachten ist die Verbindung von definitem Artikel mit Eigennamen: Während - wie oben festgestellt - Personennamen sowie die meisten Orts- und Ländernamen artikellos zu verwenden sind, ist vor Schiffsnamen sowie Fluss- und Geländenamen zwingend und ausnahmslos der definite Artikel zu setzen:

die Bremen, die Utting
der Rhein, die Würm, das Aichtal, das Matterhorn, die Alpen

Zu dieser Klasse von Eigennamen gehören auch einige wenige Orts- und Ländernamen:

die Schweiz, die USA, Den Haag

Treten zur nominale Komponente von Eigennamen dieser Klasse andere Artikel als eben der definite, verlieren sie - wie artikellose Eigennamen - ihren Status als Eigenname und sind wie Individuativa zu gebrauchen.

Was darüber hinaus zu Nominalphrasen mit definitem Artikel festzustellen wäre, insbesondere zu ihrer Kombination mit verschiedenen Erweiterungselementen ist durchweg semantischer Natur.

Die Flexion von Nominalphrasen mit definitem Artikel

Eine Beschreibung der formalen, semantischen und funktionalen Eigenschaften des definiten Artikels findet sich unter Definiter Artikel.

Nominalphrasen mit indefinitem Artikel

Zu Nominalphrasen mit indefinitem Artikel ist festzustellen:

  • dass sie - zumindest im Standarddeutschen - nur über Singular-Formen verfügen. Der Plural bleibt artikellos.
  • Artikellose Plurale
  • dass bei Konstruktionen aus Artikel und Adjektiv die Verwendung des indefiniten Artikels gemischte Flexion des Adjektivs zur Folge hat: der Alte, jedoch ein Alter
  • dass bei ihnen bestimmte Erweiterungsmöglichkeiten blockiert sind, die bei Verwendung des definiten Artikels gegeben wären: *eine Tatsache, dass zwei und zwei vier ist, *ein Fall, dass es regnet. Dabei handelt es sich um den syntaktischen Reflex einer semantisch zu begründenden Erscheinung: Durch das, was mit dem dass-Satz ausgeführt wird, wird der Redegegenstand eindeutig - definit - bestimmt. Ein indefiniter Artikel würde diese Bestimmung konterkarieren

Flexion von Nominalphrasen mit indefinitem Artikel

Nominalphrasen mit Possessiv-Artikel

Nominalphrasen mit Possessiv-Artikel kennen mehr Varianten als Nominalphrasen mit definitem oder indefinitem Artikel, weil das Paradigma der Possessiv-Artikel nicht nur verschiedene Kasus- und Numerus-Formen umfasst, sondern zusätzlich noch jeweils drei Personal-Formen und - in der dritten Person - drei Genera, die sich - anders als etwa im Französischen - nicht nach dem Genus des regierenden Nomens oder Adjektivs richten, sondern nach dem Genus des Ausdrucks, mit dem der Possessor bezeichnet wird oder werden könnte:

Das Mädchen hat einen Hund - sein Hund
Die Dame besitzt einen Hund - ihr Hund)

Bemerkenswert ist die Beziehung zwischen dem Genus des Possessiv-Artikels und einem nachfolgenden Adjektiv, wo dieses nicht als Attribut zu einem Nomen, sondern selbständig verwendet wird, etwa bei mein Alter oder meine Kleine. Hier kongruieren Genus des Adjektivs und Genus des Artikels auf der Basis einer Sexus-bestimmten Wahl des Genus.

Flexion von Nominalphrasen mit possessivem Artikel

Nominalphrasen mit Demonstrativ-Artikel

Nominalphrasen mit Demonstrativ-Artikel unterscheiden sich strukturell nicht von Nominalphrasen mit definitem Artikel, doch während es sich bei diesem um Formen eines Ausdrucks handelt, gibt es einen Demonstrativ-Artikel in diesem Sinn nicht, wohl aber eine Reihe solcher Artikel, oft unter semantischem Aspekt auch als deiktische Artikel bezeichnet:

  • der, die, das - m Unterschied zum definiten Artikel stets betont:
Berlin ist in diesen Tagen das Mekka der Showstars.
(Gundula Gause, ZDF Heute Journal, 4. 2. 2004)
  • dieser, diese, dieses
  • jener, jene, jenes
  • derjenige, diejenige, dasjenige
  • derselbe, dieselbe, dasselbe
  • selbiger, selbige, selbiges

Sonderfall solch- und derartig-

Alle Demonstrativ-Artikel verfügen über Singular- und Plural-Formen und legen nachfolgende Adjektive auf schwache Flexion fest. Zwei Demonstrativ-Artikel - derjenige/diejenige/dasjenige und derselbe/dieselbe/dasselbe - weisen eine morphologische Besonderheit auf: Sie werden doppelt flektiert.

Flexion von derselbe und derjenige

Semantisch erschöpft sich die Gemeinsamkeit von Demonstrativ-Artikeln darin, dass sich mit ihnen im Verbund mit den weiteren Bestandteilen der Nominalphrase ein Bezug zu Vorerwähntem, Gezeigtem oder in der gegebenen Situation hinreichend Auffälligem herstellen lässt. Die Art und Weise des Bezugs ist dabei jeweils verschieden.

Nominalphrasen mit W-Artikel

Nominalphrasen mit W-Artikel finden sich in selbständigen Fragesätzen und abhängigen W-Sätzen:

Welches Ziel - so müssen wir uns jetzt fragen - konnte die euripideische Absicht, das Drama allein auf das Undionysische zu gründen, in der höchsten Idealität ihrer Durchführung überhaupt haben?
(Friedrich Nietzsche: Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, Digitale Bibliothek Band 31, S. 3621)
Die Damenwahl wird verraten, welcher Bursche und welches Mädchen heute zusammen nach Hause gehn. (LSO, 326)

Sie sind auch in Fragen zu gebrauchen, die ohne finites Verb formuliert werden:

Welche Tür bitte?

Und man findet sie in Ausrufen - finit und nicht-finit:

Welche Sünde wäre das, welcher Undank wäre es wohl, welche Treulosigkeit gegen sie, die Natur, und welche Verleugnung des Glaubens an ihre gültige Allmacht!
(LMB, 73)

Welch- übt Rektion auf die Flexion nachfolgender pränominaler Adjektive aus:

alter Wein - welcher alte Wein
mit ranzigem Erdnussöl - mit welchem ranzigen Erdnussöl

Die Genitivformen alternieren systematisch:

welchen Mannes/* welches Mannes

aber:

welches Piloten/* welchen Piloten.

Belegen lässt sich diese Regel auch nach Auswertung umfangreicher Textcorpora nur schwer, weil entsprechende Phrasen extrem selten gebraucht werden:

Dabei sahen diese Frauen - egal welchen Alters - gar nicht so aus, als beugten sie sich ansonsten irgendwelchen Wünschen oder Diktaten.
(Mannheimer Morgen, 12.11.1994, Durch meine Brille)

Flexion von welch-

Neben welch- findet sich das unflektierte welch, das auch zusammen mit dem unbestimmten Artikel auftreten kann. Häufiger noch als welch- tritt welch in Ausrufen auf, seltener sind abhängige W-Sätze, noch seltener selbständige Fragesätze:

Mit welch unendlicher Feinheit drückt die Sprache diesen Sachverhalt aus.
(WBO, 117)
"Mademoiselle Buddenbroock!" "Sie hier?" "wie reizend!" "und seit wann?" "und welch inzückende Toilette!" "man" sagte "inzückend".
(AMB, 133)
Welch bitteres Kunststück!
(WBO, 46)

Bei Fragesätzen überwiegt welch + ein:

Welch ein Jammer stürzt auf dich?
(AGK, 319)

Es finden sich jedoch auch Belege mit bloßem welch:

Welch Unglück sollte den Herrn betroffen haben, seitdem er mich ließ?
(AMJ, 170)

Oft wirken mit welch formulierte Fragen rhetorisch:

Welch ein törichtes Verlangen treibt mich in die Wüstenei'n?
(AMF, 106)

Nominalphrasen mit Quantifikativ-Artikel

Minimale Nominalphrasen können auch mit so genannten Quantifikativ-Artikeln gebildet werden, denen gemeinsam ist, dass sie zur Mengenbestimmung dienen.

Zu den Quantifikativ-Artikeln werden hier gezählt:

Die Quantifikativ-Artikel sind aufgrund ihrer jeweiligen Bedeutungen nicht alle gleichermaßen mit Singular- und Plural-Formen beliebiger Nomina zu verbinden:

einiger, einige, einiges

Die Singular-Formen von einiger/einige/einiges treten nur mit Nicht-Individuativa auf:

einiger Klebstoff, einige Geduld, einiges Holz

hingegen nicht:

* einiger Mann

Dass eine Kategorisierung als Artikel dennoch gerechtfertigt ist, zeigt sich an ihrer Auswirkung auf die Flexion der Singular-Formen attributiver Adjektive. Sie fordern schwache Flexion:

Viele Dämmstoffe lassen sich bei einigem handwerklichen Geschick auch von Laien verarbeiten.
(B98/810.67045 Berliner Zeitung, 09.10.1998, Beilage, S. V)
(...), so daß Achim nach einigem schamhaften Gerede schwierig und bloß noch neugierig stehen blieb mit dem zerbrochenen Rahmen an der Hand und auch verlegen.
(LJA, 250)

Im Plural hingegen liegt bei einiger/einige/einiges - anders als bei definiten, possessiven und demonstrativen Artikeln - keine Rektion des Artikels vor:

Mama, die trotz einiger schwärmerisch-phantastischer Züge den nüchternsten Blick hatte, auch leichtsinnig, wie sie sein konnte, jedes vermeintliche Zeichen stets zu ihrem Besten wertete, fand damals das erlösende Wort.
(LGB, 53)

etlicher, etliche, etliches

Etlicher/etliche/etliches flektiert wie einiger/einige/einiges. Rektion auf pränominale Adjektive übt es einigermaßen eindeutig nur im Dativ Singular Maskulinum und Neutrum aus:

. . . richtig, auch diese Baustelle ist nach etlichem geschmäcklerischen Hickhack über erträgliche Sichthöhen und Stadtbildverschandelung, zum Werbe-Träger geworden - Vorbild: Siegestor.
(Süddeutsche Zeitung, 023.02.1998, S. 34)
So nötig dies schien - immerhin bescherte es dem Publikum neben etlichem Verwechselbaren auch eine ernsthaft kultverdächtige Händel-Renaissance und eine berückende Monteverdische "Poppea" -, so rasch waren die herrschenden Desiderate aufgefüllt, erschöpfte sich das Konzept.
(Süddeutsche Zeitung, 028.12.1998, S. 14)

Bei Formen im Nominativ Singular finden sich gleichermaßen starke wie schwache Flexionsformen:

Denn daß das "Ästhetische" ein Allerweltsbegriff ist, der sich auf die gefällige Verschönerung des Alltags, auf eine Philosophie der Kunst, eine Theorie der Wahrnehmung oder auch noch etliches andere beziehen kann, ist den Veranstaltern selbst schon aufgefallen.
(die tageszeitung, 05.09.1992, S. 14)
Von Beginn an wurden Nummernprogramme präsentiert, zu Beginn des ersten Weltkriegs schwappte in chauvinistischem Taumel etliches militaristisches Machwerk auf die Bühne, aber das Publikum kehrte dem Hurrapatriotismus den Rücken, wie überliefert wird, und man widmete sich wieder der artistischen Tradition.
(die tageszeitung, 04.03.1994, S. 24)

Das Ganze dauert fünfundzwanzig Minuten: ein Digest vom Puppenspieler Shakespeare, der hier vor allem in Vögeln brilliert: erst Fledermäuse; dann etliches schwarzes Gefieder; dazwischen, wenn Ophelia ins Wasser geht, ein schneeweißer Phönix, aufsteigend zum Kosmos; ...
[FAZ/354.00054: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 199]

Man denkt an Erich Kästners Gedicht " Vornehme Leute - 1200 Meter hoch " und fragt sich , ob die Fotokünstlerin nicht doch nach dem Prinzip " Versteckte Kamera " gearbeitet hat , um neben manch Komischem auch etliches Entlarvende bieten zu können.
[Mannheimer Morgen (1986, Kultur), 29.07.86, S. 20]

Diese sehr spezifische Bibliothek, das Arbeitszimmer des Meisters und etliches andere wurden nach dem Krieg von Radebeul nach Bamberg sozusagen ins bundesdeutsche Exil gebracht.
[Süddeutsche Zeitung, 030.03.1995, S. 13]

Es läßt sich da etliches Selbstgemachtes finden, was es sonst nirgendwo gibt.
[Frankfurter Rundschau, 04.12.1997, S. 4]

Ihrerseits hätten die Darmstädter ebenfalls etliches Unfeine unternommen, um dem großen Frankfurter Konkurrenten das Geschäft zu vermasseln.
[Frankfurter Rundschau, 025.09.1998, S. 29]

irgendein, irgendeine, irgendein

Flexion und Rektion entsprechen dem indefiniten Artikel:

Wer soll dann überhaupt noch irgendwelchen obskuren Personen wie Rauchern, Unter-50-Jährigen, Rechtskundigen oder Undeutschen irgendeinen richtigen Mietvertrag geben, ...
(die tageszeitung, 31.3.1990, S. 41)
Für das Christentum ist jener Mann aus Nazareth nicht irgendein x-beliebiger Heiliger, sondern Gott selbst, der als Mensch das Schicksal der Menschen teilen wollte, und der die Gemeinschaft der an ihn Glaubenden (auch "Kirche" genannt, nicht unbedingt nur als Institution oder Hierarchie zu sehen) überhaupt erst gestiftet hat.
(Berliner Zeitung, 02.01.1998, S. 16)

irgendwelcher, irgendwelche, irgendwelches

Flexion von irgendwelch-

Singular-Formen kommen selten vor und sind beschränkt auf Nicht-Individuativa:

Eine Risikogruppe stellen auch jene Leute dar, die das Auto aufgrund irgendwelcher abstruser Ideologie nur im äussersten Notfall benutzen und daher kaum über Fahrpraxis verfügen.
(St. Galler Tagblatt, 15.02.1999, Kein taugliches Mittel)
Brachen sie den nationalistischen Unterwerfungskrieg vom Zaun, den Krieg für die mörderische Idee der Rassen-Suprematie und der Versklavung der Völker durch irgendwelches ausgewählte Herrengeblüt.
(AM3, 1036)
Ihre beiden Freunde lümmeln unterdessen in Nathalies Wohnung herum, sehen amerikanische Filme oder stopfen irgendwelches schreckliches Fast-food-Zeug in sich hinein.
(Mannheimer Morgen, 19.01.1996, Nach dem Flirt folgt der Mord)

Ob irgendwelch- regulär Rektion auf nachfolgende pränominale Adjektive ausübt oder nicht, lässt sich auf der Basis von Korpusbelegen nicht beantworten. Beide Optionen werden hinreichend oft gewählt. Jede Festlegung wäre willkürlich. Das gilt nicht nur für Singular-Formen, wie diese Belege zeigen:

Er war wieder nahe am Weinen, machte irgendwelche komischen Bewegungen mit Nase und Lippen und flüsterte mir zu: "Kannst du mir nicht auch was Nettes sagen?"
(LBC, 208)
Es handelt sich nicht nur darum, daß die Erkenntnis des eignen Wesens durch irgendwelche trübenden Einflüsse erschwert wird (...). (WBM, 176)
Der Julianische Kalender hat in den folgenden anderthalb Jahrtausenden irgendwelche grundsätzliche Abwandlungen nicht erfahren.
(Studium Generale, 12/1966, 724)
Aber wiederum muß man sich hüten, aus der Einsicht in die Gefahren der Technik sich in irgendwelche restaurative Tendenzen treiben zu lassen (...).
(WBM, 94)

jeder, jede, jedes

Flexion von jed-

Wie der indefinite Artikel kennt jed- nur Singular-Formen:

Ihnen fehlt jede, aber auch die geringste Vorstellung von Recht und Gesetz.
(LBC, 158)
Vater hatte mir geschrieben, daß er mir aus moralischen Gründen jede Unterstützung verweigere und von mir erwarte, daß ich mit "meiner Hände Arbeit" mich "und das unglückliche, anständige Mädchen, das du verführt hast" ernährte.
(LBC, 188)

Die Genitivformen alternieren systematisch: jeden kann nur bei Nomina stehen, die den Genitiv stark markieren: jedes Mannes/jeden Mannes, aber: jedes Piloten/*jeden Piloten.

jedweder, jedwede, jedwedes

Flexion von jedwed-

jedweder ist eine - etwas antiquierte - Alternativform zu jeder:

Sie setzte die Koffer auf die Straße, sah sich suchend um und entdeckte Bernie, um sich sofort wie ein Habicht auf ihn zu stürzen und unter Verzicht auf jedwede Begrüßung streng zu fragen: "ist das Ihr Wagen?"
(TPM, 66)
Vor dem "Terror jedweden uniformierten Geschmacks" verteidigten sie ihre Eigenständigkeit.
(Mannheimer Morgen, 20.01.1989, Von der Kinoleinwand verbannt )
Wiederholt sei hier davon abgemahnt, die Jakobssöhne für besonders verhärtete Burschen zu halten und ihnen jedwede Teilnahme zu entziehen: (...).
(AMJ, 595)

Traditionell geht man davon aus, dass die Genitivformen systematisch alternieren: jedweden steht bei Nomina, die den Genitiv stark markieren, bei anderen steht jedwedes: jedweden Mannes/*jedwedes Mannes; *jedweden Piloten/jedwedes Piloten.

Belege für jedwedes als Genitivform sind jedoch selbst in den riesigen Corpora des Instituts für Deutsche Sprache nicht zu finden.

jeglicher, jegliche, jegliches

Trotz sachlicher Nähe zu jed- bleibt jeglich- nicht wie dieses auf Singular-Formen beschränkt:

Flexion von jeglich-

Die Singular-Formen von jeglich- sind Alternativen zu jed-. Im Allgemeinen bewirkt jeglich- schwache Flexion bei pränominalen Adjektiven:

Es sind Produkte einer gedanklichen Griffelkunst , die - mit ganz wenigen Ausnahmen - auf jegliches erzählerische Element verzichtet , auskommt ohne Personal , ohne Fabel , ohne Handlung.
(Die ZEIT, 29.03.85, S.1)

doch finden sich - gar nicht selten - auch Belege ohne Rektion:

Doch welches Ausmaß sie damals angenommen, konnte niemand, dem es, wie mir, an jeglichem persönlichem Zusammenhang mit Angehörigen der Partei fehlte, irgendwie veranschlagen.
(MHE, 446)
Die Wiederherstellung des Friedens in Vietnam habe zunächst zur Voraussetzung , daß in Übereinstimmung mit dem Genfer Indochina-Abkommen von 1954 auf jegliches auswärtiges Eingreifen verzichtet werde.
(FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG 3. 2. 1966, S. 1)

Die Genitivformen alternieren nach tradierter Auffassung systematisch, wie bei jedweder:jeglichen Mannes/*jegliches Mannes; *jeglichen Piloten/jeglichesPiloten. Belege für jegliches als Genitivform sind allerdings kaum zu finden.

aller, alle, alles

Flexion von all-

Singular-Formen von all- finden sich nur in Verbindung mit Nicht-Individuativa:

Ich möchte mich in aller Form für diese gelungene Aufmachung bei Ihnen bedanken - in der Hoffnung, auch in Zukunft Informationen so wohlgeformt von Ihnen übermittelt zu bekommen.
(Die Zeit, 19.07.1996, S. 41)
Kangaroo Island macht seinem Namen alle Ehre, ...
(Berliner Zeitung, 14.03.1998, Reise)
Nachdem ich diese Katharsis überlebt hatte und von allem Dreck gereinigt war, begriff ich, daß der Ameisenbär eine große Prüfung gewesen war, die ich - vom obersten Ameisenhaufen, vom schwarzäugigen Geist, nehme ich an - auferlegt bekommen hatte; ...
(die tageszeitung, 07.01.1994, S. 19)

Die Frage, ob all- als Artikel Rektion auf nachfolgende Adjektive ausübt oder nicht, lässt sich nicht eindeutig beantworten, denn es finden sich neben regierten Formen:

Abseits aller technischen Perfektion leben die Aufnahmen von einer nicht sichtbaren, unterschwelligen Spannung.
(die tageszeitung, 07.04.1990, S. 17)

Auch Formen wie diese:

Wenn die in Deutschland amtierende politische Klasse in den letzten eineinhalb Jahren eines geschafft hat, dann ist es die Einäscherung aller sozialer Phantasie.
(die tageszeitung, 07.10.1991, S. 12)
Trotz aller rhetorischer Bemühungen bedeutet dies nicht nur für den Warschauer Pakt, sondern früher oder später auch für die Nato den Entzug ihrer Existenzgrundlage.
(die tageszeitung, 14.02.1990, S. 10)

mancher, manche, manches

Flexion von manch-

Manch- kann mit allen Nomina in Singular- wie Plural-Form verbunden werden. Bei Eigennamen wirkt die Verbindung allerdings sehr gewollt:

? manche Regine
?? mancher Hermann Schulz

Traditionell wird angenommen, dass manch- auf die Flexion pränominaler Adjektive Rektion ausübt. Im Singular ist das auch überwiegend der Fall, jedoch finden sich auch hier unregierte Formen:

Aber 1980 überholte uns auf unserem langen Marsch durch die Ukraine und den Vorkaukasus auch mancher kaukasischer Lada mit einer von Kissen gehaltenen Stalin-Ikone hinter der Heckscheibe. (B98/80)

Schließlich wird eine ganze Reihe von Dokumenten zitiert, die so manchem bravem DDR-Bürger den Atem stocken lassen werden.
[Mannheimer Morgen, 12.06.1989, Offenes Bekenntnis zum neuen Moskauer Kurs]

Am Montag im Stadtrat beteiligte sich der Fraktionsvorsitzende der CDU, Berthold Messemer, wacker an manchem rhetorischem Höhepunkt der langen Sitzung, am Dienstag morgen trafen ihn Herzprobleme, die einen Aufenthalt im Krankenhaus und intensive ärztliche Betreuung notwendig machen.
[Mannheimer Morgen, 18.12.1997, Berthold Messemer ist erkrankt]

Was man dummerweise auch über so manches auftretendes Model dieses Mode-Abends sagen muss.
[ Berliner Zeitung, 12.10.1999, S. 28]

Im Plural finden sich regierte wie unregierte Formen in so großer Zahl, dass nicht einmal Tendenzen zu erkennen sind:

Darum kamen manche reiche Werke dem Stilistiker, der nur nach Leibern gräbt und nicht Geister sucht, so arm vor, als die majestätischen hohen Schweizergebirge dem Bergknappen gegen tiefe Bergwerke erscheinen. (Jean Paul: Vorschule der Ästhetik, Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 53933)
Manche urzeitlichen Baugedanken haben eine Ausstrahlungskraft, die über ihre erloschenen Ursprungskulturen hinaus von zeitloser Allgegenwart sind.
(Berliner Zeitung, 23.01.1999, S. I)

Wäre er in einer gallischen Erziehungsanstalt und in diesem Säkul sehr gut ausgebildet und verfeinert worden, so müßt' er manche romantische Gefühle, die er dem Dichter gleich zubringt, erst ihm abfühlen. Jean Paul

Sieben Tage in der Woche arbeiten manche jungen Mütter, zum größten Teil von zu Hause aus.
[Berliner Zeitung, 24.07.1999, S. 79]

Über diesen Sorgen traf sie der Werkführer oder oberste Arbeiter, der jetzt eintrat, um mit ihr die Angelegenheiten und den Bestand der Geschäfte durchzusehen und manche wichtige Dinge zu besprechen. [Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 59791]

Noch heute regieren manche afrikanische Staatschefs ihr Land wie einst ihr Großvater das Heimatdorf.
[Berliner Zeitung, 17.06.1998, S. 31]

Und Harnoncourt leistet sich obendrein manche kruden Willkürlichkeiten: In der ersten Könniginnen-Arie verhindern -zig verschiedene Tempi einen fließenden Largo-Teil, im Duett Pamina-Papageno eliminiert er zugunsten eines Sprechsatzes die beiden Kadenz-Akkorde der ersten Phrase.
[Mannheimer Morgen, 30.03.1989, Kultur]

Das ist nämlich eigentlich nur bei intradeutschen Süßigkeitstransaktionen üblich, weil manche deutschen Kinder keinen Zucker, andere keinen Weizen oder sowieso nur "Biofutter" essen dürfen.
[ Berliner Zeitung, 07.11.1997,S. 21]

Und am Ende klappt man, trotz mancher zynischer Brutalitäten und Sex am Pool, den Film ohne Atemnot zu.
[B98/808.52845 Berliner Zeitung, 21.08.1998; KULTURPOLITIK, S. 1]

Die Genitivformen alternieren in der Regel systematisch:

manchen Mannes/? manches Mannes
manches Piloten/* manchen Piloten

Vereinzelt finden sich jedoch auch solche Formen:

Nachdem sich zu Jahresbeginn die Preisschraube für Kraftstoff zur Verärgerung manches Autofahrers nach oben drehte, äußerten jetzt gleich mehrere Automobilhersteller Bedenken gegen die Verwendung des neuen "Super Plus"-Kraftstoffes.
(Mannheimer Morgen, 05.01.1989, Wirtschaft)

Gelegentlich tritt manch- mit dem Zusatz so auf:

"Darüber wird sich so mancher Zeitgenosse und vor allem so manche Hausfrau nicht im klaren sein", warf Bernie ein.
(TPM, 47)

Auch unflektiertes manch tritt als Determinativ:

Sie rüsteten Karawanen aus, die mehr als einmal das Ende der Welt gestreift hätten, und handelten zwischen den Reichen hin und her mit Schätzen, auf die schon manch König die Augen geworfen …
(AMJ, 603)
Manch liebes Mal hätte die neue Wahrheit Veranlassung, gewissen Leuten, die meinten, sie sei Wasser auf ihre Mühle, zuzurufen: so war es nicht gemeint!
(AM1, 243)

Gelegentlich tritt unflektiertes manch auch mit indefinitem Artikel auf:

Muß mancher auch ins Gras noch beißen, muß manch ein Mutterherz noch reißen ...
(LGB, 280)

mehrere

Mehrere tritt als Artikel aufgrund seiner Bedeutung ausschließlich mit Nomina in Plural-Form auf. Da es keine Rektion auf pränominale Adjektive ausübt, scheint es fraglich, ob es sich bei diesem Ausdruck überhaupt um einen Artikel handelt. Sein Auftreten blockiert jedoch alle anderen Artikel, was als hinreichender Grund dafür gelten kann, dass mehrere selbst die Funktion eines Artikels erfüllt, wenn es in Erstposition einer Nominalphrase steht.

Einige Beispiele:

Der Träger mehrerer bedeutender Literaturpreise gehörte zu den produktivsten und als Dramatiker meistgespielten Autoren der Gegenwart.
(Mannheimer Morgen, 17.02.1989, S. 2)
Ich wollte Hanna schreiben und fing mehrere Briefe an (...).
(LFH, 212)
"Es gibt auf mehreren Gebieten Diskussionen zwischen den Vereinigten Staaten und den Sowjets - sie betreffen Vereinbarungen über Steuern und Investitionen, die Umwelt und eine Reihe anderer Gebiete," erklärte Mitchell.
(die tageszeitung, 19.04.1990, S. 2)

kein

Trotz ausdrucksseitiger Nähe zum unbestimmten Artikel - gleiche Flexion im Singular - und zu den Possessiv-Artikeln - gleiche Flexion im Plural - ist kein aus semantischen Gründen zu den quantifizierenden Determinativen zu rechnen. Hierzu:

Die Bedeutung minimaler Nominalphrasen

Wie die Formen des unbestimmten Artikels regieren die Formen von kein im Singular die gemischte Deklination bei pränominalen Adjektiven:

englisches Bier - kein englisches Bier
englischem Bier - keinem englischen Bier

Im Plural werden nach kein - wie bei Possessiv-Artikeln - pränominale Adjektive schwach flektiert:

englische Biere - keine englischen Biere

Die Formen von kein verbinden sich - von Eigennamen abgesehen - mit Nomina aller Art:

Der 8. 8. 88 war vor 100 Jahren den Zeitungen offenbar keiner besonderen Erwähnung wert, obwohl - wie dpa recherchiert hat - der 8. 8. 1888 sogar noch eine Acht mehr aufzuweisen hatte.
(die tageszeitung, 9.8.1988, 8.8.1888, S. 20)
Kein Mensch kann alles wissen.
Es gibt keine Maikäfer mehr.
Nun, ich denke, er trinkt kein Bier.

Die Ausdrücke, die hier als Quantifikativ-Artikel aufgeführt werden, verhalten sich jedoch zum Teil nur mit Einschränkungen wie Artikel. So kann etwa jed-, jeglich-,jedwed- und manch- im Singular ein indefiniter Artikel vorangestellt werden, etlich- im Plural ein Demonstrativ-Artikel (dies- oder jen-), ebenso mehrer-, das nur Pluralformen kennt. Bei diesen Ausdrücken scheint eine Klassifikation als Quantifikativ-Adjektiv näher zu liegen denn als Quantifikativ-Artikel. Andererseits verhalten sie sich aber auch nicht so ganz wie Adjektive, denn sie können in Nominativ- und Akkusativ-Formen Rektion auf nachfolgende Adjektive und Partizipien ausüben:

Nicht der Verwandte , der Bekannte , der Teilnehmer allein , ein jeder fremde Zuschauer wird hingerissen , wenn er die Freude sieht , mit welcher der eingesperrte Schiffer ans Land springt , noch ehe sein Fahrzeug es ganz berührt , sich wieder frei fühlt und nunmehr das , was er dem falschen Wasser entzogen , der getreuen Erde anvertrauen kann.
(Johann Wolfgang Goethe, "Wilhelm Meisters Lehrjahre", Hamburger Ausgabe, Band 7, S. 40)
Max Vonessamieh läßt teilnehmen an Menschenstudien, die ein jeder betrachtende Kopf für sich weiterspinnen, vervollkommnen mag.
(Frankfurter Rundschau, 03.06.1998, S. 8)

Das nämlich, von dem ich weiß, daß es mir dieser Hund gesagt hat, ohne daß ich es gehört habe, weil, wie ein jeglicher Gescheiter weiß, Hunde nicht reden können, so blabla wie wir, aber ich sage nicht, woher ich das weiß, was er meinte.
[Frankfurter Rundschau, 026.06.1999, S. 6]

Mit Zuversicht und Vertrauen gehe unsere Volksvertretung und gehe ein jeder Abgeordneter an seine Arbeit.
[Neue Zeit, Hrsg.: CDU; 06.04.1990, S. 3]

Der Schwierigkeit, diese Quantifikativ-Ausdrücke theoretisch zu klassifizieren, entspricht in der Praxis eine Unschärfe der Bildungsregeln, die nur normativ zu überwinden wäre.

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Bruno Strecker
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