Was sprachliche Ausdrücke argumenttauglich macht

Folgende Fragen stellen sich:

  • Mit welchen sprachlichen Mitteln kann man Gegenstände entwerfen?
  • Mit welchen sprachlichen Mitteln kann man Gegenstände nennen?
  • Mit welchen sprachlichen Mitteln kann man auf Gegenstände verweisen?
  • Mit welchen sprachlichen Mitteln kann man einen Gegenstandsentwürfe wieder aufgreifen oder vorwegnehmen?

Die Betonung liegt hier auf sprachliche Mittel, was in Anbetracht der Aufgabenstellung erklärungsbedürftig scheint:

Gegenstandsentwürfe, die mit anderen als sprachlichen Mitteln ausgeführt werden, sind uns im Alltag durchaus vertraut: Zeichnungen, maßstabsgetreue Modelle, Photographien. Bei Verweisen auf Gegenstände denkt man an Hinweisschilder und zeigende Gesten. Beides kann aber nur beschränkt dazu beitragen, die Leistung sprachlicher Mittel in vollem Umfang einzuschätzen.

Teils sind die Gegenstände, die sprachlich zu entwerfen sind, von einer Art, die andere Mittel nicht zulässt, teils sind sie raumzeitlich nicht zu bestimmen. Hinzu kommt, dass jedes Bild grundsätzlich ebenso Bild einer singulären Erscheinung wie eines Genres sein kann. Will man es so oder so verstanden wissen, muss man das mit anderen als zeichnerischen Mitteln zum Ausdruck bringen. Unsere sprachlichen Mittel sehen eine solche Unterscheidung vor und sind auf andere Weise für die Bewältigung solcher Aufgaben qualifiziert als Bilder und Modelle.

Ein sprachlicher Ausdruck kann nur mit seiner Bedeutung einen Gegenstand entwerfen, und diese Bedeutung hat er nicht, weil er dem zu Entwerfenden in irgendeiner Weise ähnlich wäre. Man sieht ihm nicht an, was er bedeutet. Ein Gegenstandsentwurf mit sprachlichen Mitteln kann deshalb nicht als Bild und gar Abbild eines Gegenstands gelten. Das Entwurfsverfahren ist hier von gänzlich anderer Art: Sprachliche Ausdrücke rufen gewissermaßen ihre Bedeutung auf, indem sie die Regel ihres charakterisierenden Gebrauchs in Erinnerung bringen. Geeignet sind mithin solche Ausdrücke, die über ein Charakterisierungspotenzial verfügen, also Adjektive, Nomina, Verben sowie auf diesen aufbauende Phrasen. Ihr semantisches Potenzial kann grundsätzlich auf zweierlei Weise genutzt werden: zur Prädikation, aber auch zur Einrichtung von Verrechnungsorten für Prädikate.

Die Möglichkeit doppelter Nutzung ist so zu erklären: Wissen, unter welchen Bedingungen etwas als von bestimmter Art charakterisiert werden kann, heißt immer auch wissen, wie sein muss, was so ist. Damit ist, wer die Bedeutung eines Wortes mit Charakterisierungspotential kennt, in der Lage, dieses nicht nur für die Zwecke einer Charakterisierung, sondern ebenso zum Entwerfen von so Geartetem einzusetzen. Wie das Potential im Zug einer Äußerung genutzt wird, hängt von der semantischen Funktion ab, die damit erfüllt werden soll: Tritt das Wort in Prädikatsfunktion auf, dann dient seine Bedeutung zur Charakterisierung. Tritt das Wort in Argumentfunktion auf, dient seine Bedeutung dem Entwurf eines Gegenstands.

Unter den Ausdrücken, deren Bedeutung nicht in einem Charakterisierungspotenzial besteht, finden sich drei Typen von Ausdrücken, die ebenfalls zur Bestimmung von Verrechnungsorten genutzt werden können.

  • Eigennamen, die Gegenstände aller Art auf der Grundlage eingeführter Benennungen aufrufen oder neu benennen.
Jena, Rheinland, Feldberg
Marianne, Manfred, Uwe
  • Verweisausdrücke, die syntaktisch selbständig oder unselbständig auftreten. Als unselbständige Ausdrücke werden sie in Nominalphrasen zu Ausdrücken gestellt mit Charakterisierungspotenzial und erfüllen zum Teil auch noch die Aufgabe von Quantifikationsausdrücken.

Ausschließlich selbständig kommen vor

ich, meiner, mir, mich
du, deiner, dir, dich
wer, wen, wem, was
man
jemand

Selbständig und unselbständig kommen vor

der, die, das
dieser, diese, dieses
jener, jene, jenes
er, sie, es, ihm, ihn, ihnen, ihr, ihrer

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Autor(en)
Bruno Strecker
Bearbeiter
Elke Donalies
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