Genus und Silbenstruktur
Die im Wesentlichen von Köpcke 1982 bis Köpcke/ Zubin 1996 vorrangig für Simplizia ausgefeilten Regeln "zum Zusammenhang von phonologischer Struktur und Genus müssen zusammengefasst als relativ schwach gelten: Sie erfassen teilweise nur wenige Substantive oder es sind zu viele Ausnahmen zu verzeichnen" (Hoberg 2004).
Beispiel
Man könnte hinsichtlich der Silbenstruktur eine Regel aufstellen wie die, dass Nomina mit /kn/ im Anlaut Maskulinum haben. Das Deutsche Universalwörterbuch verzeichnet unter anderen
Es wird rasch deutlich, dass die Regel so nicht gemeint sein kann. Sie muss, wenn sie nicht zu viele Ausnahmen tolerieren will, allerlei ausschließen:
1.
Sie muss Komposita ausschließen wie die
Kneifzange und das Knabenkraut, deren Genus sich nicht nach dem Anlaut,
sondern nach der zweiten Einheit richtet. Siehe dazu Genus
und Komposition.
2.
Sie wird weiter explizite Derivate wie die
Kniffelei ausschließen, deren Genus sich ebenfalls nicht nach dem Anlaut, sondern nach dem
Suffix richtet. Siehe dazu Genus und explizite
Derivation.
3.
Auch auf Schwa auslautende Substantive wie die Kneipe,
die Knete, die Knolle unterliegen offenbar nicht dieser Regel. Siehe dazu
Genus und Pseudosuffigierung.
Schließlich bleiben einige wenige Simplizia mit anlautendem
/kn/ übrig wie der Knecht, der Knopf, der Knust, die tatsächlich
überwiegend maskulin sind. Ausnahme ist etwa das Knie. Diese Regel führt dann aber
"nicht über die generelle Regel hinaus, dass einfache Substantive tendenziell (zu 2/3) maskulines
Genus haben" (Hoberg 2004).
Zudem "schockieren solche Regeln erst einmal, weil sie keine Erklärungen anstreben, sondern nur statistische Zusammenhänge feststellen. [...] Für didaktische Zwecke sind sie vorderhand schwer verwendbar, weil sie für Lerner kaum formulierbar sind und ihr Lerneffekt suspekt bleibt. Man wünscht sich fürs Lernen eine merkfähige Erklärung, keine arbiträr erscheinenden Verteilungen" (Heringer 1995, 211).