Sprechrhythmus: Takt

Das Deutsche hat einen akzentzählenden Sprechrhythmus. Die um eine Hebung gruppierten Takte sind nicht gleich lang. Tendenziell ist die Länge der nicht-akzentuierten Silben aber bei normalem, also nicht durch Verzögerungen oder Abbrüche unterbrochenem Sprechtempo umgekehrt proportional zu ihrer Anzahl. Mit anderen Worten: Je größer die Zahl aufeinander folgender unakzentuierter Silben ist, desto eher wird ihre Dauer verkürzt und es kommt zu Vokalreduktionen, Tilgungen, Enklise oder Proklise und damit zur Realisierung von schwachen Formen.

Determinativdem[de:m][dəm], [dṃ], [ṃ]
Präpositionin[ɪn][ən], [ṇ], [ṃ]
Hilfsverbhaben[ha:bən][ham]
Konjunktorund[ʊnt][ʊn], [ən], [ṃ], [ṇ]
Anapherihm[i:m][əm], [ṃ]
Hörerdeixisdu[du:][də], Ausfall nach -t
Zahladjektivachtzehn[aχtse:n][aχtsən], [aχtsṇ]

Der Sprechrhythmus kann auch äußerungsintern häufig wechseln. Gänzlich fehlende Rhythmisierung ist auffällig und verweist meist auf eine Sprachstörung. Basiseinheit ist der Takt, auch Rhythmus- oder Akzentgruppe genannt.

Unter einem Takt verstehen wir die rhythmische Einheit, die aus einer akzentuierten Silbe und fakultativ einer oder mehrerer unakzentuierter Silben besteht, die als Vorlauf vorangehen oder als Nachlauf folgen können.

Silben, die zum Vorlauf gehören, werden so schnell artikuliert, dass sie gerade noch identifizierbar sind. Oft unterliegen Vorlaufsilben der Proklise, also der phonetischen Abschwächung aufgrund einer Anlehnung eines nicht oder schwach betonten Wortes an das Folgewort.

Die Länge des Nachlaufs nimmt nicht proportional zur Anzahl seiner Silben zu. Ein zweisilbiger Takt aus Nukleussilbe und Nachlauf ist länger als ein einsilbiger, aber kürzer als die Verdoppelung der Dauer eines einsilbigen Taktes. Entsprechendes gilt für Takte mit mehr als zwei Silben. Die Nachlaufsilben eines mehrsilbigen Taktes tendieren jeweils zu gleicher Länge. Vorausgesetzt ist dabei stets, dass es nicht zu Unterbrechungen wie Planungspausen oder Anakoluthen kommt.

Die Grenzen rhythmischer Einheiten fallen nicht immer mit denen syntaktisch-semantischer Einheiten (etwa von Phrasen oder eingebetteten Sätze) zusammen.

Als externe Abgrenzungskriterien können auftreten:

  • kurze Pause
  • Kennzeichnung eines Taktbeginns durch einen beschleunigt artikulierten Auftakt
  • leichte Umkehrung der Tonbewegung auf einer unakzentuierten Silbe, die den Taktabschluss markiert
  • Längung einer betonten Endsilbe des vorhergehendenTaktes

Insgesamt bleibt dem Sprecher einiger Spielraum zur Bildung rhythmischer Einheiten, wobei auch Idiosynkrasien eine Rolle spielen.

Wir geben einige Illustrationen für unterschiedliche Rhythmisierungen:

/ In der Nacht . / sind alle /Katzen grau /
/ In der Nacht sind /alle /Katzen /grau. /
/ im Insti /tut/
/Danke, / das war's /
Taktgrenze: /
rhythmische Pause: .

Ein Sprecher kann (etwa bei isolierter Wortausprache) jede akzentuierbare Wortsilbe auch tatsächlich artikulieren:

/ Kro /ko /dils /tränen /

Ist nur ein einziger Gewichtungsakzent vorhanden, bildet das Tonmuster zugleich das Grenztonmuster. Jeder Gewichtungsakzent bündelt eine Folge von Takten zu einer Intonationsphrase.

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Autor(en)
Klaus Vorderwülbecke
Bearbeiter
Elke Donalies
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