Vokalwechsel und Affigierung

Der Vokalwechsel kennzeichnet direkt nur den Stamm, die Affigierung die ganze Wortform. Beide Formmittel werden in bestimmten Bereichen der Flexion miteinander kombiniert und können auch in ein und derselben Wortform verwendet werden.

Pluralbildung der Nomina

Hand - Händ-e
Bach - Bäch-e
Haus - Häus-er
Boden - Böden

Bei Nomina markiert der Umlaut am Stamm die gleiche Kategorie wie das Suffix an der ganzen Wortform: den Plural. Es ergeben sich dabei folgende Pluraltypen mit Umlaut (Wiese 2000, 148):

  • Umlaut + (e) - prototypisch: "verstärkter" Pluraltyp für Maskulina (Väter, Gäst-e, Bänd-e aber auch Mütter, Händ-e, Flöß-e)
  • Umlaut + -er - prototypisch: "verstärkter" Pluraltyp für Neutra (Bänd-er, Länd-er aber auch Ränd-er)

Der Umlaut kann nur bei Nomina, deren Stamm auf eine Schwasilbe endet (z. B. Vater, Boden - Pluraltyp 1), als alleiniger Pluralmarker auftreten. In anderen Pluraltypen ist das Suffix alleiniger Pluralmarker, oder es kommt zur Doppelmarkierung. Zu der sehr weit verbreiteten Redundanz des Umlauts als Pluralmarkierung "passt" gut die Beobachtung, dass er nicht bei allen umlautfähigen Stämmen auftritt (vgl. Umlaut in der Deklination der Nomina).

Komparation der Adjektive

kalt - kält-er - kält-est

Im Komparativ und im Superlativ kann ein Umlaut auftreten. Er fungiert dann als allgemeiner Nicht-Positiv-Marker. Die Suffixe -er und -est sind dagegen spezifische Marker für die entsprechenden Komparationsstufen. Die Tatsache, dass sie obligatorisch sind, macht den allgemeinen Nicht-Positiv-Marker redundant (vgl. Umlaut in der Komparation der Adjektive).

Konjugation der starken Verben

Der Vokalwechsel tritt zusammen mit Affigierung auf bei

  • der Bildung der Wortformen der 2. und 3. P. Präsens Ind Sg bestimmter starker Verben (sog. Vokalerhöhung, vgl. Umlaut in der Konjugation, e/i-Wechsel), z. B.: fahr-e - fähr-st, sprech-e - sprich-st
  • der Bildung bestimmter finiter Präteritalformen starker Verben (vgl. Ablaut), z. B.: sing-st - sang-st
  • bei der Bildung von Wortformen des Präteritum Konjunktiv bestimmter starker Verben und schwacher Verben mit Vokalwechsel (vgl. Umlaut in der Konjugation), z. B.: sang-en - säng-en bzw. bracht-en - brächt-en
  • bei der Bildung des Partizip II bestimmter starker Verben (vgl. Ablaut), z. B.: sing-en - ge-sung-en

Die Vokalerhöhung leistet bei der 3. P. Präsens Ind Sg die Unterscheidbarkeit der entsprechenden Wortform von der Wortform der 2. P. Präsens Ind Pl, vgl. spricht vs. sprecht. Bei den Präteritalformen starker Verben wird der Vokalwechsel regulär zur Tempus- und Verbmodusmarkierung genutzt. Die Suffixe sind hier dagegen in erster Linie Personal- und Numerusmarker. Beim Partizip II gewährleisten bereits die Affixe eine eindeutige Formspezifizierung, der Ablaut ist somit redundant.

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