Struktur des Vorfelds

Das Vorfeld des deutschen Satzes wurde für ProGr@mm kontrastiv als das Wortstellungsfeld vor der linken Satzklammer definiert (vgl. dazu die Einheit Satzklammer und Stellungsfelder). Es wurde jedoch auch gezeigt, dass sich vor dem Vorfeld potenziell auch noch ein linkes Außenfeld befinden kann, in dem Ausdrücke stehen können, die nicht organisch zur Satzstruktur gehören bzw. aus kommunikativen Gründen vom Restsatz abgetrennt sind (vgl. auch die Einheit Wortstellung in den Außenfeldern).

Wenn man vom linken Außenfeld absieht – das nicht zum Vorfeld zählt –, ist das deutsche Vorfeld typischerweise nur mit einer Stellungseinheit besetzt, die in der Regel aus einem Komplement, einem Supplement oder aus Teilen des Verbalkomplexes besteht.

Im Ungarischen gibt es kein vergleichbares Stellungsfeld am Satzanfang, das die gleiche oder eine ähnliche Struktur aufweist (vgl. Grammatische Aspekte der Wortstellung im Ungarischen sowie Satzklammer und Stellungsfelder im deutsch-ungarischen Kontrast). Im Ungarischen kann man nur über eine sog. erste Satzhälfte sprechen, die bis zur fokussierten Phrase oder bis zum finiten Verb dauert. In dieser Satzhälfte können mehrere Stellungseinheiten stehen, die den Hintergrund darstellen. Die zweite Satzhälfte wird dann mit der als vordergründig markierten und deshalb auch betonten Phrase eingeleitet und hinter ihm steht obligatorisch das finite Verb. Es ist auch häufig, dass das finite Verb selber den Satzakzent trägt und als Vordergrund hervorgehoben wird. In diesem Fall bildet das finite Verb die Grenze zwischen der ersten und der zweiten Satzhälfte (ähnlich wie im Deutschen, wo das finite Verb die Grenze zwischen Vorfeld und Mittelfeld bildet).

Das deutsche Vorfeld und die erste Satzhälfte des ungarischen Satzes weisen aber hinsichtlich ihrer Struktur einen sehr wesentlichen Unterschied auf, indem in der ersten Satzhälfte des ungarischen Satzes grammatisch unbeschränkt viele voneinander unabhängige Phrasen stehen können. Deshalb sind das deutsche Vorfeld und die erste Hälfte des ungarischen Satzes in erster Linie unter funktionalem und nicht unter strukturellem Aspekt miteinander zu vergleichen.

Im Ungarischen sind zwar die Satztypen nicht mit einem festen Wortstellungstyp verbunden, d. h. auch Fragesätze und Aufforderungssätze können die gleiche Wortstellung aufweisen wie Aussagesätze, tendenziell kann man jedoch sagen, dass ungarische Entscheidungsfragesätze und Aufforderungssätze am häufigsten mit der fokussierten Phrase oder mit dem finiten Verb anfangen und nur relativ selten eine erste Satzhälfte haben. Ebenso fangen Ergänzungsfragesätze am häufigsten mit dem Fragewort an, dem obligatorisch das finite Verb folgt. Auf diese Weise kann man sagen, dass – obwohl verbindliche Wortstellungsregeln wie für das deutsche Vorfeld und für die Verbstellung im Deutschen für das Ungarische nicht formuliert werden können – die häufigsten und typischen Wortstellungsrealisierungen der ungarischen Sätze gewisse Ähnlichkeiten mit den deutschen Sätzen des gleichen Satztyps aufweisen.

Vorfeldbesetzung durch Komplemente
Vorfeldbesetzung durch Supplemente
Vorfeldbesetzung durch Verbalkomplexteile

In bestimmten Fällen kann das deutsche Vorfeld aber auch mit mehr als einer Stellungseinheit besetzt sein. Das ist bei Adverbialverbindungen im Vorfeld, bei Partikeln im Vorfeld und bei Infinitverbindungen im Vorfeld (Verbindungen von Komplementen und Supplementen + infiniten Teilen des Verbalkomplexes) der Fall.

Außerdem können sich Komplemente im Deutschen über zwei Stellungsfelder erstrecken. Bei dieser Distanzstellung von Komplementen liegt eine Aufspaltung der Nominalphrase vor.

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