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Oft wird behauptet, dass einige Adjektive nicht gesteigert werden können. Genauer
gesagt, dass man die absoluten
Adjektive nicht steigern kann. Diese Adjektive bezeichnen eine
Eigenschaft, die entweder zutrifft oder nicht:
(1) Die Tasse ist blau.
(2) Der Teller ist leer.
Man kann also angeblich nicht sagen:
(3) Die Tasse ist blauer als das Glas.
(4) Der Teller ist leerer als der andere.
Was meinst du? Kann man die absoluten Adjektive steigern? Warum? Warum
nicht?
Beliebte Beispiele für angeblich nicht steigerbare Adjektive sind
schwanger und
tot. Und auf den ersten Blick leuchtet das
ja auch ein: Entweder man ist schwanger oder eben nicht. Ein bisschen schwanger geht nicht.
Genauso bei tot.
Aber stimmt das eigentlich? Gibt es keine Steigerungsformen bei
schwanger und tot? Man kann tatsächlich einige wenige
Belege finden, in denen schwanger und tot gesteigert
werden.
Der Markus ist noch schwangerer als ich.
(NEW05/JAN.00365 NEWS, 20.01.2005, S. 148; Eine Mutter nach Maß)
Sie hatten ihre Frauen zum Ultraschall begleitet, sie sangen Lieder über
dem gewölbten Bauch, um das Ungeborene an Papas Stimme zu gewöhnen, und fast schien
es so, als seien sie schwangerer als ihre Gattinnen, die gekommen waren, das
Wunschkind endlich zu gebären.
(NZZ02/APR.03148 Neue Zürcher Zeitung, 19.04.2002, S. 70; Blick auf den
Bildschirm /Vom zwangsläufigen Scheitern der Eltern)
Obendrein sind englische Teenager schwangerer als ihre Artgenossinnen in
der EU, empörte sich der Telegraph.
(T07/DEZ.00231 die tageszeitung, 03.12.2007, S. 20; die fette insel von RALF
SOTSCHECK)
Wenn man Schäfer fragt, wer von den Dreien zuerst mit der Idee schwanger
gegangen ist, antwortet er: „Derjenige von uns, der am schwangersten aussieht.“
Sieht man die drei Männer nebeneinander, weiß man sofort, dass der Erfinder sich
hier ironischerweise selber lobt.
(U16/FEB.01725 Süddeutsche Zeitung, 12.02.2016, S. 17; NAHAUFNAHME)
Und Holtz lässt auch keinen Zweifel daran, wie seine Firma in
Schwierigkeiten geraten konnte: durch das neue Autohaus in Malchin. Holtz: „Die Ecke
ist toter als tot.“
(NKU01/AUG.06770 Nordkurier, 21.08.2001; Autohaus beantragt Insolvenz)
Da kann Schiller nie und nimmer mithalten. Wie der Name „Ode an die
Freude“ schon sagt, handelt es sich um ein ziemlich optimistisches Gedicht. Und
nichts ist toter als der Optimismus. Optimismus ist etwas für die
Börsen.
(T05/DEZ.04626 die tageszeitung, 28.12.2005, S. 9; Auch du bist
gemeint)
Doch im Restlicht dieser heißen Nacht verschwimmen solche Details, und der
„Lehrter Stadtbahnhof“ zu Berlin ist toter als der hinterletzte Haltepunkt im
Oderbruch.
(U97/JUL.43881 Süddeutsche Zeitung, 09.07.1997, S. 10, Ressort: BERLIN; Auf der
Baustelle nachts um eins)
Ich würde sagen, ein Dialekt auf dem Papier ist töter als tot und im
günstigsten Falle konserviert.
(RHZ10/JAN.08822 Rhein-Zeitung, 23.01.2010; Mundart-Trilogie in Arbeit)
Elvis ist toter denn je. Im Radio ist seine Stimme nicht mehr oft zu
hören, allenfalls läuft auf einem Oldie-Sender mal „In the Ghetto“.
(B15/JAN.00658 Berliner Zeitung, 08.01.2015; Er war der Erste)
Deswegen sagen wir: Weg mit der Ampel! Das hat keinen Zweck. Ich bin
überzeugt, die Ampel ist „töter als tot“. Warum reden wir darüber?
(PNW/W14.00132 Protokoll der Sitzung des Parlaments Landtag Nordrhein-Westfalen
am 07.10.2009. 132. Sitzung der 14. Wahlperiode 2005-2010. Plenarprotokoll,
Düsseldorf, 2009)
Zumindest in Trockenzeiten ist dann die Werra, wie ein Heringer Angler
klagt, "tot, töter, am tötesten".
(S82/MAI.00499 Der Spiegel, 31.05.1982, S. 48; Im Koma)
Klatschreportern zufolge war es eine Themenparty: „Ruhe in Frieden,
Kindheit“. Ein Partyspiel war: Wer kann am totesten aussehen.
(SOL09/APR.00328 Spiegel-Online, 03.04.2009; Smells like
Verschwörungstheorie)
In der letzten Reihe oben auf der Tribüne, wohlgemerkt, also am totesten
Ort, den man sich hätte aussuchen können, einem Ort, an dem man sich eher der Bar
oder dem Gang zugehörig fühlt, aber eben nicht dem Geschehen auf der Bühne. Aber
auch dort wird getanzt und gestampft.
(T19/MAI.01573 die tageszeitung, 20.05.2019, S. 24; Ein Elvis zum
Knuddeln)
Was könnten die Autorinnen und Autoren dieser Sätze mit der Steigerung von
schwanger bzw. tot ausdrücken wollen?
Es kommt auf den Kontext an. Wenn man die absoluten Adjektive eben nicht als absolut
begreift, dann kann man sie auch steigern. Das passiert besonders in Metaphern
oder bei Übertreibungen. Es muss in diesen Fällen aber immer der Kontext klar
sein.
Auch eigentlich nicht steigerbare Adjektive werden manchmal gesteigert, wenn der Kontext
es erlaubt. Die grammatische Form, die dafür genutzt wird, scheint jedenfalls auch für
Adjektive zu funktionieren, die logisch eigentlich nicht gesteigert werden können. Diese
Steigerungsformen sind allerdings ziemlich problemlos zu verstehen.
Adjektive kann man also unter bestimmten Bedingungen immer steigern – aber wie geht das
überhaupt? Bei Adjektiven kann man verschiedene Stufen der Steigerung
unterscheiden.
Bringe die folgenden Adjektive in eine logische Reihenfolge! Sortiere sie
dazu in die Tabelle ein. fauler,
ärmer, toll, am faulsten, feiner, am dümmsten, alt, am feinsten, schöner, am süßesten,
am größten, süßer, arm, am ärmsten, am schönsten, älter, toller, dick, süß, dicker, am dicksten, größer,
blöd, dümmer, am ältesten, dumm, am tollsten, faul, schneller, fein, blöder, schnell, schön, am schnellsten,
am blödsten, groß
Stufe A
Stufe B
Stufe C
lecker
leckerer
am leckersten
Leite eine Regel ab, wie die zweite und dritte Form aus der ersten gebildet
wird. Welche Endungen musst du anhängen?
rot (häufiger mit Umlaut),
schmal (häufiger ohne Umlaut),
bang, blass,
fromm, glatt,
karg, nass (nur
selten mit Umlaut), krumm (sehr selten mit
Umlaut)
Alle anderen einsilbigen Adjektive und fast alle mehrsilbige Adjektive (mit Ausnahme von
gesund) haben keinen Umlaut, wenn sie
ihn nicht schon in der Grundform haben.
Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen, bei denen die Steigerung unregelmäßig ist.
gut – besser – am besten
viel – mehr – am meisten
hoch – höher – am höchsten
Die Steigerungsformen können attributiv, prädikativ und adverbial gebraucht werden. Im
adverbialen und prädikativen Gebrauch benötigt man ein
am im Superlativ.
der leckerste Kuchen – der Kuchen ist am leckersten – er schmeckt am leckersten
Die Steigerung der Adjektive ist
ziemlich regelmäßig. Prinzipiell lässt sich jedes Adjektiv steigern, aber bei manchen geht
es nur in bestimmten Kontexten. Die Steigerungsformen bildet man so: Komparativ: Grundform + er +
Flexionsendung Superlativ: (am) + Grundform + (e)st +
Flexionsendung Manchmal haben Komparativ und/oder Superlativ einen
Umlaut.