Tempus

Die Lehrerin, Frau Janssen, hat für die Busfahrt nach Paris ein paar Informationen über das Reiseziel vorbereitet. „Gegen die Langeweile“, sagt sie. Lukas und Hanna sind nicht so begeistert. Jetzt sollen sie sogar auf der Klassenfahrt noch etwas lernen! Dann fällt ihnen aber etwas an den Texten auf:

Die Gründung von Paris (Lukas' Text)
Die Parisier, ein keltischer Volksstamm, leben im 3. Jahrhundert v. Chr auf einer Insel in der Seine. Diese Insel bedeutet einen natürlichen Schutz vor Feinden und einen guten Handelsplatz. Im Jahr 52 vor Christus erobern die Römer das Gebiet. Die Römer bauen die Stadt Lutetia mit Brücken, Straßen und beeindruckenden Gebäude wie dem Forum, Bädern und Theatern. Nach dem Fall des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert nach Christus ändert sich der Name der Stadt allmählich von Lutetia zu Paris. Im Mittelalter weitet sich die Bedeutung von Paris aus, besonders als Zentrum für Kultur, Handel und Bildung.
Die Gründung von Paris (Hannas Text)
Die Parisier, ein keltischer Volksstamm, lebten im 3. Jahrhundert v. Chr auf einer Insel in der Seine. Diese Insel bedeutete einen natürlichen Schutz vor Feinden und einen guten Handelsplatz. Im Jahr 52 vor Christus eroberten die Römer das Gebiet. Die Römer bauten die Stadt Lutetia mit Brücken, Straßen und beeindruckenden Gebäude wie dem Forum, Bädern und Theatern. Nach dem Fall des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert nach Christus änderte sich der Name der Stadt allmählich von Lutetia zu Paris. Im Mittelalter weitete sich die Bedeutung von Paris aus, besonders als Zentrum für Kultur, Handel und Bildung.
Wie unterscheiden sich die beiden Texte voneinander?

Hannas Text berichtet von Handlungen, die schon vergangen sind. Lukas' Text berichtet von den gleichen Handlungen, aber so, als ob sie gerade jetzt stattfinden und man dabei wäre.

Vergleiche die Verbformen in beiden Texten. Finde zu jeder der Verbformen in Lukas' Text die passende Verbform in Hannas Text. Wie unterscheiden sie sich?
Tipp: Die Verbformen kannst du mit der Du-Probe finden.
Lukas' TextHannas Text
lebenlebten
bedeutet
erobern
bauen
ändert
weitet
Lukas' TextHannas Text
lebenlebten
bedeutetbedeutete
eroberneroberten
bauenbauten
ändertänderte
weitetweitete

Die Verbformen in Hannas Text haben ein zusätzliches -t- oder -te- vor der Personalform.

Die beiden Texte unterscheiden sich in ihrer Zeitform. Die Verben stehen in einem unterschiedlichen Tempus. Die verschiedenen Tempora zeigen die unterschiedlichen Zeiten an. Die Verben in Lukas' Text stehen im Präsens. Das Tempus in Hannas Text nennt man Präteritum.

Oft beschreibt das Präsens eine Handlung in der Gegenwart und das Präteritum eine Handlung in der Vergangenheit.

Mit dem Präsens drückt man aus, dass ein Ereignis zum Zeitpunkt des Sprechens aktuell ist. Mit dem Präteritum drückt man aus, dass das Ereignis, über das gesprochen wird, irgendwann vor dem Sprechzeitpunkt liegt.

Das Präsens kann aber auch (besonders in der gesprochenen Sprache) für eine vergangene oder zukünfigte Handlung stehen:

(1) Ich stehe an der Bushaltestelle und warte auf den Bus.
(2) Gestern stehe ich so an der Bushaltestelle und warte auf den Bus.
(3) Morgen stehe ich wieder an der Bushaltestelle und warte auf den Bus.

Das Präteritum der meisten Verben bildet man, indem man ein -t- oder ein -te- an den Stamm anhängt. Erst danach kommt die Personalendung. Die Personalendungen des Präteritums sind bei den meisten Verben so wie die im Präsens.

Ob -t- oder -te- an den Stamm angehängt wird, hängt davon ab, ob die Personalendung schon ein e enthält oder nicht.

Präsens: Stamm+Personalendung
Präteritum: Stamm+-t(e)-+Personalendung

Zum Beispiel:

PräsensSingularPlural
1. Personich sag-ewir sag-en
2. Persondu sag-stihr sag-t
3. Personman sag-tsie sag-en
PräteritumSingularPlural
1. Personich sag-t-ewir sag-t-en
2. Persondu sag-te-stihr sag-te-t
3. Personman sag-t-esie sag-te-n

Manche Verben bilden ihr Präteritum auf eine andere Weise. Dazu erfährst du im nächsten Lernbaustein mehr.

Darf man Ich bin am Schreiben schreiben? — Bereichert die Verlaufsform (der Progressiv) das Deutsche?

Perfekt

Frau Janssen hat noch einen weiteren Informationstext für die Klasse. Doch Lukas und Hanna achten gar nicht mehr auf den Inhalt. Sofort fangen sie an, die Verben in ihren Texten zu vergleichen.

König Louis XIV (Lukas' Text)
Louis XIV, auch bekannt als der Sonnenkönig, war einer der berühmtesten Könige von Frankreich. Er regierte Frankreich von 1643 bis zu seinem Tod im Jahr 1715. Seine Herrschaft dauerte also ganze 72 Jahre. Louis XIV glaubte fest an die absolute Macht eines Königs. Er baute auch das prachtvolle Schloss von Versailles. Versailles war nicht nur ein königlicher Palast, sondern auch das politische Zentrum Frankreichs. Viele Adlige lebten dort. Das Schloss und seine Gärten waren unglaublich prächtig und beeindruckend, voller goldener Verzierungen, Gemälde und Brunnen. Unter Louis XIV führte Frankreich viele Kriege. Diese Kriege waren jedoch sehr teuer. Seine Herrschaft endete deshalb mit großen finanziellen Problemen für Frankreich.
In welchem Tempus stehen die Verbformen in Lukas' Text?

Die Verbformen in Lukas' Text stehen im Präteritum. Das erkennt man am eingeschobenen -t- oder -te- vor der Personalendung (z. B. regier-t-e, glaub-t-e …)

In Lukas' Text stehen auch einige Verbformen, die nicht nach dem üblichen Muster gebildet werden. Denn manche Verben werden unregelmäßig flektiert. Das wichtigste unregelmäßige Verb ist das Hilfsverb sein. Im Präteritum hat es die Stammform war.

PräsensSingularPlural
1. Personich binwir sind
2. Persondu bistihr seid
3. Personman istsie sind
PräteritumSingularPlural
1. Personich warwir waren
2. Persondu warstihr wart
3. Personman warsie waren
König Louis XIV (Hannas Text)
Louis XIV, auch bekannt als der Sonnenkönig, ist einer der berühmtesten Könige von Frankreich gewesen. Er hat Frankreich von 1643 bis zu seinem Tod im Jahr 1715 regiert. Seine Herrschaft hat also ganze 72 Jahre gedauert. Louis XIV hat fest an die absolute Macht des Königs geglaubt. Er hat auch das prachtvolle Schloss von Versailles gebaut. Versailles ist nicht nur ein königlicher Palast gewesen, sondern auch das politische Zentrum Frankreichs. Viele Adlige haben dort gelebt. Das Schloss und seine Gärten sind unglaublich prächtig und beeindruckend gewesen, voller goldener Verzierungen, Gemälde und Brunnen. Unter Louis XIV hat Frankreich viele Kriege geführt. Diese Kriege sind jedoch sehr teuer gewesen. Seine Herrschaft hat deshalb mit großen finanziellen Problemen für Frankreich geendet.
Wie unterscheiden sich die beiden Texte? Welcher wirkt wie eine mündliche Erzählung und welcher wie ein schriftlicher Bericht?

Der Text von Hanna wirkt eher wie eine Erzählung. Der Text von Lukas wirkt wie ein schriftlicher Bericht.

Um Vergangenheit auszudrücken, hat man in der deutschen Sprache mehrere Möglichkeiten. Das Präteritum kennst du schon. Die Verbformen in Hannas Text stehen im Perfekt (auch: Präsensperfekt). Oft zeigt das Perfekt an, dass ein Ereignis zum Sprechzeitpunkt abgeschlossen ist. Oft zeigt es aber auch nur an, dass ein Text Merkmale einer mündlichen Äußerung aufweist.

Reden von dem, was war, was ist und was sein wird — Was sind Ereigniszeit, Sprechzeit und Betrachtzeit?

Suche die Verbformen in Hannas Text. Wie wird eine Perfektform gebildet?
Tipp: Du kannst die finiten Verbformen wieder mit der Du-Probe erkennen. Aber kannst du damit die ganze Verbform finden?
Lukas' TextHannas Text
warist gewesen
regiertehat regiert
dauerte
glaubte
baute
war
lebten
waren
führte
war
endete
Lukas' TextHannas Text
warist gewesen
regiertehat regiert
dauertehat gedauert
glaubtehat geglaubt
bautehat gebaut
warist gewesen
lebtenhaben gelebt
warensind gewesen
führtehat geführt
warsind gewesen
endetehat geendet

Verbformen im Perfekt bestehen aus mehreren Teilen. In den meisten Fällen sind das:

Das Partizip II wird meistens gebildet, indem vor den Verbstamm ge- gestellt wird und nach dem Verbstamm -t. Die starken Verben funktionieren wieder etwas anders.

Präsens: Stamm+Personalendung
Präteritum: Stamm+-t(e)-+Personalendung
Perfekt: Personalform von haben/sein + Partizip II

Zum Beispiel:

PräsensSingularPluralPerfektSingularPlural
1. Personich sag-ewir sag-en1. Personich habe gesagtwir haben gesagt
2. Persondu sag-stihr sag-t2. Persondu hast gesagtihr habt gesagt
3. Personman sag-tsie sag-en3. Personman hat gesagtsie haben gesagt
PräteritumSingularPlural
1. Personich sag-t-ewir sag-t-en
2. Persondu sag-te-stihr sag-te-t
3. Personman sag-t-esie sag-te-n

Wie du in Hannas Text siehst, wird das Verb sein wieder unregelmäßig gebildet:

PräsensSingularPluralPerfektSingularPlural
1. Personich binwir sind1. Personich bin gewesenwir sind gewesen
2. Persondu bistihr seid2. Persondu bist gewesenihr seid gewesen
3. Personman istsie sind3. Personman ist gewesensie sind gewesen
PräteritumSingularPlural
1. Personich warwir waren
2. Persondu warstihr wart
3. Personman warsie waren
Bilde zu den folgenden Verbformen jeweils Präteritum und Perfekt. Was fällt dir auf?
Beispiel: Hanna und Lukas lernen etwas über Paris. Hanna und Lukas lernten etwas über Paris. Hanna und Lukas haben etwas über Paris gelernt.
Finn liest die Informationen zur Geschichte aufmerksam. Finn …
Carina spricht mit Yasin.
Mert singt leise einen Song.

Bei diesen Verben können die Zeitformen nicht nach dem üblichen Muster gebildet werden. Sie ändern den Vokal in ihrem Stamm.

Finn liest die Informationen zur Geschichte aufmerksam. Finn las die Informationen zur Geschichte aufmerksam. Finn hat die Informationen zur Geschichte aufmerksam gelesen.
Carina spricht mit Yasin. Carina sprach mit Yasin. Carina hat mit Yasin gesprochen.
Mert singt leise einen Song. Mert sang leise einen Song. Mert haty leise einen Song gesungen.

Verben, die ihr Präteritum nicht mit -te und ihr Partizip nicht mit der Endung -t bilden, nennt man starke Verben. Zu den Unterschieden zwischen starken und schwachen Verben erfährst du in der nächsten Einheit mehr.

Setze die richtigen Hilfsverben (eine Form von sein oder eine Form von haben) in die Lücken ein!
Hanna: (seufzt) Wie lange dauert es denn noch? Wir sitzen schon ewig hier!
Finn: Echt, ich _____ schon alle meine Spiele auf dem Handy durchgespielt.
Carina: Ja, es zieht sich echt hin. Wisst ihr, mit meinen Eltern _____ wir früher immer mit dem Zug in den Urlaub gefahren. Das war viel bequemer.
Yasin: Zugfahren ist cool, aber ich fand Fliegen immer besser. Wir _____ jedes Jahr nach Spanien geflogen. Man ist so schnell da!
Finn: Wir _____ meistens mit dem Auto gefahren. Das war auch nicht schlecht, weil wir Pausen gemacht _____, wann immer wir wollten. Aber manchmal wurde es ziemlich langweilig.
Lukas: Auto ist okay, aber ich erinnere mich, dass wir einmal eine Kreuzfahrt gemacht _____. Das war der beste Urlaub überhaupt! Jeden Tag ein neues Ziel und so viel zu tun an Bord. Sophie: Eine Kreuzfahrt? Das klingt ja traumhaft! Ich _____ noch nie mit einem Schiff gefahren.
Mert: Einmal _____ wir sogar zu Fuß in den Urlaub gegangen. Ein Wanderurlaub, das war furchtbar …
Hanna: (seufzt) Wie lange dauert es denn noch? Wir sitzen schon ewig hier!
Finn: Echt, ich habe schon alle meine Spiele auf dem Handy durchgespielt.
Carina: Ja, es zieht sich echt hin. Wisst ihr, mit meinen Eltern sind wir früher immer mit dem Zug in den Urlaub gefahren. Das war viel bequemer.
Yasin: Zugfahren ist cool, aber ich fand Fliegen immer besser. Wir sind jedes Jahr nach Spanien geflogen. Man ist so schnell da!
Finn: Wir sind meistens mit dem Auto gefahren. Das war auch nicht schlecht, weil wir Pausen gemacht haben, wann immer wir wollten. Aber manchmal wurde es ziemlich langweilig.
Lukas: Auto ist okay, aber ich erinnere mich, dass wir einmal eine Kreuzfahrt gemacht haben. Das war der beste Urlaub überhaupt! Jeden Tag ein neues Ziel und so viel zu tun an Bord.
Sophie: Eine Kreuzfahrt? Das klingt ja traumhaft! Ich bin noch nie mit einem Schiff gefahren.
Mert: Einmal sindwir sogar zu Fuß in den Urlaub gegangen. Ein Wanderurlaub, das war furchtbar …
Kannst du eine Regel aufstellen, wann das Perfekt mit einer Form von haben und wann mit einer Form von sein gebildet wird?

Verben, die eine Fortbewegung mit einem Ortswechsel ausdrücken, bilden ihr Perfekt mit einer Form von sein. Die meisten anderen Verben bilden es mit haben.

Mehr zur Perfektbildung mit haben oder sein findest du hier:

Ich bin geschwommen oder ich habe geschwommen? — Perfekt mit sein oder haben

Ich bin gesessen/gestanden oder ich habe gesessen/gestanden? — Regionale Varianten beim Perfekt mit sein oder haben

Plusquamperfekt

Oft findet man noch eine dritte Vergangenheitsform, zum Beispiel in Zeitungstexten:

(1) Bereits am 10. und 14. April hatten Truppen beider Länder entlang der Nordgrenzen gegeneinander gekämpft. (A97/APR.00131 St. Galler Tagblatt, 23.04.1997)
(2) Im Deutschunterricht hatte die 4. Klasse das Fernsehen schon im Spätsommer letzten Jahres zum Thema gemacht. (A97/APR.00169 St. Galler Tagblatt, 23.04.1997)
(3) Ein 54jähriger Mann hatte am vergangenen Dienstag im bayerischen Immenstadt einen Pkw gestohlen. (I97/AUG.33582 Tiroler Tagesztg., 29.08.1997)
(4) Deshalb hatte er als erstes Instrument Trompete gelernt, mit der er heute immer wieder zu hören ist, sogar bei einem Konzert von Nirvana. (NZS11/AUG.00370 NZZ am Sonntag, 21.08.2011, S. 68)
(5) Sie hatten um ihr Gefährt herum ein Schneckenhaus aus Pappmaschee gebaut. (RHZ06/JUL.15760 RZ, 17.07.2006)
(6) „Innenverteidiger hatte ich vorher noch nie gespielt“, gesteht der gelernte defensive Mittelfeldmann. (HMP15/JUL.00690 MOPO, 13.07.2015, S. AB22)
(7) Der milde Frühlingssonntag hatte eine Vielzahl von Besuchern in die Kannenbäckerstadt gelockt. (RHZ16/APR.05682 RZ, 06.04.2016, S. 28)
(8) Zuvor hatte Merkel mit den Chefs von CSU und FDP, Horst Seehofer und Philipp Rösler, bereits in einer Telefonschaltkonferenz gesprochen. (SOL12/NOV.00311 SPON, 04.11.2012)
(9) Das Nationaltheater Mannheim hatte es vorher schon ähnlich geregelt. (M20/MAI.02307 Mannh. Morgen, 15.05.2020, S. 3)
(10) Dieselben Spanierinnen hatten bei der WM im Sommer den Titel gewonnen. (A23/NOV.01363 St. Galler Tagbl., 18.11.2023, S. 47)
(11) Die Bundesregierung selbst hatte in der Vergangenheit geschätzt, dass nur 35 Prozent der leistungsberechtigten Familien den Kinderzuschlag beantragen. (RHZ23/MAI.18089 RZ, 26.05.2023, S. 15)
Beschreibe, wie diese Formen gebildet werden.
Tipp: Bilde zum Vergleich die entsprechenden Perfektformen. Wie unterscheiden sie sich?

Diese Verbformen bestehen wie das Perfekt aus einer Form des Hilfsverb haben mit Personalendung und dem Partizip II. Anders als beim Perfekt steht das Hilfsverb aber nicht im Präsens, sondern im Präteritum.

Dieses Tempus nennt man das Plusquamperfekt (auch: Präteritumperfekt). Es wird wie das Perfekt gebildet, nur trägt auch schon die Hilfsverbform eine Vergangenheitsendung. Das Plusquamperfekt ist also eine doppelte Vergangenheit.

Präsens: Stamm+Personalendung
Präteritum: Stamm+-t(e)-+Personalendung
Perfekt: Personalform von haben/sein + Partizip II
Plusquamperfekt: Personalform von hatten/war + Partizip II

Zum Beispiel:

PräsensSingularPluralPerfektSingularPlural
1. Personich sag-ewir sag-en1. Personich habe gesagtwir haben gesagt
2. Persondu sag-stihr sag-t2. Persondu hast gesagtihr habt gesagt
3. Personman sag-tsie sag-en3. Personman hat gesagtsie haben gesagt
PräteritumSingularPluralPlusquamperfektSingularPlural
1. Personich sag-t-ewir sag-t-en1. Personich hatte gesagtwir hatten gesagt
2. Persondu sag-te-stihr sag-te-t2. Persondu hattest gesagtihr hattet gesagt
3. Personman sag-t-esie sag-te-n3. Personman hatte gesagtsie hatten gesagt
Vergleiche die folgenden Sätze. Einer steht im Perfekt, einer im Plusquamperfekt. Wie unterscheidet sich ihre Bedeutung?
(1) Als die Klasse endlich in Paris ankam, hat Hanna ihre ganze Verpflegung aufgegessen. (Perfekt)
(2) Als die Klasse endlich in Paris ankam, hatte Hanna ihre ganze Verpflegung aufgegessen. (Plusquamperfekt)

Der Satz im Perfekt beschreibt ein Ereignis, das zum Zeitpunkt des Sprechens abgeschlossen ist. Hanna hat die Verpflegung aufgegessen, als die Klasse in Paris ankam – wann sie alles gegessen hat, bleibt unklar. Es kann in genau dem Moment passiert sein, in dem die Klasse in Paris angekommen ist.

Das Plusquamperfekt ist eine Rückblende auf einen noch weiter zurück liegenden Zeitpunkt. In dem Fall hat Hanna ihre Verpflegung aufgegessen, bevor die Klasse in Paris angekommen ist. Die Reihenfolge der Ereignisse wird deutlich gemacht.

Ein Satz im Plusquamperfekt beschreibt ein Ereignis, das zu einem vergangenen Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist. Das Ereignis liegt vor einem Referenzzeitpunkt, der vor dem Sprechzeitpunkt liegt.

Warum haben wir das Plusquamperfekt, wenn es nie benutzt wird?

Ich dachte mir nichts dabei, da ich solche Schmerzen schon zuvor hatte/gehabt hatte — Gibt es im Deutschen eine normierte Zeitenfolge (consecutio temporum)?

Es gibt noch weitere Vergangenheitsformen im Deutschen.

Das Doppelperfekt ist eine Alternative zum Plusquamperfekt und tritt vor allem in der gesprochenen Sprache auf.

Weniger Wahl hatten da die [Müllers] aus Wien. „Wir haben den Urlaub bereits im Sommer gebucht gehabt.“ (NEW11/FEB.00008 NEWS, 03.02.2011, S. 18,19 (Name geändert))
Und auch ihre 76-jährige Mutter Anni vergisst sie nicht im Moment des Triumphs. „Mama hat immer alle Sachen richtig gebügelt gehabt.“ (NUZ12/MAI.01035 NZ, 14.05.2012, S. 3)

Das Doppelplusquamperfekt kann von einem Ereignis berichten, das vor einem anderen Ereignis bereits abgeschlossen ist, über das in Abhängigkeit von einem Referenzzeitpunkt berichtet wird (als Vor-Vorvergangenheit).

Als Motiv für die Tat nannte er finanzielle Probleme. Der Täter hatte sein Opfer gekannt. Er hatte früher bei ihm eine Wohnung gemietet gehabt. (A99/JAN.04646 St. Galler Tagblatt, 22.01.1999)
„Geplant war die Schließung eigentlich fürs Jahresende 2020, aber dann ist es doch früher geworden“, so [Müller]. Man hatte auch Abschiedsfeiern geplant gehabt, aber daraus ist leider nichts mehr geworden. (NON21/FEB.03758 NÖN, 12.02.2021 (Name geändert))

Futur I

Hanna und ihre Freundin Carina unterhalten sich darüber, was sie als Erstes in Paris tun werden, wenn sie ankommen.

Carina: Was wirst du in Paris als erstes machen?
Hanna: Na, ich werde mich erstmal ordentlich strecken! Meine Beine sind schon seit Stunden eingeschlafen.
Carina: Oh ja, das werde ich auch machen. Aber was wirst du dir als erstes angucken?
Hanna: Naja, wir haben ja einen Plan von Frau Janssen bekommen. Da steht drauf, was wir wann machen werden.
Carina: Ah stimmt. Wann werden wir denn den Eiffelturm sehen?
Hanna: Das werden wir am Mittwoch machen. Gleich nach dem Frühstück.
Carina: Oh, auf das Essen freue ich mich auch schon sehr. Ich werde das erste Mal in meinem Leben ein echtes französisches Croissant essen!
Suche die Verbformen, mit denen über ein zukünftiges Ereignis gesprochen wird. Wie werden diese Verbformen gebildet?

Was wirst du in Paris als erstes machen?
Ich werde mich erstmal ordentlich strecken.
Das werde ich auch machen.
Aber was wirst du dir als erstes angucken?
Da steht drauf, was wir wann machen werden.
Wann werden wir denn den Eiffelturm sehen?
Das werden wir am Mittwoch machen.
Ich werde das erste Mal in meinem Leben ein echtes französisches Croissant essen!

Diese Verbformen bestehen immer aus einer Form von werden mit der jeweiligen Personalendung und einem Infinitiv.

Diese Zeitform nennt man das Futur I. Mit dem Futur I wird ausgedrückt, dass ein Ereignis in der Zukunft stattfinden wird. Das Ereignis findet also nach der Sprechzeit statt.

Das Futur I kann auch genutzt werden, um Vermutungen auszudrücken:

Hanna und Lukas werden schon wissen, wie sie sich auf der Klassenfahrt verhalten müssen.

Die Bildung des Futur I ist sehr einfach. Auch diese Verbformen bestehen aus mehreren Teilen, und zwar aus:

Präsens: Stamm+Personalendung
Präteritum: Stamm+-t(e)-+Personalendung
Perfekt: Personalform von haben/sein + Partizip II
Plusquamperfekt: Personalform von hatten/war + Partizip II
Futur I: Personalform von werden + Infinitiv

Zum Beispiel:

PräsensSingularPluralPerfektSingularPlural
1. Personich sag-ewir sag-en1. Personich habe gesagtwir haben gesagt
2. Persondu sag-stihr sag-t2. Persondu hast gesagtihr habt gesagt
3. Personman sag-tsie sag-en3. Personman hat gesagtsie haben gesagt
PräteritumSingularPluralPlusquamperfektSingularPlural
1. Personich sag-t-ewir sag-t-en1. Personich hatte gesagtwir hatten gesagt
2. Persondu sag-te-stihr sag-te-t2. Persondu hattest gesagtihr hattet gesagt
3. Personman sag-t-esie sag-te-n3. Personman hatte gesagtsie hatten gesagt
Futur ISingularPlural
1. Personich werde sagenwir werden sagen
2. Persondu wirst sagenihr werdet sagen
3. Personman wird sagensie werden sagen

Das Hilfsverbwerden hat im Präsens die folgenden Personalformen:

PräsensSingularPlural
1. Personich werdewir werden
2. Persondu wirstihr werdet
3. Personman wirdsie werden

Außer beim Futur spielt das Hilfsverb werden auch bei der Bildung der Passivformen eine Rolle.

Setze das Gespräch von Hanna und Carina ins Präsens. Was fällt dir auf?

Oft lassen sich Futur I und Präsens gegeneinander austauschen. Das Präsens kann auch eine Zukunftsbedeutung haben.

Futur II

Kurz vor Paris wird es Zeit, dass alle ihre verstreuten Sachen wieder in ihre Rücksäche packen. Lukas schaut sich um. Wie hat er es nur geschafft, so viel Chaos anzurichten. Er beginnt, seine Ladekabel, seine Chipstüten und seine Bücher und Zeitschriften in den Rucksack zu stopfen. Doch was ist das? Der Rucksack hat ja noch eine Innentasche. Der kleine Reißverschluss ist im vorher noch nie aufgefallen. Aber er hat den Rucksack ja auch nur von seinem Großvater geliehen, weil sein eigener kurz vor der Reise kaputt gegangen ist. Er öffnet das geheime Innenfach – und findet darin einen kleinen Zettel mit einem handgeschriebenen Gedicht:

Erinnerung an eine zukünftige Reise
Und wenn du wieder zuhause bist,
dann wirst du gelacht haben,
du wirst gelebt haben,
und du wirst gedacht haben.

Du wirst eine fremde Welt kennen gelernt haben.
Du wirst eine neue Art zu leben kennen gelernt haben.

Du wirst Neues gelernt
und Altes entfernt haben.
Du wirst Fremdes geschätzt
und Bekanntes ersetzt haben.

Die Welt wird sich verändert haben und
die Welt wird dich verändert haben.

Das Gedicht macht Lukas nachdenklich. Es spricht davon, wie jemand in der Zukunft auf eine vergangene Reise zurückblickt.

Beschreibe, wie die Verbformen aufgebaut sind, mit der dieser zukünftige Rückblick realisiert wird!

Wir haben es hier mit einer dreiteiligen Verbform zu tun – sie besteht aus einer Perfektform (haben + Partizip II) und einer Futurform (werden mit Personalendungen).

Dieses Tempus nennt man Futur II (auch: Futurperfekt). Das Futur II besteht aus:

Der Charakter als zukünftiger Rückblick zeigt sich sehr gut an den grammatischen Formen. Der Rückblick-Teil wird durch das Partizip II und haben/sein realisiert – das sind auch genau die Bestandteile einer Perfektform. Und die Zukunft zeigt sich wie beim Futur I im Hilfsverb werden.

Präsens: Stamm+Personalendung
Präteritum: Stamm+-t(e)-+Personalendung
Perfekt: Personalform von haben/sein + Partizip II
Plusquamperfekt: Personalform von hatten/war + Partizip II
Futur I: Personalform von werden + Infinitiv
Futur II: Personalform von werden + Infinitiv von haben/sein + Partizip II

Zum Beispiel:

PräsensSingularPluralPerfektSingularPlural
1. Personich sag-ewir sag-en1. Personich habe gesagtwir haben gesagt
2. Persondu sag-stihr sag-t2. Persondu hast gesagtihr habt gesagt
3. Personman sag-tsie sag-en3. Personman hat gesagtsie haben gesagt
PräteritumSingularPluralPlusquamperfektSingularPlural
1. Personich sag-t-ewir sag-t-en1. Personich hatte gesagtwir hatten gesagt
2. Persondu sag-te-stihr sag-te-t2. Persondu hattest gesagtihr hattet gesagt
3. Personman sag-t-esie sag-te-n3. Personman hatte gesagtsie hatten gesagt
Futur ISingularPluralFutur IISingularPlural
1. Personich werde sagenwir werden sagen1. Personich werde gesagt habenwir werden gesagt haben
2. Persondu wirst sagenihr werdet sagen2. Persondu wirst gesagt habenihr werdet gesagt haben
3. Personman wird sagensie werden sagen3. Personman wird gesagt habensie werden gesagt haben

Das Futur II berichtet von einem Ereignis, das zum Sprechzeitpunkt noch nicht abgeschlossen ist – aber zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft. Beim Futur II findet das Ereigbnis also nach der Sprechzeit statt, aber vor der Referenzzeit.

Warum gibt es Futur II?

Hier findest du eine interaktive Aufgabe zum Futur II (Futurperfekt).

Schreibe das Gedicht in alle anderen Tempora um, die du kennen gelernt hast. Welche Unterschiede in der Wirkung kannst du feststellen? In welchem Tempus gefällt dir das Gedicht am besten? In welchem am wenigsten?

In dieser interaktiven Aufgabe kannst du üben, wie gut du die Tempora bilden kannst.

Zum Text

Autor(en)
Niklas Reinken
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