Adjektiv
Andere Bezeichnungen und Zuordnungen
Eigenschaftswort
Mitunter werden adverbial verwendete Adjektive (sie fährt schnell) als Adverbien bezeichnet. Die nur prädikativ verwendbaren Adjektive wie leid, pleite, schade, barfuß werden in Zifonun et al. 1997 als eigene Wortart Adkopula klassifiziert.
Bestand
hell, kurz, blau, fein, fröhlich, lausig, philosophisch, entzückt, verheerend, barfuß, leid, gram etc.
Beispiele
Morphologische Eigenschaften
Adjektive sind diejenige Wortart im Deutschen, die über das reichhaltigste Formenparadigma verfügt. Sie flektieren nicht nur nach Kasus, Genus und Numerus, sondern treten auch in zwei Flexionsklassen auf.
starke Flexion | fünf Flexive: -e, -en, -er, -es, -em | nach endungslosem Artikel nach w-Artikel, wenn kein Artikel vorhanden | mit frischem Mut |
schwache Flexion | zwei Flexive: -e, -en | nach definitem Artikel nach Demonstrativ-Artikel | mit dem frischen Mut der Jugend |
Manche Grammatiken rechnen mit einem dritten, gemischten Flexionstyp für Adjektive nach indefinitem Artikel und Quantifikativ-Artikel. Dieser Flexionstyp setzt sich aus starken und schwachen Formen zusammen.
Starke Flexion
In der starken Flexion wird die spezifische Markierungsleistung eines Artikels von der Adjektivform übernommen; die fünf Flexive entsprechen weitgehend denen des definiten Artikels.
MASKULIN | NEUTRUM | FEMININ | PLURAL | |
NOM | der Wein roter Wein | das Glas dünnes Glas | die Freude große Freude | die Gläser dünne Gläser |
AKK | den Wein (ohne) roten Wein | das Glas (ohne) dünnes Glas | die Freude (ohne) große Freude | die Gläser (ohne) dünne Gläser |
DAT | dem Wein (mit) rotem Wein | dem Glas (mit) dünnem Glas | der Freude (mit) großer Freude | den Gläsern (mit) dünnen Gläsern |
GEN | des Weins roten Weins | des Glases dünnen Glases | der Freude großer Freude | der Gläser dünner Gläser |
Schwache Flexion
Bei der schwachen Adjektivflexion treten nur die zwei Flexive -e und -en auf.
MASKULIN | NEUTRUM | FEMININ | PLURAL | |
NOMINATIV | der nette Mann | das nette Kind | die nette Frau | die netten Leute |
AKKUSATIV | den netten Mann | das nette Kind | die nette Frau | die netten Leute |
DATIV | dem netten Mann | dem netten Kind | der netten Frau | den netten Leuten |
GENITIV | des netten Mannes | des netten Kindes | der netten Frau | der netten Leute |
Steigerung des Adjektivs
Adjektive können mit den Steigerungsstufen Positiv, Komparativ, Superlativ kompariert werden: schön, schöner, am schönsten.
Der Umlaut tritt nicht immer auf, auch wenn er möglich wäre: älter, aber nicht * schlänker.
STEIGERUNGSSTUFE | MARKIERUNG | BEISPIELE |
POSITIV | - | neu | stark |
KOMPARATIV | Endung -er (Umlaut) | neuer | stärker |
SUPERLATIV | Endung -(e)st (Umlaut) | neuest- | stärkst- |
Selten sind aus Gründen der Bedeutung Adjektive wie *schwangerer, *zweifacher, *verheirateter, *am totesten. Mitunter erlauben entsprechende Kontexte aber auch deren Steigerung.
Vgl. dazu Besonderheiten bei der Bildung von Komparativ und Superlativ.
Wortbildung des Adjektivs
Adjektive werden vor allem durch Derivation mit Suffixen gebildet: rötlich, streitbar, heldenhaft, modisch, dortig. Vgl. dazu Adjektivderivat.
Häufig ist auch Komposition : hellblau, stahlblau, schlagfertig. Vgl. dazu Adjektivkompositum.
Daneben kommt Derivation mit Präfixen vor: unschön, missvergnügt, hypermodern.
Auch steigernde Verstärkung ist durch Mittel der Wortbildung möglich: jammerschade, saublöd, erzdumm.
Syntaktische Eigenschaften
Syntaktische Eigenschaften I: Syntaktische Funktionen von Adjektiven
Prinzipiell treten Adjektive in drei Funktionen auf: Als Attribute sind sie flektiert, als Prädikativkomplemente und Adverbialia sind sie unflektiert.
attributiv | Peter fährt ein schnelles Auto. Claudia ist eine zielstrebige Frau. |
prädikativ | Peters Auto ist schnell. Claudia ist zielstrebig. |
adverbial | Das Auto fährt schnell. Claudia arbeitet zielstrebig. |
Der Kernbestand der Adjektive tritt in allen drei Funktionen auf. Einige Adjektive haben jedoch Vorkommensbeschränkungen.
- Nur attributiv verwendbar sind deadverbiale Ableitungen wie
hiesig, dortig:
Nach wenigen Jahren gab der Vater den entbehrungsreichen Kleinbetrieb auf und zog in die hiesige Gegend, zuerst nach Mörschwil und dann nach Steinach.
(St. Galler Tagblatt, 14.1.2010, 38) - Nur prädikativ verwendbar sind viele Einheiten, die an der
Peripherie der Wortart Adjektiv angesiedelt sind, z. B. feind, gram, futsch,
handgemein, plemplem, schnuppe, schade:
Heute sei die "lange kommunikative Eiszeit" zwischen Siebeck und ihm vorbei, schreibt Witzigmann. "Das Leben ist auch bedeutend zu kurz, sich wegen solcher Lappalien gram zu sein oder aus dem Weg zu gehen.
(Die Zeit, 25.9.2008, 32)
In der 'Grammatik der deutschen Sprache' werden diese als eigene Wortart Adkopula aus der Klasse der Adjektive ausgegliedert.
Syntaktische Eigenschaften II: Phrasenbildung
In attributiver Funktion stimmen Adjektive in Numerus und Kasus mit dem Kopf der Nominalphrase, also dem Nomen überein (ein schöner Mann) und werden im Genus von diesem regiert.
Adjektive können von anderen Adjektiven und von Adverbien modifiziert werden und bilden dann den Kopf einer Adjektivphrase: sehr schön, leicht verrückt, ein wahnsinnig netter Mensch.
Bestimmte Adjektive können wie Vollverben auch Valenz-Leerstellen eröffnen, die durch Komplemente einer bestimmten Art zu füllen sind:
- Genitvkomplement: eine des Japanischen mächtige Frau
- Dativkomplement: der Räuber ist dem Mädchen hold
- Akkusativkomplement: ich bin die viele Arbeit satt
- Präpositivkomplement: auf dieses Ergebnis dürfen Sie stolz sein
Semantische und funktionale Eigenschaften
Adjektive dienen der zusätzlichen Charakterisierung eines Gegenstands mittels Eigenschaften, so dass der
Gegenstand in der Gesamtcharakteristik stärker eingegrenzt und leichter identifizierbar
gemacht wird. Man vergleiche die zunehmende Eingrenzung:
Ich suche ein
Haus --> ein rotes Haus --> ein zweistöckiges rotes Haus. Die dabei
zugeschriebenen Eigenschaften können absolute sein (rot, zweistöckig) oder
relative, die durch eine Dimension und den Wert auf einer entsprechenden Skala
gekennzeichnet sind: Ein kleines Haus wird wahrscheinlich größer sein als ein großes
Fenster.
Andere Adjektive wie wahrscheinlich werden zur Modalisierung verwendet, die sich als Geltungseinschränkung auswirkt bis hin zum Ausschluss des Charakteristikums, auf das sie angewandt werden: Ein wahrscheinlicher Sieg muss kein Sieg sein. Diese Adjektive üben in adverbialer Verwendung die gleiche Funktion aus wie bestimmte Satzadverbien.
Die speziellen Zahladjektive dienen unmittelbar der Gegenstandskonstitution. Als Kardinalzahl-Adjektive geben sie die absolute Zahl der Elemente einer Menge an: zehn Gebote, sieben Geißlein. Als Ordinalzahl-Adjektive greifen sie einen Gegenstand aus einer Folge als gleichartig charakterisierte Gegenstände heraus: der dritte Mann, das fünfte Gebot.
Zusätzliche Literatur in Auswahl
Schwinn 2006; Trost 2006; Eichinger 2007; Cabredo Hofherr/ Matushansky 2010.