Das generalisierende Personalpronomen man

Das unflektierbare Pronomen man dient der unspezifischen, generischen (geschlechtsneutralen) pronominalen Bezugnahme auf Personen. Es tritt nur in der Funktion des Subjekts auf, in den übrigen syntaktischen Funktionen treten die Formen einem, einen hinzu.


Im Norwegischen gibt es ebenfalls ein Pronomen man, das in der Norsk referansegrammatikk (1997: 344) als indefinites Pronomen (norw. ubestemt pronomen) aufgeführt wird. Auch im Norwegischen tritt man nur in der Funktion des Subjektes auf. In den übrigen syntaktischen Funktionen wird stattdessen die Form en verwendet, die die Norsk referansegrammatikk zu den Determinativa rechnet. En kann jedoch in gleicher (pronominaler) Funktion verwendet werden wie man und ist in der (hier nicht behandelten) Sprachvariante Nynorsk das einzige (norw.) ubestemte pronomen (ein).

andere Bezeichnungen und Zuordnungen:

In vielen Grammatiken wird man den Indefinit-Pronomina zugeordnet. Dagegen spricht aber unter anderem, dass im Unterschied zu diesen Indefinit-Pronomina aufeinanderfolgende Vorkommen von man auf denselben Referenten bezogen sein können, d. h. kontextuell eingebundenes man kann wie Personalpronomina definit referieren.

Generalisierendes Personalpronomen:

Für ein Qualifizierungsprogramm braucht man eine Arbeitserlaubnis, die man nur bekommt, wenn man eine Arbeit vorweisen kann. [taz, 2.1.1991]

Wenn man das Leben auf das reduziert, was man braucht, ist es nicht mehr lebenswert. [taz, 14.1.1993]

Indefinit-Pronomen:

*Für ein Qualifizierungsprogramm braucht jemand eine Arbeitserlaubnis, die jemand nur bekommt, wenn jemand eine Arbeit vorweisen kann.

Die Möglichkeit der generischischen Bezugnahme ist nicht nur bei man gegeben, sondern auch bei anderen Personalpronomina. Eine Zuordnung von man zu den Personalpronomina ist daher naheliegender als die Zuordnung zu den Indefinit-Pronomina.

morphologische Eigenschaften

Das Pronomen man (Nominativ) ist nicht flektierbar. Akkusativ und Dativ können suppletivisch durch die Formen einen/einem des Indefinit-Pronomens ein- ausgedrückt werden. Eine Genitivform ist nicht vorhanden.


Auch im Norwegischen ist das Pronomen man nicht flektierbar. Die Form en wird suppletivisch anstelle von man verwendet (entsprechend den deutschen Formen einen/einem), wenn in anderer als in Subjektfunktion unspezifisch/generisch referiert werden soll:

Man var overrasket over protestene.
Det som overrasker en, er intensiteten i protestene.

syntaktische Eigenschaften

Die Verwendung der Form man ist auf die Subjektfunktion beschränkt und regiert die 3. Person Singular beim finiten Verb im Satz. Sie ist (wie die Form es) prinzipiell nicht betonbar.

Im Unterschied zu Indefinit-Pronomina, die anaphorisch fortgeführt werden können, ist man nicht durch Personalpronomina anaphorisierbar. Es kann jedoch Bezugsausdruck für Possessiva und das Reflexiv-Pronomen sein und regiert dann das maskuline (Possessor-)Genus von Possessiv-Pronomen oder Possessiv-Artikel:

Man wartet, bis man (*er/sie) von einem würdigen Entdecker gefunden wird. [Berliner Zeitung, 18.01.2006]

Man hatte seinen (*ihren) Spaß.

Außer in der Kombination man selbst ist man nicht zu einer erweiterten Pronominalphrase ausbaufähig.


Auch im Norwegischen ist die Verwendung von man auf die Subjektfunktion beschränkt und stets unbetont. Die Form en kann auch als Subjekt verwendet werden. Die Verwendung weicht teilweise von der von einer/eine im Deutschen ab:

En lærer så lenge en lever
*Einer/Eine lernt, so lange einer/eine lebt.
Man lernt, so lange man lebt.

Weder man noch en sind im Norwegischen durch Personalpronomina anaphorisierbar:

Man venter til man (*han/hun) blir funnet.
En venter til en (*han/hun) blir funnet.

Sowohl man als auch en können mit selv (selbst) erweitert werden:

Det viktigste er at man selv vet hvor man står.
Et slikt forsøk vil jo bare ramme en selv.

semantische und funktionale Eigenschaften

Das Pronomen man dient der unspezifischen, generischen (geschlechtsneutralen) Bezugnahme auf Personen. Aussagen mit generischem man können je nach Kontext von unterschiedlichem Allgemeinheitsgrad sein:

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.

Bei der heutigen Generation verhält es sich mit der Kleidung ganz ähnlich: Es geht nicht unbedingt darum, was man trägt, sondern wie man es trägt! Stil und Mut zur Aussage würde der neutralen Generation nicht schaden. [die tageszeitung, 18.08.2007]

Sie wollte mit einer neuen Eroberung die erste Nacht verbringen. Eng umschlungen steuerte man aufs französische Bett zu. Doch da lag die Katze. [Welt online, 10.05.2009]

Von der generischen Verwendungsweise kann auch ein partikulärer Gebrauch unterschieden werden, bei dem man wie das Indefinit-Pronomen (irgend)jemand verwendet wird:

Man hat bei uns eingebrochen.

Weiterführende Literatur: Dimova 1981, Zifonun 2000.

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Autor(en)
Wiebke Ramm
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