Adjektiv
- Adjektive im Überblick
- morphologische Eigenschaften
- syntaktische Eigenschaften
- semantische und funktionale Eigenschaften
Adjektiv im Überblick
andere Bezeichnungen und Zuordnungen
Eigenschaftswort. Die nur prädikativ verwendbaren Adjektive (leid, quitt, schade ...) werden in der 'Grammatik der deutschen Sprache' als eigene Wortart Adkopula klassifiziert. Die polnische Bezeichnung für Adjektive przymiotnik entspricht weitgehend dem deutschen Terminus Eigenschaftswort.
Die semantischen Eigenschaften der Adjektive korrespondieren im Deutschen und im Polnischen weitgehend. Dasselbe gilt für die Flexion: Auch polnische Adjektive flektieren nach Kasus, Genus und Numerus und sind in zwei Stufen steigerbar. Im Satz fungieren polnische Adjektive ebenfalls als Attribute und Prädikativkomplemente. Sie werden aber in der adverbialen Verwendung konsequent als Adverbien bezeichnet und nicht flektiert (vgl. Flexion der Adjektive). Die nur prädikativ verwendbaren Adjektive (z. B.: zdrów, winien) werden im Polnischen als keine separate Wortart betrachtet, weil sie jeweils in einem Oppositionspaar mit einem attributiv verwendbaren Adjektiv stehen (z. B.: zdrowy, winny).
Bestand und Beispiele
hell, kurz, blau, fein, fröhlich, lausig, philosophisch, entzückt, verheerend, gram ...
mein kleiner grüner Kaktus
Im Herbst werden die Wälder bunt.
Still und starr ruht der See.
morphologische Eigenschaften
Adjektive bilden diejenige Wortart im Deutschen, die über das reichhaltigste Formenparadigma verfügt. Sie flektieren nicht nur nach Kasus, Genus und Numerus, sondern treten auch in zwei Flexionsklassen auf:
starke Flexion | fünf Flexionsendungen: -e, -en, -er, -es, -em | nach endungslosem unflektierten Artikel und wenn kein Artikel vorhanden ist | mit frischem Mut |
schwache Flexion | zwei Flexionsendungen: -e, -en | nach definitem Artikel und Artikeln, die Flexionsendungen besitzen | mit dem frischen Mut der Jugend |
Manche Grammatiken rechnen mit einem dritten, gemischten Flexionstyp für Adjektive nach indefinitem Artikel, Possessiv-Artikel und dem Quantifikativ-Artikel kein-. Dieser Flexionstyp setzt sich aus starken und schwachen Formen zusammen.
Auch das polnische Deklinationsparadigma der Adjektive gilt als das reichhaltigste und ist sogar umfangreicher als das deutsche, trotzdem werden im Polnischen keine Flexionsklassen ausgesondert. Polnische Adjektive flektieren zwar nach denselben Kategorien wie die deutschen, die Kategorisierung Kasus und Genus sind aber im Polnischen stärker ausgebaut: 7 Kasus (wie bei Nomina) und 5 Genera (außer Femininum und Neutrum unterscheidet man innerhalb eines Supragenus Maskulinum noch die belebten und nicht belebten Formen und die belebten werden schließlich noch in die personalen und nicht personalen geteilt (vgl. Flexion der Adjektive).
starke Flexion
In der starken Flexion wird die spezifische Markierungsleistung eines Artikels von der Adjektivform übernommen; die Formen - fünf Flexionsendungen - entsprechen weitgehend denen des Demonstrativ-Artikels.
MASKULIN | NEUTRUM | FEMININ | PLURAL | |
NOM | dieser Wein roter Wein | dieses Glas dünnes Glas | diese Freude große Freude | diese Gläser dünne Gläser |
AKK | diesen Wein (ohne) roten Wein | dieses Glas (ohne) dünnes Glas | diese Freude (ohne) große Freude | diese Gläser (ohne) dünne Gläser |
DAT | diesem Wein (mit) rotem Wein | diesem Glas (mit) dünnem Glas | dieser Freude (mit) großer Freude | diesen Gläsern (mit) dünnen Gläsern |
GEN | dieses
Weins roten Weins | dieses
Glases dünnen Glases | dieser Freude großer Freude | dieser Gläser dünner Gläser |
schwache Flexion
Bei der schwachen Adjektivflexion treten nur die zwei Flexive -e und -en auf.
MASKULIN | NEUTRUM | FEMININ | PLURAL | |
NOMINATIV | der nette Mann | das nette Kind | die nette Frau | die netten Leute |
AKKUSATIV | den netten Mann | das nette Kind | die nette Frau | die netten Leute |
DATIV | dem netten Mann | dem netten Kind | der netten Frau | den netten Leuten |
GENITIV | des netten Mannes | des netten Kindes | der netten Frau | der netten Leute |
Steigerung des Adjektivs
Adjektive können - sieht man von semantischen Restriktionen ab wie *schwangerer, *zweifacher, *verheirateter, *am totesten - mit den Steigerungsstufen Positiv (Grundstufe), Komparativ, Superlativ kompariert werden. Auch im Polnischen werden Adjektive kommunikativ relativiert, indem sie kompariert werden. Der polnische Komparativ wird mit dem Flexionsmarker -sz- bzw. -ejsz- gebildet. Die Marker werden an den Stamm des Adjektivs im Positiv angehängt und weiter mit dem entsprechenden Flexionsmarker des Genus, Numerus und Kasus agglutinierend ergänzt. Der Superlativ wird im Polnischen dagegen analytisch gebildet, indem vor die Komparativform des Adjektivs das Präfix naj- hinzugefügt wird (vgl. Flexion der Adjektive).
STEIGERUNGSSTUFE | MARKIERUNG | BEISPIELE | |
POSITIV | - | neu , stark | |
KOMPARATIV | Endung -er (Umlaut) | neuer, stärker | |
SUPERLATIV | Endung -(e)st (Umlaut) | neuest-, stärkst- |
Der Umlaut tritt nicht immer auf, wo er möglich ist, vgl. älter vs.
schlanker. Im Polnischen gibt es keine Umlautformen. Es kommen aber einige
sekundäre Alternationen im Stamm vor (vgl. Flexion
der Adjektive).
Durch die Komposition
ist eine inhaltliche Steigerung möglich (jammerschade, saublöd, erzdumm). Auch im
Polnischen werden Adjektive durch die Komposition inhaltlich gesteigert, allerdings relativ selten
(z. B. śnieżnobiały). Gebildet werden auch Formen mit
Präfixen (z. B. przemiły, arcytrudny,
megaszczęśliwy) oder Adjunktorphrasen (z. B. głupi
jak but).
Besonderheiten bei der Bildung von Komparativ und Superlativ.
Wortbildung des Adjektivs
Adjektive werden vor allem durch Derivation
mit Suffixen gebildet (rötlich,
streitbar, heldenhaft, modisch,
dortig).
Der Bestand wird aber auch durch
Komposition (hellblau, stahlblau,
schlagfertig) und Derivation mit Präfixen
(unschön, missvergnügt) erweitert.
Auch im Polnischen umfasst die Wortbildung der Adjektive z. B. Suffigierung (darmowy, pyskaty, niemiecki, amerykański), Präfigierung (niemądry, przygłupi, śródmiejski), Komposition (ciemnoniebieski, światłoczuły, lekkopółśredni).
syntaktische Eigenschaften
syntaktische Funktionen von Adjektiven
Prinzipiell treten Adjektive in drei Funktionen auf. Sie werden attributiv, prädikativ und adverbial gebraucht. Als Attribute sind sie flektiert, als Prädikativkomplemente und Adverbialia sind sie unflektiert.
attributiv | Peter fährt ein schnelles Auto. Claudia ist eine zielstrebige Frau. |
prädikativ | Peters Auto ist schnell. Claudia ist zielstrebig. |
adverbial | Das Auto fährt schnell. Claudia arbeitet zielstrebig. |
Die polnischen Adjektive kommen sowohl in attributiver (z. B. Jadę szybkim samochodem.) als auch in prädikativer (z. B. Mój samochód jest szybki.) Funktion flektiert vor. In adverbialer Funktion kommen im Polnischen keine Adjektive mehr, sondern Adverbien vor (z. B. Jadę szybko).
Der Kernbestand der Adjektive tritt in allen drei Funktionen auf. Einige Adjektive haben jedoch Vorkommensbeschränkungen.
- Nur attributiv verwendbar sind deadverbiale Ableitungen (aus Adverbien abgeleitete Adjektive) wie hiesig, dortig
- Nur prädikativ verwendbar sind viele Einheiten, die an der
Peripherie der Wortart Adjektiv angesiedelt sind, z. B. feind, gram,
futsch, plemplem, schnuppe,
schade u.v.m.
Grundsätzlich lassen sich alle polnischen Adjektive sowohl attributiv als auch prädikativ verwenden. Einige wenige attributiv und prädikativ vorkommende Adjektive verfügen über eine zusätzliche Form, die nur prädikativ (ausschließlich im Maskulinum) auftreten kann, z. B.: zdrowy → zdrów, gotowy → gotów, winny → winien, ciekawy → ciekaw.
Liste der Adjektive, die nur prädikativ verwendbar sind:
Ein besonderer Fall der Adjektivphrase ist die Partizipialphrase. Der Kopf einer Partizipialphrase (PARTP) ist entweder ein Partizip I oder - nach Konversion vom verbalen in den adjektivischen Bereich - auch ein Partizip II.
Syntaktische Struktur
Nur der Kopf der attributiv verwendeten Adjektivphrase wird flektiert. Die Köpfe der adverbial und prädikativ verwendeten Adjektivphrasen bleiben unflektiert. Die Köpfe der adverbial und prädikativ verwendeten Adjektivphrasen gelten im Polnischen als Adverbien.
Phrasenbildung
In attributiver Funktion kongruieren Adjektive in Numerus und Kasus mit dem Kopf der Nominalphrase und werden im Genus von diesem regiert.
Adjektive können ihrerseits von anderen Adjektiven und von Adverbien modifiziert werden und bilden dann den Kopf einer Adjektivphrase:
sehr schön, leicht verrückt, wahnsinnig nett.
Die polnischen Kongruenz- und Modifizierungsregeln der Adjektive innerhalb der Phrasen sind den deutschen gleich.
Bestimmte Adjektive können wie Vollverben auch Valenz-Leerstellen eröffnen, die durch spezifische Komplemente zu füllen sind.
Akkusativkomplement: ich bin die viele Arbeit satt (poln. pijący wódkę piłkarze)
Dativkomplement: der Räuber ist dem Mädchen hold (poln. Ona nie jest mu wierna. )
Genitivkomplement: eine des Japanischen mächtige Frau (poln. Jestem pełen dobrej woli.)
Präpositivkomplement: auf dieses Ergebnis dürfen Sie stolz sein (poln. Jesteśmy dumni z tych osiągnięć.)
Im Polnischen ist auch ein Instrumentalkomplement möglich, z. B. Twarz spalona słońcem.
semantische und funktionale Eigenschaften
Adjektive dienen der zusätzlichen Charakterisierung eines Gegenstands. Über die Zuschreibung von Eigenschaften wird der Gegenstand in der Gesamtcharakteristik stärker eingegrenzt und leichter identifizierbar gemacht. Man vergleiche die zunehmende Eingrenzung:
Ich suche ein Haus → ein altes Haus → ein zweistöckiges altes Haus.
Die dabei zugeschriebenen Eigenschaften können absolute sein (zweistöckig) oder relative (klein, alt, dick), die durch eine Dimension und den Wert auf einer entsprechenden Skala gekennzeichnet sind: ein kleines Haus wird wahrscheinlich größer sein als ein großes Fenster.
Andere Adjektive wie wahrscheinlich werden zur Modalisierung verwendet, die sich als Geltungseinschränkung auswirkt bis hin zum Ausschluss des Charakteristikums, auf das sie angewandt werden: ein wahrscheinlicher Sieg muss kein Sieg sein. Diese Adjektive üben in adverbialer Verwendung die gleiche Funktion aus wie bestimmte Satzadverbien.
Zahladjektive dienen unmittelbar der Gegenstandskonstitution, indem die absolute Zahl der Elemente einer Menge angegeben wird (Kardinalzahl-Adjektiv: zehn Gebote, sieben Geißlein) oder ein Gegenstand durch Indizierung aus einer Folge als gleichartig charakterisierter Gegenstände herausgegriffen wird (Ordinalzahl-Adjektiv: der dritte Mann, das fünfte Gebot).
Ähnlich wie bei den Nomina korrespondieren die semantischen Eigenschaften der Adjektive im Deutschen und im Polnischen weitgehend.
Literatur zu Adjektiven
Zur Abgrenzung der Klasse: Rolland 1999, Sommerfeldt 1987, Vonhoegen 1994.
Zur Flexion: Buscha 1986, Darski 1979, Gallmann 1990, Meinert 1990, Pfeffer 1981, Törnqvist 1974