Das Vollverb wissen und die Modalverben (mit Ausnahme von wollen) werden als Prateritoprasentia bezeichnet. Ihre heutigen Prasensformen sind aus indoeuropaischen Perfektformen starker Verben entstanden. Formal gleichen sie Prateritalformen starker Verben, besitzen aber eine prasentische Bedeutung. Zum Ausdruck der Vergangenheit mussten daher neue Formen nach dem produktiven Muster der schwachen Verben mit dem Prateritalsuffix -te- (alternativ: -t-) gebildet werden (z. B. durfte-).
Das Verb wissen (vgl. altsachsisch witan) geht auf ein indoeuropaisches Verb mit der Bedeutung von sehen zuruck. In anderen indoeuropaischen Sprachen ist der alte Verbstamm in dieser Bedeutung 'sehen' noch heute erkennbar, z. B. frz. voir, it. vedere (< lat. videre), poln. widziec. Das ahnlich lautende polnische Verb wiedziec (dt. wissen) geht auf den gleichen Verbstamm zuruck. Das deutsche Verb wissen und das norw. vite haben sich als Prateritoprasentia in fruhen Sprachstufen von der Bedeutung 'ich sah/habe gesehen' zur heutigen Bedeutung entwickelt.
Das Verb wollen ist kein Prateritoprasens, hat sich aber aufgrund seines modalen Charakters dem als Flexionsklassenmerkmal fur Modalverben erkennbaren Flexionsmuster der Prateritoprasentia angepasst.
durfen, konnen, mogen/mochte-, mussen, sollen, wissen
Prateritoprasentia