Indefiniter Artikel
frz. article indéfini
indefiniter Artikel im Überblick
andere Bezeichnungen und Zuordnungen
unbestimmter Artikel, indefinites Determinativ.
Beispiele
Es war einmal ein Mann.
Ein Mann hatte drei Söhne.
Endlich erschien
ein Wanderer.
Diese Statuette ist aus einem
feinen exotischen Holz geschnitzt.
Ø Statuetten aus Ø exotischem Holz
sind sehr teuer.
morphologische Eigenschaften
Der indefinite Artikel flektiert nach den Kategorisierungen Genus und Kasus. Er hat keine vom selben Stamm abgeleiteten Pluralformen.
MASKULIN | NEUTRUM | FEMININ | |
NOMINATIV | ein Mann | ein Kind | eine Frau |
AKKUSATIV | einen Mann | ein Kind | eine Frau |
DATIV | einem Mann | einem Kind | einer Frau |
GENITIV | eines Mannes | eines Kindes | einer Frau |
Zum Nullartikel gehen die Ansichten auseinander. Traditionell gibt es einen gewissen Konsens, die pluralische Entsprechung zum indefiniten Artikel als Nullartikel aufzufassen, was nicht mit "Abwesenheit von Artikel", wie etwa bei Eigennamen, gleichzusetzen ist. Die Flexion ist am Nomen auf ein Minimum beschränkt: Für den Dativ steht der suffigierte Marker -n, im Genitiv steht statt eines Genitivmarkers die Präposition von + DAT.:
PLURAL | MASKULIN | NEUTRUM | FEMININ |
NOMINATIV | Ø Männer | Ø Kinder | Ø Frauen |
AKKUSATIV | Ø Männer | Ø Kinder | Ø Frauen |
DATIV | Ø Männern | Ø Kindern | Ø Frauen |
GENITIV | Ø (fleißiger) Männer Ersatzform ohne Adj.: von Ø Männern | Ø (fleißiger) Kinder Ersatzform ohne Adj.: von Ø Kindern | Ø (fleißiger) Frauen Ersatzform ohne Adj.: von Ø Frauen |
In dem anatolischen Dorf sieht man nur Ø Männer auf der
Straße.
On ne voit que des hommes dans la rue.
Die Anwesenheit von Ø
Frauen ist nicht erwünscht.
La présence de/des femmes dérange.
Ø
Kindern wird oft nicht die Wahrheit gesagt.
Souvent, on ne dit pas la vérité
aux [défini!] enfants.
Im Französischen entspricht dem Nullartikel je nach syntaktisch-semantischer Situation entweder der Teilungsartikel oder ein definiter Artikel. Das Französische besitzt mit dem pluralischen Teilungsartikel einen materialisierten pluralischen indefiniten Artikel, der allerdings auch quantitativ interpretiert werden kann:
des hommes(Ø Männer), à
des hommes (Ø Männern [DAT.], d'hommes (von Ø
Männern)
des femmes (Ø Frauen [NOM. oder AKK.]),
à des femmes (Ø Frauen [DAT.]), de
femmes (von Ø Frauen)
syntaktische Eigenschaften
Der indefinite Artikel bildet zusammen mit einem Nomen eine Nominalphrase. Wie alle Artikel dient er vor allem der Kasusmarkierung der Nominalphrase, während der Numerus eher am Nomen selbst markiert wird. Ein indefiniter Artikel regiert bei einem nachfolgenden Adjektiv oder nominalisierten Adjektiv schwache Flexion, wenn er selbst eine markierte Flexionsform hat (einer, eine, einen, einem, eines) und er regiert starke Flexion, wenn er selbst flexivisch unmarkiert ist (ein).
MASKULIN | NEUTRUM | FEMININ | |
NOMINATIV | ein netter Mann | ein nettes Kind | eine nette Frau |
AKKUSATIV | einen netten Mann | ein nettes Kind | eine nette Frau |
DATIV | einem netten Mann | einem netten Kind | einer netten Frau |
GENITIV | eines netten Mannes | eines netten Kindes | einer netten Frau |
Ergänzend zum Konstrastiv-Abschnitt "Nullartikel oder nicht?" sei gesagt, dass das vorstehend beschriebene Verhältnis von starker und schwacher Flexion eine Folge der Verschieberegel ist. Diese lautet: Trägt in der NP die erste Einheit keinen starken Flexionsmarker, so geht die Trägerfunktion an die nächste Einheit (in der Regel ein Adjektiv) über usw. Für den Nullartikel als Pluralform des indefiniten Artikels gilt also analog: Tritt ein (attributives) Adjektiv zwischen Nullartikel und Nomen, so fällt ihm aufgrund der Verschieberegel die Aufgabe zu, als Träger der starken Flexionsmarker zu fungieren, daher:
Ø nette Männer, Frauen, Kinder, Ø netten Männern, Frauen, Kindern, Ø netter Männer... usw.
Im Französischen, wo Nachstellung des Adjektivs der häufigere Fall ist, hat das Auftreten eines Adjektivs zwischen Teilungsartikel und Nomen andere Folgen. Da die Aufgaben der Flexion hier von Präpositionen übernommen werden, ändert sich an der Form der Adjektive und Nomina nichts. Jedoch verliert der Teilungs"artikel" seinen Artikel-Bestandteil, es bleibt nur die Präposition übrig:
de grands enfants, à de grands enfants,
pour de grands enfants
Tu ne peux pas cacher la vérité à de
grands enfants. (Großen Kindern kannst du die Wahrheit nicht vorenthalten.)
Es sieht so aus, als übernehme hier das Adjektiv den durch die partitive Präposition relativierten Determinationsbestandteil des Teilungsartikels, wodurch eine gewisse Ähnlichkeit zum Verhältnis Nullartikel / Adjektiv des Deutschen entsteht.
semantische und funktionale Eigenschaften
Der indefinite Artikel dient dazu, in Kombination mit einem Gattungs- oder durch Qualifikativ erweiterten Stoffnamen einen Gegenstand in einen Verwendungszusammenhang neu einzuführen.
Von einer Sprache zur andern kann durchaus die Auffassung, etwas sei indefinit, in die Auffassung, dasselbe sei definit, umgemünzt werden, und zwar einfach durch den Mechanismus der Grammatik. So werden allgemein gebrauchte Stoffnamen im Deutschen via Nullartikel als indefinit, im Französischen aber via definiten Artikel als definit eingeführt:
Ø Magnesium ist unerlässlich für das
Wohlbefinden.
Le magnésium est indispensable pour le
bien-être.
Auch pluralische Gattungsnamen, die im Deutschen mit dem Nullartikel verbunden und daher als indefinit aufgefasst werden, erscheinen im Französischen mit definitem Artikel und daher als definit.
Ø Hunde haben keinen Zutritt zu diesem
Geschäft.
Les chiens ne sont pas admis dans ce
magasin.
Der Grund für diese Relativierung liegt im Kreuzungsbereich von Quantifizierung und Determination: Die Elemente einer nicht quantifizierten Menge können, solange sie nicht als Individuen determiniert sind, als indefinit aufgefasst werden. Sie können aber auch, da die Menge als Gesamtmenge ohne Rest erscheint und die Elemente folglich alle Elemente der Menge sind, als definit aufgefasst werden. (Siehe dazu auch Quantifikativ-Artikel.)