Nomen

Nomen im Überblick

Mit der Verwendung eines Nomens kann ein Sprecher auf einen Gegenstand und auf Klassen von Gegenständen verweisen (referieren). Nomina haben im Deutschen ein inhärentes Genus: sie sind maskulin (der Löffel), feminin (die Gabel) oder neutrum (das Messer). Sie sind nach den Kategorisierungen Kasus (der Freund, des Freundes) und Numerus (der Freund, die Freunde) flektierbar.


Allgemeine Hinweise

Schon die Grammatiker der Antike schrieben dem Nomen (gr. ónoma, lat. nomen) und dem Verb eine primäre Bedeutung unter den morphologischen und lexikalischen Kategorien zu. Die Unterscheidung zwischen Nominallexemen, die nach Kasus flektieren (Deklination) und Verballexemen, die nach Tempus, Modus, Person, Numerus flektieren (Konjugation), war der antiken Grammatikforschung derartig zentral, dass Aristoteles sie sogar zum „Gesetz der Vernunft“ erhob. Dabei stand dem Nomen die denotative Funktion der extralinguistischen Realität zu: Erst dadurch, dass Nomina Personen, Dinge und Zustände benennen, ist es den Sprechern möglich sie darzustellen und zu klassifizieren.


andere Bezeichnungen und Zuordnungen:

Substantiv, Hauptwort, Dingwort.
Manche Grammatiken, so auch die 'Grammatik der deutschen Sprache' unterscheiden zwischen Nomen und Substantiv: Nomen bezeichnet jeden Kopf einer Nominalphrase, auch wenn dieser aus einer anderen Wortklasse abgeleitet ist (das Grün, die Grünen, das A und O, das Lesen), während die genuine Wortart Substantiv heißt.


In den meisten italienischen Grammatiken werden die Bezeichnungen Nomen und Substantiv synonymisch verwendet, wohl als Erbe der spätlateinischen grammatischen Tradition, die von einem nomen substantivum (im Gegensatz zum nomen adjektivum) sprach.

Gehört der Kopf einer Nominalphrase zu einer anderen Wortklasse als dem Nomen, spricht man von Nominalisierung oder Substantivierung: il dolce far niente (Infinitiv), il buono, il bello, il brutto e il cattivo (Adjektiv). Substantivierte Infinitive kommen in der Regel nur in der Singularform vor: il mangiare, il viaggiare comodamente, es sei denn, es handelt sich dabei um lexikalisierte Infinitive: il dovere>i doveri, il piacere>i piaceri. Dasselbe gilt weitestgehend für Konjunktionen und Interjektionen: il come e quando, il tuo inopportuno perbacco! (aber: i se i ma).


morphologische Eigenschaften

Nomina haben ein inhärentes Genus, maskulin, feminin oder neutrum (bei einigen Fremdwörtern gibt es Ausnahmen: der/das Joghurt, der/das Kondom).
Sie flektieren nach Kasus und Numerus in einem Formenparadigma mit acht Stellen: vier Kasusstellen für Nominativ, Akkusativ, Dativ, Genitiv und zwei Numerusstellen für Singular und Plural.

Im Singular sind die Kasusformen außer beim Genitiv kaum mehr ausdifferenziert, im Plural ist besonders der Dativ formal markiert. Die Pluralbildung ist im Deutschen formal besonders markiert. Für die Markierung für Kasus und Numerus stehen zur Verfügung:

  1. die Flexionsaffixe -e, -(e)n, -(e)s, -s, -er, -n
  2. der Umlaut (Umlautfähigkeit vorausgesetzt)

Im Singular lassen sich vier (Kasus-)Flexionstypen unterscheiden:

alle
Feminina
Maskulina
und Neutra
nur
Maskulina
artikellose
Eigennamen
Nominativ (die) Frau (der) Geist (der) Löwe Berlin
Akkusativ (die) Frau (den) Geist (den) LöwenBerlin
Dativ (der) Frau (dem) Geist(e) (dem) Löwen Berlin
Genitiv (der) Frau (des) Geistes   (des) LöwenBerlins

Wenige Nomina haben das Genitivsuffix -(e)ns : Name (Namens), Herz (Herzens)

Artikellose Eigennamen besitzen besondere morphologische und syntaktische Eigenschaften. Detaillierte Informationen zur Kasusflexion der Nomina: Kasusflexion.

Im Plural lassen sich fünf (Numerus-)Flexionstypen unterscheiden:

-(e)-(e)nUmlaut + -(e)Umlaut + -er-s
Nominativ Tage, Wagen_Kirchen Gäste, Äpfel_Häuser, Kinder Omas
Akkusativ Tage, Wagen_ KirchenGäste, Äpfel_ Häuser, Kinder Omas
Dativ Tagen, Wagen_ KirchenGästen, Äpfeln Häusern, Kindern Omas
Genitiv Tage, Wagen_KirchenGäste, Äpfel_ Häuser, Kinder Omas

Nomina ohne Pluralmarker (z. B. Segel, Lehrer, Wagen) lassen sich formal dem Flexionstyp -(e) zuordnen.

Detaillierte Informationen zur Pluralbildung der Nomina: Numerusflexion.

Nomina lassen sich je nach Kasus- und Numerusflexionstyp in genusabhängige Flexionsklassen (Deklinationsklassen) einteilen.


Außer der referenziellen Funktion besitzen Nomina morphologische Eigenschaften, die einerseits das grammatische Genus, das dem Nomen inhärent ist, andererseits die Flektierbarkeit nach den Kategorisierungen Kasus und Numerus ausmachen. Hinsichtlich des Genus behält Deutsch die Dreiteilung in Maskulinum, Femininum und Neutrum der klassischen Sprachen bei, während Italienisch, wie alle romanischen Sprachen bis auf (bedingt) das Rumänische, das lateinische Neutrum nicht fortgesetzt hat und somit nur zwei Genera, Maskulinum und Femininum, beibehalten hat. Auch was die für die Nominalflexion in Frage kommenden Kategorisierungen betrifft, weist Italienisch gegenüber Deutsch eine morphologische Vereinfachung auf, insofern, als hier aufgrund des Kasusschwundes Nomina nur noch nach Numerus flektieren.

Reste des lateinischen Neutrums, genauer des pluralischen Neutrums auf –a (genus>genera, vitium >vitia), lassen sich im Italienischen bei Nomina der längst unproduktiv gewordenen 5. Flexionsklasse (vgl. Flexionsklassen der Nomina) belegen, die in der Numerusflexion Genuswechsel aufweisen. Es handelt sich dabei um einen numerisch spärlichen Bestand aus Nominallexemen, die im Singular Maskulina auf –o sind, im Plural Feminina auf -a: il grido> le grida; il riso> le risa, für deren ausführliche Beschreibung auf die Numerusflexion und die Flexionsklassen der Nomina verwiesen wird. In der Regel ist das lateinische Neutrum, dessen Abschwächung sich schon in der Spätlatinität ankündigte, im Übergang vom Lateinischen zum Italienischen im Maskulinum aufgegangen (lat. genus (n.)> it. il genere (m.); lat. vitium (n.) > it. il vizio (m.)). Allerdings wurden manche lateinische neutrale Pluralformen, wohl als Kollektiva empfunden, zu singularischen Feminina: lat. folia(m. Pl.) (dt. Blätter)> it. la foglia (f. Pl.) (Blatt).

Als inhärente Eigenschaft des Nomens ist das Genus konstant und schwankt im Italienischen noch seltener als im Deutschen, vgl. un eco (m.) oder un’eco (f.). Aufgrund des parallelen Genussystems des Italienischen markieren die Artikelwörter das Genus auch im Plural: i bei bambini (m.) und le belle bambine (f.) vs. die Professoren (m.) und die Professorinnen (f.). Demnach kann hier im Gegensatz zum Deutschen, wo etwa die Unkosten, die Ferien als genuslos gelten, das Genus der Pluraliatantum festgelegt werden: le ferie (f.) vs. i pantaloni (m.). Bei der begrenzten Anzahl italienischer Nomina, die beide Genera aufweisen, hängt der Genuswechsel mit einer semantischen Ausdifferenzierung zusammen: il/la fronte> i fronti, le fronti, il/la camerata > i camerati, le camerate; lo/la squillo> gli squilli, le squillo.

Gemäß ihrem Pluralflexionstyp sowie (bedingt) ihrer Endung im Singular lassen sich italienische Nomina in Flexionsklassen einteilen, die in unterschiedlichem Maße genusbedingt sind.


Übung zur Pluralbildung des Nomens

syntaktische Eigenschaften

Das Nomen fungiert als Kopf der Nominalphrase. Innerhalb der Nominalphrase regiert es das Genus von attributivem Adjektiv und Artikel. Kasus und Numerus von attributivem Adjektiv und Artikel kongruieren mit dem Nomen.

Löffel → großer Löffel → der Löffel

Gabel → große Gabel → die Gabel

Messer → großes Messer → das Messer

Nomina werden hauptsächlich zur Bildung von Kernkomplementen verwendet.

Bestimmte Nomina, vor allem solche, die aus Verben abgeleitet sind, können Valenz-Leerstellen eröffnen: das Interesse des Publikums am Vortrag, die Zerstörung der Wälder durch sauren Regen.


Auch im Italienischen bestimmt das Nomen als Kopf der Nominalphrase Genus und Numerus des attributiven Adjektivs und des Artikels: una bella gita, il duro lavoro, i giochi pericolosi.

Nomina, vor allem verbale Ableitungen, können valenzaktiv sein: la partecipazione degli studenti alla protesta; la rinuncia degli operai allo sciopero.


semantische und funktionale Eigenschaften

Ein Sprecher kann mit der Verwendung eines Nomens einen Gegenstand charakterisieren, auf einen (bestimmten) Gegenstand Bezug nehmen (referieren) oder einen bereits eingeführten Gegenstand thematisch fortführen.

Subklassen

Traditionell unterscheidet man drei semantisch bestimmte Subklassen von Nomina:

  1. Gattungsnamen (auch Appellativa genannt) wie Frau, Tier, Haus, Brief können im Singular nur zusammen mit einem Artikel oder einem pränominalen Genitiv eine Nominalphrase bilden: das Haus, Peters Haus. Im Plural können sie dagegen auch ohne Artikel Nominalphrasen bilden (Häuser, Frauen).
  2. Stoffnamen (auch Substanzausdrücke genannt) wie Marmor, Stein, Eisen, Wasser, Öl bezeichnen Substanzquanten oder Teile davon. Mit ihrer Verwendung wird allein das Charakteristikum aufgegriffen, ohne dass eine Quantifizierung (wie sie mit dem Artikel zu markieren wäre) erfolgt. Somit können sie auch im Singular artikellos Nominalphrasen bilden. Werden Stoffnamen im Plural gebraucht, bezeichnen sie verschiedene Sorten (Hölzer, Öle) und können dann auch mit Artikel verwendet werden:
    Fichte und Buche sind heimische Hölzer.
    Die blauen Granite sind die schönsten.
  3. Eigennamen (auch Nomen Proprium genannt) wie Gerlinde, Hans Moser, Köln, die Donau, Mecklenburg, Kukident, Mercedes dienen der konstanten Bezeichnung bestimmter Individuen (Personen, Orte, Länder, Regionen, Flüsse, Waren usw.) gemäß einer (mindestens zu unterstellenden) Vereinbarung. Eigennamen haben im Unterschied zu Gattungs- und Stoffnamen nicht die Funktion der Charakterisierung und erlauben in der Regel keine Rückschlüsse auf die Eigenschaften des Trägers (allenfalls auf das Geschlecht bei Personen). Formal typisch für Eigennamen im Deutschen ist die Bildung des Genitiv Singular mit -s: Josefs Brüder, Annas Schicksal.


In den meisten Grammatiken der italienischen Sprache werden Nomina hinsichtlich ihrer Semantik in die folgenden Subklassen eingeteilt:

  1. Appellativa vs. Eigennamen: Hier liegt der Unterschied in der Benennung einer allgemeinen, nicht näher bestimmten Referenz (televisore, portiere, cane) oder aber eines präzis definierten Individuums bzw. Gegenstands oder Ereignisses, dem alleine der Name eigen ist (Mario, Guerra dei Trent’anni, Roma). Appellativa und Eigennamen unterscheiden sich auf der morphologischen und syntaktischen Ebene. Erstere flektieren in der Regel nach dem Numerus und kommen meist in der Nominalphrase zusammen mit einem Artikelwort vor: la dottrina> le dottrine, questo ragazzo> questi ragazzi. Eigennamen, die auch im Italienischen großgeschrieben werden, unterliegen hingegen gewissen Einschränkungen hinsichtlich der begleitenden Artikelwörter: il Tevere, *un Tevere; la Guerra delle Rose, *nessuna Guerra delle Rose. Städtenamen und Personennamen werden im normalen Usus artikellos verwendet: Roma; *una Roma; Elvira, *l’Elvira. Aufgrund ihrer dinstinktiven Funktion tritt der Plural von Eigennamen nur selten und eingeschränkt auf: le Anne, ?le Piaggio, aber *i Trasimeni, *le Marmolade.
  2. Stoffnamen vs. Nomina, die etwas Zählbares bezeichnen. Im Gegensatz zu Appellativa bezeichnen Stoffnamen (nomi di massa) etwas Nichtzählbares, flektieren in der Norm nicht nach Numerus (*due latti, *cinque sangui) und lassen nur eingeschränkt Artikelwörter zu: lo zucchero, *uno zucchero, *molti zuccheri. Am häufigsten treten sie in Begleitung des sogenannten articolo partitivo (Partitiv-Artikel) auf, der auf der oberflächlichen Ebene die Form der Präposition di+ finiter Artikel hat: dell’acqua, del vino, dell’ottone. Dadurch wird das Merkmal der Nicht-Definiertheit ausgedrückt, das von der Nichtzählbarkeit der Stoffnamen herrührt. Vor Zählbarem ist der Usus des Partitivartikels auf den Plural begrenzt, wo er anstelle von indefiniten Quantifikatoren erscheinen kann: dei (alcuni) bravi medici, nonostante delle (alcune) attestazioni importanti.

Eine weitere Differenzierung wird häufig mit den sogenannten Kollektiva eingeführt, das sind Nomina, die schon im Singular nicht einen Referenten haben, sondern mehrere. So bezeichnen die Singularformen la squadra (dt. Mannschaft) nicht nur einen Spieler, sondern eine ganze Gruppe; l’esercito (Heer) nicht nur einen, sondern mehrere Soldaten; il bosco (Wald) nicht nur einen Baum, sondern eine Anzahl von Bäumen. Das Verb kongruiert normalerweise mit dem jeweiligen Numerus der Kollektiva: Singular la squadra gioca ; Plural le squadre giocano. Bei Partitiv-Ergänzung kann das Verb allerdings eine sogenannte Kongruenz ad sensum aufweisen und im Plural stehen: una catena di persone bloccavano il traffico neben una catena di persone bloccava il traffico.



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