Idiosynkratische Junktoren

Typisch für die Klasse der Junktoren im Deutschen ist, dass es eine Vielzahl von Einheiten mit Junktor-Funktion gibt, die sich aber aufgrund sehr idiosynkratischer syntaktischer Eigenschaften keiner der drei Großklassen Konjunktoren, Subjunktoren und Adjunktoren zuordnen lassen. Sie sind nicht regelhaft beschreibbar. So gibt es etwa im Übergangsbereich zwischen Konjunktoren und Subjunktoren die konditionalen Junktoren angenommen, vorausgesetzt, gesetzt den Fall, die Verbzweitsätze einbetten. Vergleichbar "einzelgängerisch" und auch untereinander kaum Gemeinsamkeiten aufweisend sind z. B. die Junktoren denn, außer, geschweige (denn), ob + Verbzweitsatz, sei es, es sei denn oder je + Komparativ. Entsprechend disparat ist auch die Behandlung dieser Einheiten in Grammatiken.

Bestand und Beispiele

denn, außer, es sei denn, als, dergestalt dass, geschweige, je + Komparativ, kaum, ob, sei es

Verbzweitsatzeinbetter: angenommen, gesetzt (den Fall), vorausgesetzt, für den Fall

Der Honoratiorenparlamentarismus - angenommen, er könnte unter den heutigen Bedingungen einmal funktionieren - ist nämlich eine äußerst oligarchische Herrschaftsform, eine "Demokratie ohne das Volk" (Duverger).
[DIE ZEIT 19.04.85, S. 37.]

Mit Harald Weinrich ehrt Rheinland Pfalz einen Wissenschaftler, wie er nicht mehr allzu oft an deutschen Universitäten anzutreffen ist. Einen Kulturwissenschaftler - denn dies zumindest ist er -, der noch einer Ordinarien-Tradition der ersten Nachkriegsjahre vor den 68ern im besten Sinne des Wortes treu geblieben ist: als universell gebildeter Humanist.
[Die Rheinpfalz 20.1.1998, o.S.]

Schlimmster Zungenfrevel scheint das Wort Hexe oder Giftmischerin gewesen zu sein, es sei denn, die Verdächtige konnte tatsächlich obskurer Gewohnheiten überführt werden, was durch ausdauernde Folter schon möglich war.
[Pörtner 1964, 128]

Die strikte Trennung der Geschlechter macht voreheliche Begegnung, geschweige denn Beziehung, tabu. Die Frau wird völlig unerreichbar.
[taz, 17.9.1996, S. 14.]


Die Zuordnung von Junktoren einer der beiden Subklassen erweist sich im Italienischen aufgrund deren scharfer formaler und funktionaler Abgrenzung als unproblematisch. Unsicherheit mag eher bei der Zuordnung gewisser unflektierbarer Ausdrücke den Wortklassen Junktor oder Adverb herrschen. Dazu gehören das Lexem anche, das der Form nach den Adverbien zugeordnet werden sollte (it. anche i miei amici partono per Natale, dt. auch meine Freunde fahren zu Weihnachten) und doch von einigen Grammatiken in Anbetracht seiner Funktion als Konjunktion eingeordnet wird (it. si impara anche dormendo, dt. man lernt, selbst wenn man schläft), sowie Ausdrücke mit Konnektorenfunktion wie tuttavia, dunque, così. Allerdings kann dabei die Distributionsanalyse Klarheit schaffen, denn Konnektoren, die zur Wortklasse Adverb gehören, verfügen über eine größere Stellungsflexibilität als Konjunktionen, die nur vor der zu verbindenden Spracheinheit stehen können: la famiglia aveva perduto tutto, tuttavia Mario continuò a studiare/ …, Mario tuttavia continuò a studiare/ …., Mario continuò tuttavia a studiare/ …, ?Mario continuò a studiare, tuttavia.

Den italienischen Entsprechungen der Junktoren vorausgesetzt, angenommen, gesetzt den Fall (premesso, ammesso, posto il caso) muss in der Regel als complementatore der Subjunktor che folgen: premesso che (tu) hai ragione, ammesso che tu abbia ragione, posto il caso che tu abbia ragione. Damit wird das partizipiale Konstrukt, eindeutiger als im Deutschen, als impliziter Nebensatz identifiziert, dessen Komplement von che eingeleitet wird: premesso che … = se si premette che…, ammesso che …= se si ammette che …, posto il caso che …= se si pone il caso che

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