Interaktive Einheiten

Interaktive Einheiten im Überblick

Interaktive Einheiten fungieren im Unterschied zu den traditionellen Wortarten als selbständige Einheiten der Interaktion, tragen aber nicht zum kompositionellen Aufbau von Sätzen bei. Sie wirken gesprächssteuernd, indem sie Reaktionen auf Äußerungen des Gesprächspartners zum Ausdruck bringen oder diesen über Emotionen des Sprechers informieren. Zu den Interaktiven Einheiten gehören die Interjektionen und die Responsive.

andere Bezeichnungen und Zuordnungen:

Gliederungspartikeln, Gesprächswörter, Antwortpartikeln

Interjektionen

Interjektionen fungieren im Diskurs als funktional selbständige Einheiten der Interaktion, mit denen der Gesprächspartner unmittelbar gelenkt oder über Emotionen des Sprechers informiert werden kann. Die Gesprächssteuerung kann sich auf die laufende Handlungskoordination und Wissensorganisation erstrecken.

Interjektionen sind nur sehr eingeschränkt mit Phrasen oder Sätzen kombinierbar (ach Hans, na komm schon) .

Bestand und Beispiele

au, hm, oh, ach, äh, ih, pst, na, oi, oh, naja, oho, mhm, aua, eiei, tja,ne, gell, ah, äh...

Uiii, das wird schwer werden!
[Harry Rowohlt, 1998 SWR 1: Leute]

Ähm, wir haben das geahnt, dass das passieren würde.
[Wolf von Lojewski, 1995 in SDR 3: Leute]

Ach ich würd ' mir auch ein Rockkonzert anhören oder würde in die, in die, nicht in die Premiere, sondern in die fünfte Aufführung der Volksbühne in Berlin gehen wollen.
[Jens Reich, 1994 in SDR 3: Leute]

Also als Fensterputzer hier am Fernsehturm wär' ich völlig ungeeignet. Da würd' 'zerscht der Eimer runterfallen, dann ich.
[Manfred Rommel, 1996 in SDR 3: Leute]

Richtige Klamotten? - Ich bin Damenschneiderin geworden. - Ja? - Also, wäre ich geworden, wenn ich's zuende gemacht hätte.
[Heike Makatsch und Stefan Siller, 1997 in SDR 3: Leute]


Unter Interjektionen, auch Ausrufewörter genannt (it. interiezioni, esclamazioni), sind Lautfolgen gemeint, die semantisch satzäquivalent, oft jedoch nicht einmal wortförmig sind (ah!/ patapunfete!), womit schon ihre ausgeprägte Eigentümlichkeit im Rahmen der traditionellen Wortarten klar wird.

Hinsichtlich ihrer Funktion handelt es sich vorwiegend um Elemente, die in der kommunikativen Interaktion eine emotionale Reaktion des Sprechers (Aufforderung: suvvia!; Bewunderung: oh!; Warnung: guai!; Abscheu: puh!; Entsetzen: mamma mia!) zum Ausdruck bringen sollen. Da sie auf einen bestimmten kommunikativen Kontext angewiesen sind, ohne den sie semantisch unergiebig resultierten, kann man ihnen eine deiktische Eigenschaft zuschreiben, aufgrund deren sie häufigere Benutzung im Gesprochenen finden.

Vom Morphologischen her lassen sich Interjektionen als Einheiten bezeichnen, die nicht flektierbar und nicht ausbaufähig sind (perbacco! *più perbacco! *perbacchi!, *molto perbacco, *non perbacco). In vielen italienischen Grammatiken (so Serianni 2006) wird zwischen a) interiezioni primarie, die nur als solche vorkommen und auch zur graphischen Disambiguierung omophoner lexikalischer Elemente (eh vs. e; oh vs. o) unter Verwendung des Graphems h transkribiert werden, und b) interiezioni secondarie, die einen eigenen formalen Status haben und nur gelegentlich die affektverdeutlichende Funktion der Interjektion übernehmen, unterschieden: a) ohibò!; ahi! uffa!; b) dannazione!; maledetto!; peccato!

Bedeutenden Einschränkungen unterliegen Interjektionen auch auf der syntaktischen Ebene, wo sie nicht am Satzaufbau beteiligt und auch nur sehr bedingt kombinierbar sind, so dass sie im Satz als nicht integrierte Elemente (lat. interiectio > Dazwischenwurf) auftreten. Zugleich handelt es sich bei ihnen jedoch um die einzigen lexikalischen Elemente, die die Bedeutung eines ganzen Satzes vermitteln können (Renzi/ Salvi/ Cardinaletti 2001). Auf die Feststellung, dass negli ultimi mesi la situazione italiana si è fatta drammatica (dt. in den letzten Monaten ist die italienische Lage dramatisch geworden), kann der Gesprächspartner je nach verwendeter Interjektion einen unterschiedlichen Gemütszustand ausdrücken. So stehen mah! oder beh! eher für Bedenken oder Resignation (dt.: was soll's?/ vielleicht doch nicht ganz!), accidenti! oder poveri noi! für Einvernehmen (dt. wem sagst du das!/ wir sind vielleicht arm dran!), uffa! für gelangweilte Reaktion auf zu oft Wiederholtes (dt. Hör endlich auf damit!).


Responsive

Responsive können im Unterschied zu den traditionellen Wortarten als selbständige und vollständige Einheiten der Kommunikation (als kommunikative Minimaleinheiten) fungieren und ein Handlungssequenz durch eine erwartbare Reaktion abschließen (Antwort auf eine Frage, Annahme eines Angebots etc.). Sie sind nicht in einen Satz integrierbar und nur minimal ausbaufähig (ganz genau, ja gut). Sie haben selbst keinen propositionalen Gehalt (drücken keine Proposition aus), sondern beziehen sich auf kontextuell vorhergehende sprachliche Einheiten wie z. B. Fragen.

Bestand und Beispiele

Genuine Responsive sind: ja, okay, nein.
Andere Einheiten können die Funktion von Responsiven übernehmen:

Adjektive: genau, eben
Satzadverbien: vielleicht, bedauerlicherweise, leider
Abtönungspartikeln: doch, schon
Interjektion: hm

Ej, hast du dat aufgeschrieben? - Ja.
[Redder, Angelika (1982): Schulstunden, 1. Transkripte. Tübingen: Narr, S. 103]

Und außerdem warens ja Euroschecks. - Nein, das waren keine Euroschecks, das waren Barschecks.
[Gerichtskorpus Ludger Hoffmann; F.19.9 04 - 07]


Ebenfalls als interaktive Einheiten gelten die lexikalischen Einheiten, die hier unter die Bezeichnung Responsive fallen, weil sie eine Reaktion auf eine Frage darstellen bzw. den Gesprächspartner zu einer zusätzlichen Information auffordern. Dazu können im Italienischen ah!, esatto!, eh?, come? gerechnet werden, wie die folgenden Dialoge verdeutlichen. Sprecher 1: oggi non c'è lezione (dt. heute ist kein Unterricht), Sprecher 2: ah! (dt. Aha!) /eh? (dt. Wie bitte?) /esatto! (dt. genau!).

Responsive teilen die morphologischen und syntaktischen Eigenschaften der Interjektionen.


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