Die Form es und ihre Verwendungen
Die Form es hat mehrere Verwendungen:
- Anaphorisches Personalpronomen: das Mädchen - es
- Fixes es als semantisch leeres formales Subjekt, insbesondere bei Witterungs- und Existenzverben: es regnet
- Fixes es als semantisch leeres formales Akkusativkomplement: wie hältst du's mit der Religion?
- Expletives/Platzhalter- es zur Markierung des Vorfelds in Verbzweitsätzen: Es war einmal ein Mann...
- Korrelat zu einem Satz in Subjektfunktion: Was bedeutet es, dass...
- Korrelat zu einem Akkusativkomplement: Wer wagt es, zu tauchen.
Expletives-es, Korrelat-es und fixes es heißen zusammenfassend auch nicht-phorisches es.
1. Anaphorisches Personalpronomen
Als anaphorisches Personalpronomen referiert es auf eine Nominalphrase im Neutrum (1, 3) oder auf einen durch einen Satz ausgedrückten Sachverhalt (2, 4). Es kann die Funktion des Subjekts (1, 2) oder des Akkusativkomplements (3, 4) haben.
(1) "Wenn ein Mädchen nicht verheiratet ist, sollte es
zumindest einen festen Freund haben", meint Antje (27) aus Hamburg. [Bild, 6.1.1967, S.
5.]
(2) "Willst du mir vielleicht doch verraten, warum du in den See gesprungen
bist? Vielleicht erleichtert es dich?"
(3) Wer das neue
Pril kennt, wird es zu schätzen wissen
(4) Gelegentlich
spielt er Schach und er tut es mit großem Erfolg.
2. Fixes es als semantisch leeres formales Subjekt
Das fixe es tritt bei vielen sematisch "nullstelligen" Verben und bei subjektlosen Konstruktionen auf. Es kann nicht als echtes Subjekt gelten.
Es regnet. Jedenfalls soll es heute regnen.
Es gibt nichts, was es nicht gibt.
Liste von Verben mit formalem Subjekt-es :
3. Fixes es als semantisch leeres formales Akkusativkomplement
Ein semantisch leeres fixes es kann auch Akkusativkomplement sein.
Wie hältst du's mit der Religion?
Er könnte es weit bringen.
Falls du es auf den Kleinen abgesehen hast, bekommst du es mit mir zu tun!
Liste von Verben mit formalem Objekt-es:
4. Expletives/Platzhalter-es zur Markierung des Vorfelds
Das expletive es besetzt als "Platzhalter" für eine andere Einheit (meist ein ins Satzinnere oder ans Satzende gerücktes Subjekt) die im Aussagesatz strukturell notwendige Vorfeldstelle. Es ist eine reine Stellungseinheit und kein Komplement. Tritt eine andere Einheit ins Vorfeld, kann es nicht mehr auftreten. Auch beim subjektlosen Passiv tritt dieses expletive es auf, wenn das Vorfeld nicht anderweitig besetzt ist.
Es klappert die Mühle am rauschenden Bach. Die Mühle am rauschenden Bach klappert.
Es darf gelacht werden! Hier darf wohl gelacht werden. Gelacht werden darf ja wohl noch.
5. Korrelat-es zu einem Satz in Subjektfunktion
Das es in Korrelatfunktion weist im Vorfeld oder Mittelfeld auf einen extraponierten Satz in Subjektfunktion voraus. Dabei handelt es sich nicht um eine echte Besetzung einer Komplementstelle. Dieses Korrelat-es kann obligatorisch oder fakultativ sein und verschwindet nicht automatisch, wenn ein anderes Element als der Subjektsatz ins Vorfeld tritt.
Es war seine Überzeugung, dass es des
Königs Aufgabe sei, "die Kirche zu regieren und zu verteidigen" (...)
[Pörtner 1964, 238]
Seine Überzeugung war (es), dass ...
Die Kirche
zu regieren und zu verteidigen ist des Königs Aufgabe.
6. Korrelat-es zu einem Akkusativkomplement
Als Korrelat kann das es auf unterschiedliche Realisierungen eines Akkusativkomplements vorausweisen.
Er findet es gut, dass du kommst.
Wer wagt es, auf die Bühne zu kommen?
Im Norwegischen erfüllt das anaphorische Pronomen det zum Teil eine ähnliche Funktion wie es im Deutschen, es gibt jedoch auch deutliche Unterschiede. Die Form det ist zudem formgleich (bzw. identisch) mit der Neutrumsform des Demonstrativ-Pronomens und des Demonstrativ-Determinativs (bzw. definiten Artikels) det, entsprechend dem deutschen Demonstrativ-Pronomen/Artikel das, wodurch sich weitere Überlappungen ergeben. In der Funktion als Demonstrativ-Pronomen ist det betont, in der Funktion als anaphorisches Personalpronomen (eher) unbetont. In der Funktion als formales Subjekt bzw. Objekt ist det unbetont:
1. Personalpronomen (bzw. Demonstrativ-Pronomen)
Als anaphorisches Personalpronomen referiert det auf einen nicht-personalen Referenten im Neutrum (1, 2) oder auf einen durch einen Satz ausgedrückten Sachverhalt (3). Det kann dabei die Funktion des Subjekts (1) oder des direkten Objekts (2, 3) haben. Betont erhält det die Funktion eines Demonstrativ-Pronomens (entsprechend das im Deutschen).
(1) Vi har fått et nytt kjøkkenbord.
Det står foran vinduet. (Deutsch: Wir haben einen neuen
Küchentisch bekommen. Er/Der (Neut.)
steht vor dem Fenster.)
(2) Alle som har sett
det nye huset hans liker det. (Deutsch:
Alle, die sein neues Haus gesehen haben, mögen
es.)
(3) Av og til spiller
han sjakk og gjør det med stor suksess.
(Deutsch: Ab und zu spielt er Schach und tut das/es mit großem Erfolg.)
2. Formales/grammatisches Subjekt det
Im Norwegischen gibt es keine subjektlosen Sätze (außer Imperativsätzen). Det kann daher als Platzhalter für das Subjekt fungieren (4, 5). Auch in Passivsätzen muss (im Unterschied zum Deutschen) zumindest ein det als grammatisches/formales Subjekt (norw. formelt subjekt), vorhanden sein (6, 7). Im Unterschied zum expletiven es im Deutschen hat det also auch in diesen Fällen Komplementfunktion. Ein formales Subjekt det wird auch bei der so genannten Satzspaltung (norw. setningskløyving) (8) und in 'Präsentierungssätzen' (norw. presentierungssetninger) eingesetzt (9).
(4) Det regner. Iallfall har det regnet i dag. (Deutsch: Es regnet. Jedenfalls hat es heute geregnet. )
(5) Det finnes ingenting som ikke har vært beskrevet tidligere. (Deutsch: Es gibt nichts, was nicht früher beschrieben worden ist.)
(6) Det ble danset hele kvelden. (Deutsch:
Es wurde den ganzen Abend getanzt.)
Hele kvelden
ble det danset. (Deutsch: Den ganzen Abend wurde (*es)
getanzt.)
(7) Det ble overrakt vinnerne fine priser.
(Deutsch: Es wurden den Gewinnern schöne Preise
überreicht.)
Til vinnerne ble det overrakt fine priser.
(Deutsch: An die Gewinner wurden (*es) schöne Preise überreicht.
)
(8) Det var mange ting som gjorde intrykk på oss. (Deutsch: Es waren viele Dinge, die Eindruck auf uns machten. / Viele Dinge (betont) machten Eindruck auf uns.)
(9) Det kom en ny elev i klassen. (Deutsch: Es kam ein neuer Schüler in die Klasse. / Ein neuer Schüler kam in die Klasse.)
3. Formales/grammatisches Objekt det
Ein unbetontes det kann auch als formales Objekt dienen, z. B. in Konstruktionen, die Sätzen mit Korrelat-es im Deutschen entsprechen (10, 11), aber auch in festen Ausdrücken mit den Verben ta (machen) und gjøre (machen) (12, 13) oder in Konstruktionen wie (14).
(10) Man skal overlate det til andre å bedømme kvaliteten på produktet. (Deutsch: Man soll es anderen überlassen, die Qualität des Produktes zu beurteilen.)
(11) Hun gjorde det helt klart at dette ikke kom på tale. (Deutsch: Sie machte (es) sehr deutlich, dass dies nicht in Frage kam.)
(12) Ta det med ro! (Deutsch: Nimm's gelassen!)
(13) Hun gjorde det slutt med ham. (Deutsch: Sie machte (*es) Schluss mit ihm.)
(14) Han har det travelt. (Deutsch: Er hat es eilig.)
Weiterführende Literatur zu es:
Pütz 1986,
Pütz 1991, Kemme
1979, Bergenholtz 1983,
Marx-Moyse 1982, Cardinaletti 1990, Askedal 1990,
Buscha 1988, Tomaselli
1986 bzw. Recherche unter Objektwort es in der
Bibliografie.
Zu es im Deutschen vs. det im
Norwegischen: Askedal 1999.