Definite und indefinite Bezugnahme
Referenzieller Gebrauch von Argumenten dient der Bezugnahme auf Gegenstände. Dabei hat man grundsätzlich zwei Optionen: Man kann sich definit oder indefinit auf den gemeinten Gegenstand oder die gemeinten Gegenstände beziehen. Unter welchen Voraussetzungen und in Verfolgung welcher Absichten hat man sich wie zu entscheiden?
Klärung der verwendeten Begriffe
Jeder Gegenstand, auf den man sich beziehen kann, ist notwendig ein bestimmter. Auch wer sich indefinit auf etwas bezieht, bezieht sich nicht auf etwas, das als Gegenstand unbestimmt ist. Bezugnahme auf Indefinites ist nicht möglich.Für den Sprecherschreiber selbst macht es deshalb keinen Unterschied, ob er sich definit oder indefinit darauf bezieht.
Faktoren der Bezugnahme
Beispiele
Haben die Adressaten von dem gemeinten Gegenstand bislang keine Kenntnis, kann man nicht definit auf ihn Bezug nehmen. Man kann aber in Kauf nehmen, dass die Bezugnahme fehlschlägt, wenn man sich etwas davon verspricht, dass schon der Versuch erkannt wird. Jemand kann etwa sagen:
Und niemand wird sich in Kreisen, die sich von dergleichen beeindrucken lassen, die Blöße geben zu fragen, wer Prinz Hubert und was das Tantris sei.
Die vorausgesetzten Kenntnisse der Adressaten schließen alles ein, was diese unmittelbar parat haben und auf der Basis von Bekanntem erschließen können. Auch dazu ein Beispiel:
Die Zuhörer brauchen von diesem Platz nie zuvor gehört zu haben und müssen ihn auch sonst nicht kennen, damit die Bezugnahme gelingt: Es genügt vollauf, wenn sie von König Ludwig XVI. wissen. Dass dieser enthauptet wurde, erfahren sie spätestens jetzt. Dass dies nur einmal und nur an einem Ort geschehen konnte, sagt ihnen ihr Weltwissen.
Hat man Grund anzunehmen, die Adressaten hätten keinerlei Kenntnis vom gemeinten Gegenstand, wird man im Allgemeinen diesen Gegenstand über eine indefinite Charakterisierung einführen, und damit unbestimmt auf ihn Bezug nehmen. Dasselbe wird man tun, wenn man davon ausgeht, dass es für die Adressaten ohne Interesse ist, auf welches Individuum man sich bezieht, oder wenn einem daran liegt, dass ihnen dies verborgen bleibt.
In diesem Zusammenhang ist auf eine Besonderheit im Umgang mit definiter und indefiniter Bezugnahme hinzuweisen: Definite Bezugnahme ist natürlich überall dort gefordert, wo ein Hörerleser in die Lage versetzt werden muss, den gemeinten Gegenstand zu identifizieren, sei es, um etwas damit zu tun, oder auch nur, um sein Wissen auf den neuesten Stand zu bringen. Definite Bezugnahme findet sich aber häufig auch in Zusammenhängen, in denen in gewisser Hinsicht indefinite Bezugnahme genügen würde. Ein weiteres Beispiel:
Ein alter Soldat erzählt von seinen Kriegserlebnissen. Es kommt ihm in erster Linie darauf an, die Gefahren zu zeigen, in denen er sich damals befand. Er kommt auf bestimmte Ereignisse zu sprechen, die sich in einem weißrussischen Dorf abgespielt haben und an denen ein Oberleutnant beteiligt war, ohne dass dessen Beteiligung von besonderem Interesse wäre. Seine Zuhörer sind junge Leute, denen die Namen und Zeitangaben nicht das Geringste sagen würden, was ihm durchaus klar ist. Dennoch versucht er, auf Ort und Person definit Bezug zu nehmen. Gelingt ihm das nicht, kann es zum Abbruch der Erzählung kommen, obwohl an sich unwesentlich zu sein scheint, wo genau sich die Geschichte ereignet hat und wer genau daran beteiligt war.
Das Beharren des Erzählers auf definite Bezugnahme ist hier so zu erklären: Er selbst ist sein wichtigster Adressat. Er will die Konten, die er für Personen, Orte und Zeiten führt, weiterhin ordentlich führen. Allgemein ist festzustellen, dass man als Gesprächspartner erwartet, dass Sprecher dort definit auf Gegenstände Bezug nimmt, die einem als Individuen bekannt sind. Tut er das nicht, obwohl er es könnte, vermutet man Heimlichtuerei, sobald man ihn dabei ertappt.