Modalverb
Die Formbildung ist - sprachhistorisch bedingt - in hohem Maße ungeregelt. Modalverben (auch: modale Hilfsverben) bilden als finite Verben zusammen mit einem infiniten Vollverb einen Verbalkomplex: Er muss kommen; alleine können sie keinen bilden. Dabei transportieren sie den Valenzrahmen des Vollverbs weiter, haben aber keinen eigenen.
Bereich | Bestand | Rektion |
Kernbereich | müssen sollen dürfen mögen/möchte- wollen können | reiner Infinitiv: muss kommen soll hoffen |
Peripherie | (nicht) brauchen haben sein | zu-Infinitiv (standardsprachlich):
braucht nicht zu kommen reiner Infinitiv: braucht nicht kommen |
Halbmodale | pflegen scheinen drohen | zu-Infinitiv: pflegt zu schweigen scheint zu atmen |
Beispiele
Morphologische Eigenschaften
Modalverben werden nach Person, Numerus, Modus und Tempus konjugiert, bilden aber keinen Imperativ:
*Müsse gehen!
*Wolle stehenbleiben!
Ihre Bildung ist - aus historischen Gründen - irregulär. Da sie im Präsens im Wesentlichen so konjugieren wie starke Verben im Präteritum, bilden sie im Neuhochdeutschen die kleine Gruppe der sogenannten Präteritopräsentia.
Präsens der Modalverben im Indikativ und Konjunktiv
STAMM | SINGULAR | PLURAL |
1. PERSON | - / e | en | |
2. PERSON | soll | st / est | t / et |
3. PERSON | - / e | en |
Alle anderen Modalverben bilden das Präsens im Indikativ mit Vokalwechsel bei singularischen Formen:
wollen
Sie wollen sprechen.
Er will sprechen.
müssen /
muss
dürfen / darf
können / kann
mögen /
mag
Im Konjunktiv unterbleibt dieser Vokalwechsel.
Präteritum der Modalverben im Indikativ und Konjunktiv
Das Präteritum der Modalverben wird wie das der schwachen Verben gebildet.
STAMM | |
SINGULAR | PLURAL |
1. PERSON | e | en | |
2. PERSON | soll-t- woll-t- | est | et |
3. PERSON | e | en |
Der Präteritalstamm der übrigen Modalverben hat im Indikativ Ablaut:
Im Konjunktiv unterbleibt der Ablaut.
Bildung des Partizips II
Das Partizip II der Modalverben wird wie das der schwachen Verben gebildet und nur verwendet, wenn die Modalverben wie Vollverben den semantischen Kern des Verbalkomplexes bilden. Ansonsten werden sie zur Bildung zusammengesetzter Tempora im Infinitiv verwendet.
Syntaktische Eigenschaften
Finite Modalverben bilden zusammen mit einem infiniten Vollverb den Verbalkomplex. Dabei transportieren sie den Valenzrahmen des Vollverbs weiter. Das Partizip II wird in den zusammengesetzten Tempusformen durch den Infinitiv Präsens ersetzt ("Ersatzinfinitiv").
Die harten Zeiten in der männlich dominierten Kochwelt vergisst sie nicht. Als Erstes musste sie beispielsweise ihre langen Haare abschneiden. Damit die Herrschaften nicht etwa auf dumme Gedanken hätten kommen können. (Zürcher Tagesanzeiger 20.3.1999, 75)
Semantische und funktionale Eigenschaften
Bei den Modalverben geht es um Modalitäten, also um Voraussetzungen, um Bedingungen (zu lateinisch modus 'Art und Weise'). Mit Modalverben werden vor allem Möglichkeiten, Notwendigkeiten, Zwänge, Gebote und Wünsche ausgedrückt. Sie ordnen Redehintergründe ein, z. B. situative Umstände, Normen oder Wissensvoraussetzungen.
Zusätzliche Literatur in Auswahl
Abraham 1995; Diewald 1999; Eisenberg 2004; Vater 2004; Helbig 2009; Szumlakowski 2010; Vater 2010.