Nominalisierungsverb und Funktionsverb

Nominalisierungsverben bilden den Prädikatsausdruck nur in Verbindung mit einem Nomen, das von einem Adjektiv oder Verb abgeleitet ist.

Die Verbindungen verfestigen sich und am Endpunkt einer solchen Entwicklung ist die Bedeutung des Verbs selbst verblasst; sie bildet mit dem Nomen eine Bedeutungseinheit:

eine Frage stellen, eine Vereinbarung treffen, zur Kenntnis nehmen, in Verlegenheit geraten, Abbitte leisten, einen Besuch abstatten
Funktionsverben sind eine Teilklasse der Nominalisierungsverben: Meist handelt es sich um Zustands- oder Bewegungsverben wie stehen, liegen, setzen, stellen, legen, die Kombinationen mit inhaltsstärkeren abstrakten, oft deverbalen Nomina eingehen.

Das Nomen wird als Akkusativkomplement oder in einer Präpositionalphrase angeschlossen; es entsteht ein Funktionsverbgefüge:

Zustimmung finden, in Verlegenheit geraten, zur Kenntnis nehmen, zum Vortrag bringen

Beispiele

Erst nach diesem Treffer kamen die Gastgeber besser ins Spiel und wurden torgefährlicher. So konnte sich Bashapan auf der rechten Seite durchsetzten, bevor er aus spitzem Winkel Widnau Goalie Lütolf prüfte. Doch der Widnauer Schlussmann liess sich nicht in Verlegenheit bringen. (St. Galler Tageblatt 14.6.2010, 41)
Der gebürtige Wiener absolvierte das Max-Reinhardt-Seminar und spielte an vielen Bühnen Deutschlands, der Schweiz und Österreichs. In der Spielzeit 1952/53 war Pekny am Theater Basel engagiert, wie das Staatsarchiv Basel-Stadt auf Anfrage in Erfahrung brachte. (Die Südostschweiz 10.11.2007)

Zuordnungen und Abgrenzungen

Funktionsverbgefüge sind eine spezielle Unterart von Phraseolexemen, sind dort aber abzugrenzen von anderen Verbphraseolexemen wie das Bett hüten, sich ins Fäustchen lachen und von Objektinkorporationen wie Rad fahren, Fuß fassen, Maschine schreiben.

Syntaktische Eigenschaften

Funktionsverbgefüge sind typischerweise soweit verfestigt, dass das Nomen nicht verändert werden kann, z.B. nicht determiniert, attribuiert oder im Numerus verändert, nicht erfragt, nicht mit kein- negiert und nicht koordiniert.

* Er brachte das Stück zur Aufführung und zum Produzenten.
* Wir nehmen das Projekt in keinen Angriff.
* Die Behörde stellte den Vorfall in vollkommene Abrede.
* Wohin stellte die Behörde den Vorfall?

Semantische Eigenschaften und Gebrauchsbedingungen

Funktionsverben perspektivieren Ereignisse bezüglich des Vorgangs, der durch das Nomen ausgedrückt wird, z. B. bezüglich der Zeitphasen. Insofern sind Funktionsverbgefüge wie zum Vortrag bringen spezifischer als die parallelen einfachen Verben wie vortragen.

ÜBERGANGDAUERAKTIV-PERSPEKTIVEPASSIV-PERSPEKTIVE
in Angst geratenin Angst seinin Verlegenheit bringenin Verlegenheit geraten
sich in Verbindung setzenin Verbindung stehen / bleibenzum Ausdruck bringenzum Ausdruck kommen
in Gang bringenin Gang haltenzur Vernunft bringenzur Vernunft kommen

Funktionsverbgefüge werden vor allem schriftsprachlich und - manchen Sprachkritikern nach zu häufig - in behördensprachlichen Kontexten verwendet. Sie bilden sowohl mit ihrem nominalen als auch mit ihrem verbalen Bestandteil Reihen aus, die das System des verbalen Wortschatzes ausbauen:

in Verbindung setzen
in Verbindung stehen
in Verbindung sein

in Angriff nehmen
in Anspruch nehmen
in Betrieb nehmen
in Empfang nehmen
Einblick nehmen
Einfluss nehmen

zu Ende gehen
in Erfüllung gehen
in Druck gehen

Anwendung finden
Anerkennung finden
Gehör finden
Beachtung finden

Zusätzliche Literatur in Auswahl

Eisenberg 2006; Glatz 2006; Kamber 2008.

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Autor(en)
Eva Breindl
Bearbeiter
Elke Donalies
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