Vollverb

frz. verbe plein

Vollverb im Uberblick

Vollverben konnen im Unterschied zu Modalverben, Hilfsverben und Kopulaverben in ihrer finiten Form alleine den Verbalkomplex und damit den Pradikatsausdruck bilden. Sie sind die zentralen Einheiten fur den Aufbau der Satzstruktur.

andere Bezeichnungen

Tatigkeitswort, Hauptverb

Beispiele

gehen, lachen, besprechen, sich freuen, erwarmen, aufnehmen, totlachen, bausparen...

morphologische Eigenschaften

Vollverben werden nach Person, Verbnumerus, Modus, Tempus und konnen nach Genus verbi unterschieden werden.

Sie lassen sich nach dem morphologischen Kriterium Prateritum- und Partizipialbildung einteilen in starke Verben (singen - sang - gesungen) und schwache Verben (lachen - lachte - gelacht). Nach Kriterien der Wortbildung unterscheidet man einfache (einteilige) Verben von solchen mit unbetonten und festen Prafixen (ich erzahle, verstehe, bespreche ...) und solchen mit betontem und abtrennbarem Praverb (ich singe ... vor, ich lache ... aus), wobei das abtrennbare Praverb in V1- bzw. V2-Satzen den rechten Klammerteil der Satzklammer bilden kann.

Konjugation: schwache und starke Verben

Prasens IndikativKonjunktiv I (Konjunktiv Prasens)
STAMMSINGULARPLURAL
1. PERSONeen
2. PERSONspiel-
sing-
stt
3. PERSONten
STAMMSINGULARPLURAL
1. PERSON-n
2. PERSONspiel-
sing-
e-stt
3. PERSON-n

Bei einigen starken Verben tritt in der 2. und 3. Person Prasens Singular im Indikativ ein Vokalwechsel ein: fahre - fahrst - fahrt; trete - trittst - tritt; trage - tragst - tragt. Charakteristisch fur das Konjunktiv-Paradigma ist das Erscheinen des -e (Schwa) in allen Formen.

Konjugation: schwache Verben

Prateritum und Konjunktiv II schwacher Verben werden durch Anhangen des Affixes -te- (alternative Segmentierung) an den Prasensstamm gebildet.

Prateritum Indikativ / Konjunktiv II (Konjunktiv Prateritum)
STAMMSINGULARPLURAL
1. PERSON-n
2. PERSONspiel-te-stt
3. PERSON-n

Die kleine Klasse der gemischten (unregelma?igen schwachen) Verben weist zusatzlich zum Affix -te- im Prateritalstamm Vokal- und ggf auch Konsonantenwechsel wie bei starken Verben auf (bringen - brachte - gebracht). Zu den "gemischten" Verben (frz. verbes "mixtes") gehoren: brennen, bringen, denken, dunken (veraltet), kennen, rennen, senden, wenden.

Konjugation: starke Verben

Der Prateritalstamm der starken Verben wird durch Ablaut (Variation des Stammvokals) und teilweise zusatzlich durch Veranderungen des Auslautkonsonanten gebildet: singen - sang, tragen - trug, schreiben - schrieb, treten - trat, stehen - stand, ziehen - zog. Die starken Verben mit umlautfahigem Stammvokal haben im Konjunktiv II einen Umlaut: nahm- nahme, fuhr - fuhre, bot - bote.

Prateritum IndikativKonjunktiv II (Konjunktiv Prateritum)
PRATERITALSTAMMSINGULARPLURAL
1. PERSON-en
2. PERSONsang--stt
3. PERSON-en
PRATERITALSTAMMSINGULARPLURAL
1. PERSON-n
2. PERSONsang-e-stt
3. PERSON-n

Zur Flexion der wichtigsten starken Verben

Bildung des Partizips II (Partizip Perfekt)

Das Partizip II dient zusammen mit den Hilfsverben sein, haben und werden der Bildung der zusammengesetzten Tempora Prasensperfekt, Prateritumperfekt und Futurperfekt sowie der Bildung des Passivs. Schwache Verben bilden das Partizip II mit dem Prafix ge- und dem Suffix -t, starke Verben mit dem Prafix ge- und dem Suffix -en in Verbindung mit dem abgelauteten Partizipialstamm des Verbs.

PARTIZIP II
schwache Verbenge-spiel-t
starke Verbenge-sung-en

Naheres zur Bildung des Partizips II

Im Unterschied zum Deutschen weist das Franzosische insgesamt funf Partizipialmarker auf: drei Vokale -e, -i, -u und zwei Konsonanten -s oder -t. In manchen Fallen sind zudem der Partizipialstamm und der Verbstamm (Infinitiv) nicht identisch, d.h. es liegt eine Anderung im Stamm vor, z.B. Infinitivform: recevoir - Partizip II: recu.

Im Einzelnen lasst sich festhalten:

Alle Verben, deren Infinitivform auf -er endet, weisen ein Partizip II auf -e auf, z.B.: parler (parle), chanter (chante), jouer (joue) usw. Hinzu kommt das Verb naitre, dessen Partizip II ne lautet.

Die meisten Verben, deren Infinitivform auf -ir endet, bilden das Partizip II mit -i, z.B.: finir (fini), dormir (dormi).

Der Marker -u ist charakteristisch fur das Partizip II:
- von Verben, deren Infinitivform auf -oir endet, z.B.: voir (vu), recevoir (recu)
- von den meisten Verben, deren Inifinitivform auf -re endet, z.B.: entendre (entendu);
- von einigen Verben, deren Infinitivform auf -ir endet, z.B.: courir (couru), venir (venu).

Verben wie mettre, prendre, inclure und zusammengesetzte Verben wie surprendre, remettre usw. bilden das Partizip II mit -s: mis, pris, inclus, surpris, remis.

Verben deren Infinitivform auf -indre oder -uire endet, ebenso wie Verben wie dire, ecrire, faire, ouvrir usw. weisen ein Partizip II auf -t auf: feindre (feint), detruire (detruit); dire (dit), ecrire (ecrit), faire (fait), ouvrir (ouvert).

syntaktische Eigenschaften

Verben bilden die fur die Topologie des Deutschen wichtige Satzklammer. Charakteristisch fur das Deutsche ist die gro?e Anzahl von Praverbgefugen, d. h. Verben mit einem abtrennbaren Verbzusatz. Als Verbzusatz fungieren Elemente verschiedener Wortarten:

  • Prapositionen: schreibe ... vor, sehe ... nach
  • Adverbien: gehe ... hinauf, fahre ... hinein, haue ... drauf
  • Adjektiv: spreche ... frei, schweige ... tot
  • Nomen: nehme ... teil, gebe ... preis

Im Zusammenspiel mit Hilfs- und Modalverben ergeben sich Verbalkomplexe, die besonderen Bildungs- und Abfolgeregeln gehorchen. Die finite Verbform bildet dabei das strukturelle Satzzentrum, an dem die Einheitenkategorien der Kategorisierungen Person und Verbnumerus festgemacht werden. Hinsichtlich des Verbnumerus besteht Kongruenz mit dem Subjekt, die Person wird vom Subjekt regiert.

Odipustrickstedie Sphinxaus.
Odipuskonntedie Sphinxaustricksen.
Odipushattedie Sphinx leichtaustricksen konnen.
NachdemOdipus die Sphinxhatte austricksen konnen
Die Sphinxhatteleichtausgetrickst werden konnen.
weildie Sphinx leichthatte ausgetrickst werden konnen.

semantische und funktionale Eigenschaften

Nach ihren semantischen Eigenschaften lassen sich Vollverben auf verschiedene Weisen klassifizieren. Gelaufig ist z. B. die Einteilung in Zustandsverben (frz. verbes d'etat) (liegen, schlafen, hangen, bluhen), Vorgangsverben (frz. verbes de processus) (fallen, einschlafen, explodieren, tropfen) und Handlungsverben (frz. verbes d'action), die im Unterschied zu Vorgangsverben eine Intention des Handelnden voraussetzen (schreiben, aufhangen, graben).
Des Weiteren konnen Subklassen gebildet werden wie z. B. 'Bewegungsverben' (laufen, schreiten, fahren), 'verba dicendi' (berichten, sagen, erklaren), 'Verben der Transaktion' (geben, uberreichen, nehmen), oder nach zeitlichen Gesichtspunkten kategorisiert werden in 'durative Verben' (schlafen, bluhen) und 'perfektive Verben' (einschlafen, verbluhen).
Vollverben eroffnen aufgrund ihrer Bedeutung Leerstellen fur "Mitspieler" unterschiedlichen Typs (Valenz des Verbs) und bedingen so Anzahl und Art der Komplemente.

Ubung zum Thema Vollverb

Ubung: Vollverb oder Hilfsverb?

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