Besonderheiten der Fokuspartikel allein

Die Fokuspartikel allein weist gegenüber anderen restriktiven Fokuspartikeln wie ausschließlich, einzig (und allein), lediglich und nur einige Besonderheiten auf.

Außer als Fokuspartikel wie im ersten Beispiel hat es noch eine nicht integrierte Verwendung als Verknüpfer kommunikativer Minimaleinheiten in Nullposition wie im zweiten Beispiel. Die semantische Parallele zur Verwendung von nur ist deutlich: Die restriktive Bedeutung als Fokuspartikel geht bei nicht integrierter Verwendung in eine adversative über.

Allein du / du allein kannst mir helfen.
Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

In beiden Beispielen ist allein Ausdruck dessen, dass alle Alternativen zum Referenten seiner Fokuskonstituente bezüglich der durch den Satzrest ausgedrückten Prädikation auszuschließen sind.

Anders als die anderen nicht vorfeldfähigen Adverbkonnektoren vom Typ restriktive Fokuspartikel kann allein nicht nur unmittelbar vor, sondern auch nach seiner Fokuskonstituente stehen. Außerdem kann es einen stärkeren Akzent als seine Fokuskonstituente tragen, wenn es auf diese folgt und mit dieser zusammen auf den Rest des Trägersatzes folgt. Auch hierin unterscheidet es sich von den anderen restriktiven Fokuspartikeln.

Der Mensch lebt nicht von Brot allein.
Mit dem guten Willen allein ist es nicht getan.

Eine weitere Besonderheit von allein im Rahmen der restriktiven Fokuspartikeln illustrieren folgende Sätze:

Boxen ist natürlich nicht ungefährlich. Sechs Leichtverletzte gab es allein beim letzten Kampf.
Arbeitsplätze in der pyrotechnischen Industrie: In Deutschland sind es allein an die siebentausend.
Allein 124 Tierarten sind ausgerottet worden.

In diesen Beispielen ist allein nicht durch eine andere restriktive Fokuspartikel zu ersetzen, das heißt, es ist nicht Ausdruck eines Ausschlusses von Alternativen zum Fokus bezüglich des Hintergrunds. Vielmehr soll in diesen Sätzen zum Ausdruck gebracht werden, dass es außer dem Denotat der Fokuskonstituente noch weitere Alternativen gibt, die hier gar nicht in Betracht gezogen worden sind, weil das Denotat der Fokuskonstituente von allein im gegebenen Zusammenhang schon genügt. Métrich et al. 1993 unterscheiden diese Bedeutung als allein "évaluatif" von allein "exclusif". Damit in einem Satz ein "allein évaluatif" vorliegen kann, muss der Satz eine Quantifikation ausdrücken.

Kann man dann die Annahme einer einheitlichen Bedeutung der Fokuspartikel allein rechtfertigen?

Im folgenden Beispiel negiert die Bedeutung von allein die Existenz denkbarer Alternativen zum Denotat der Fokuskonstituente bezüglich der Hintergrundinformation von diese Besonderheit findet man in. Die Satzbedeutung ist das, worauf sich ein nachfolgender Kommentar wie Das ist nicht wahr! beziehen kann

Diese Besonderheit findet man allein in Deutschland.
Diese Besonderheit findet man in Deutschland allein.

'Diese Besonderheit findet man in Deutschland.' (Satzproposition)
Es gibt kein anderes Land als Deutschland, in dem man diese Besonderheit findet.

Einen solchen Bedeutungsbeitrag leistet allein im nächsten Beispiel nicht. Hier würde sich ein Kommentar wie Das ist nicht wahr! nur auf In Deutschland fehlen Millionen Arbeitsplätze beziehen, nicht auch auf allein. Ebenso könnte allein hier nicht im Skopus einer Negation liegen. Die Bedeutung von allein negiert hier nicht die Existenz von Alternativen zum Denotat der unmittelbar auf allein folgenden Konstituente X bezüglich des vom Satzrest ausgedrückten Prädikats. Die Interpretation kann nicht eine Paraphrase der Bedeutung des allein-haltigen Satzes sein. Vielmehr ist sie die Beschreibung eines Aspekts der Interpretation, der dadurch zustande kommt, dass allein hier nicht wie im vorigen Beispiel einen Beitrag zur Satzproposition leistet, sondern vielmehr dieselbe in seinem Skopus hat, und zwar als ein spezifischer Typ von epistemischem Modus. Mit dieser Darstellung wird die Verbindung zur restriktiven Bedeutung deutlich. Die restriktive Funktion der Partikel, wie sie in einer Aussage steckt wie 'Der Sprecher zieht bezüglich der Quantität der im Satz beschriebenen Phänomene {allein/nur/nichts anderes als} das Denotat der auf allein folgenden Konstituente X in Betracht', wird in dieser Verwendung auf die epistemische Ebene gehoben.

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt in der EU ist dramatisch. Allein in Deutschland fehlen Millionen Arbeitsplätze.
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt in der EU ist dramatisch. In Deutschland allein fehlen Millionen Arbeitsplätze.

In Deutschland fehlen Millionen Arbeitsplätze.' (Satzproposition)
Es gibt andere Länder außer Deutschland, in denen Arbeitsplätze fehlen.

Da sich die durch diese beiden Beispiele illustrierten Gebrauchsweisen von allein auf eine restriktive Verwendung auf unterschiedlichen Ebenen der Äußerungsbedeutung von Sätzen zurückführen lassen, gehen wir bei allein von einem einzigen nicht vorfeldfähigen Adverbkonnektor mit einheitlicher Bedeutung aus. Diese umfasst dann auch den adversativen Gebrauch in Nullposition wie bei Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Dieser ist ebenfalls eine Restriktion auf nichtpropositionaler Ebene, und zwar etwa in dem Sinne, dass der Sprecher zum Ausdruck bringt, dass im Zusammenhang mit dem Redekontext nichts anderes relevant ist als das, was der auf allein folgende Satz ausdrückt, also auch die Bedeutung des vorangehenden Satzes nicht. Damit verfahren wir analog zur Bedeutungsanalyse von nur, das wir ebenfalls sowohl in seinem restriktiven als auch in seinem adversativen Gebrauch als Ausdruck derselben semantischen Relation betrachten.

Literatur in Auswahl

Altmann/Lindner 1979; Brauße 2000; Métrich 2003.


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Autor(en)
Eva Breindl
Bearbeiter
Elke Donalies
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