Indirektheitskontexte ohne Modalitätskomponente

Wenn jemand selbst eine Feststellung trifft, legt er sich ohne Wenn und Aber darauf fest, dass sich die Dinge so verhalten, wie er sagt. Weniger eindeutig ist die Lage, wenn jemand von der Feststellung eines anderen berichtet: Bringt er nur zur Kenntnis, was der andere gesagt hat, lässt aber offen, ob er sich der fremden Aussage anschließt, oder übernimmt er dessen Aussage? Grundsätzlich ist beides möglich, und da man als Sprecher in solchen Indirektheitskontexten auch ganz ohne zusätzliche Modalitätskomponente die Wahl hat zwischen Indikativ und Konjunktiv, liegt es nahe, hier mit der Wahl des Verbmodus mehr zu verbinden als Fragen des Stils.

Eine einfache Zuordnung scheint sich aufzudrängen.

  • Der Konjunktiv signalisiert den abgeschwächten Verbindlichkeitsanspruch, wie er für Indirektheitskontexte typisch ist.
  • Der Indikativ signalisiert die Übernahme des Verbindlichkeitsanspruch der Originaläußerung.

Dies ist allerdings so nicht haltbar, denn der Indikativ wird, wie immer wieder zu beobachten ist, durchaus auch in Indirektheitskontexten gebraucht, in denen der abgeschwächte Verbindlichkeitsanspruch 'Jemand sagt, dass dies und dies der Fall ist, aber ich lasse offen, ob ich das auch sage' zugrunde zu legen ist. Hier kommt es vielmehr darauf an, die systematische Disposition beider Modi mit ihren varietäten- und textbezogenen Verwendungsregularitäten in Zusammenhang zu bringen.


Zwei Verwendungstypen sind zu unterscheiden.

  1. Verwendungstypen, in denen Indirektheitskontexte explizit markiert werden und in denen den normativen Empfehlungen zum Umgang mit Indirektheit weitgehend gefolgt wird. Dieser Typ liegt vor in Textsorten der öffentlichen Kommunikation, insbesondere in massenmedialen Texten. Siehe Kontexte der öffentlichen Kommunikation.
  2. Verwendungstypen, in denen die Orientierung an normativ geregelten Verfahren zur Markierung von Indirektheit weitgehend unterbleibt. Dieser Typ liegt vor in nicht-öffentlicher, informeller Kommunikation, insbesondere in Alltagsdiskursen. Siehe Kontexte der Alltagssprache.

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Autor(en)
Gisela Zifonun, Bruno Strecker
Bearbeiter
Elke Donalies
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