Ein Determinativkompositum ist ein spezielles Kompositum. Es besteht immer aus zwei – mitunter komplexen – Wörtern oder Konfixen. Die zweite Einheit legt die Morphosyntax und Semantik des gesamten Wortes fest; die erste Einheit modifiziert lediglich die Semantik der zweiten Einheit.
Determinativkomposita sind hierarchisch strukturiert: Die zweite Einheit eines Determinativkompositums wie Burg in Sandburg wird Determinatum oder Grundwort genannt. Das Determinatum ist immer syntaktisch und semantisch übergeordnet; es legt die kategorielle und die sich aus dem Gebrauch im Kontext ergebende lexikalische Bedeutung des Kompositums fest. So bezeichnet Sandburg eine Burg. Deutsche Determinativkomposita sind immer rechtsköpfig.
Die erste Einheit wird Determinans oder Bestimmungswort genannt. Sie modifiziert die Bedeutung der zweiten Einheit. So determiniert Sand im Kompositum Sandburg die zweite Einheit Burg hinsichtlich deren Substanz: Sandburg bezeichnet eine Burg aus Sand.
Determinativkomposita können Nomina, Adjektive oder Verben sein, zum Beispiel Sandburg, zuckersüß, kaltschleudern. Sie werden aus Wörtern verschiedenster Wortarten sowie aus Konfixen zusammengesetzt. So gibt es – neben vielen weiteren Verbindungen – zum Beispiel Nomen-Nomen-Komposita (Sandburg), Konfix-Nomen-Komposita (Thermojacke), Adjektiv-Nomen-Komposita (Süßkartoffel), Nomen-Adjektiv-Komposita (geheimnisvoll) und Verb-Adjektiv-Komposita (lernbegierig).
Besonders nominale Determinativkomposita sind schon früh belegt, zum Beispiel althochdeutsch âbandopfar, mittelhochdeutsch âbentsunnenschîn (woerterbuchnetz.de). Siehe auch Raag (2016).
Speziell Determinativkomposita sind in ihrer Länge weniger restringiert als andere Komposita, zum Beispiel Beutelrattenlattengitterkotterhottentottenstottertrottelmutterattentäter (Adamzik 2004, S. 148). Siehe auch Knobloch (1978), Trageser (1996) und zur nicht existenten „Gefahr durch lange Wörter“ Augst (2001).
Determinativkomposita sind vor allem semantisch zu unterscheiden von Kopulativkomposita. Untertypen des Determinativkompositums sind das endozentrische und das exozentrische Kompositum.
a | alliu die iener sint. diu uurfe du imo under fuozze ... Kefugele unde merefischa. | (Notker 11.Jahrhundert, AWB 2015, Bd. 6, Sp. 476) |
b | […] das Meer aus burgunderroten, kastanienbraunen und primelgelbenLaubbäumen […] | (Larsen, Reif (2009): Die Karte meiner Träume. Roman. Aus dem Amerikanischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Frankfurt: Fischer, S. 228) |
c | Ein Schwarm Krächzvögel flog dem fernen Wald zu. Grober Spott lag in ihren Stimmen. | (Lewitscharoff, Sibylle (2013): Blumenberg. Roman. Frankfurt: Suhrkamp, S. 78f.) |
d | Mit Slimène, dem Bisweilen-Ehemann, beschloss sie, Selbstmord zu begehn. Mit Pistolen und Absinth wollten sie unterm Wüstenhimmel ihr Leben beenden. | (Altmann, Andreas (2017): Gebrauchsanweisung für das Leben. München: Piper, S. 68) |
Die Determinativkomposition ist im Deutschen neben der expliziten Derivation das meistgenutzte Wortbildungsverfahren. Beide sind vor allem semantisch analog. Von der expliziten Derivation unterscheidet sich die Determinativkomposition aber morphologisch dadurch, dass mindestens zwei Wörter und/oder Konfixe kombiniert werden, zum Beispiel Sand(1)burg(2), Thermo(1)jacke(2), während bei der expliziten Derivation nur ein Wort oder Konfix mit einem Affix abgeleitet wird, zum Beispiel sand(1)ig, Therm(1)ik.
hypotaktisches Kompositum
composé déterminatif (französisch), composto determinativo (italienisch), (determinativkompositum) (norwegisch), złożenie determinatywne (polnisch), alárendelő szóösszetétel (ungarisch)