Negationspartikel

ung. tagadószó, tagadó partikula

Negationspartikel im Überblick

Die Negationspartikel nicht bzw. Kombinationen damit wie gar nicht, überhaupt nicht hat ähnliche Eigenschaften wie die Fokuspartikeln, sie verändert aber im Unterschied zu diesen immer den Wahrheitswert des Satzes, auf den sie angewendet wird: die Weglassung oder Hinzufügung einer Negationspartikel kehrt den Wahrheitswert um.

andere Bezeichnungen und Zuordnungen

Negation, Verneinungswort

Beispiele

Wir hatten nicht gewusst, dass man sich für die Kantine eintragen muss.
[Harry Rowohlt, 1998 in SWR1: Leute]

Großmutter weer, war in ihrem ganzen Leben noch nicht krank gewesen.
[Proben deutscher Mundarten (Phonai Bd. 5, I/3822, Südtondern)]

Nein, die Kollegen bei der Tagesschau, die wird das mit Sicherheit überraschen. Die wussten das na .., die wissen das eigentlich bis heute nicht, es sei denn, sie haben das Buch schon gelesen.
[Jörg Wontorra, 1997 in SDR3: Leute]

Und wenn Sie jetzt anfangen zu spekulieren, was wird sein, wenn wir unser Ziel nicht erreicht haben, machen Sie einen Fehler.
[Wolfgang Schäuble, 1998 in SWR1: Leute]

syntaktische Eigenschaften

Die Negationspartikel hat als Bezugsbereich (Skopus) stets den gesamten Satz. Bezugsausdruck ist, was im Satz hervorgehoben (fokussiert) ist. Der Fokus kann je nach der beabsichtigten Kontrastierung variieren.

Die Gebrüder Grimm haben 1997 die dreibändige Grammatik des Englischen herausgegeben.

Nicht die Gebrüder Grimm haben die dreibändige Grammatik des Englischen herausgegeben (sondern andere).

Die Gebrüder Grimm haben nicht die Grammatik des Englischen herausgegeben (sondern die des Deutschen).

Die Gebrüder Grimm haben die Grammatik des Englischen nicht herausgegeben (sondern entworfen).

Die Negationspartikel bildet nur in sehr eingeschränktem Maße formelhaft verfestigte Phrasen: aber schon gleich ganz und gar nicht. Sie kann nicht als Antwort auf Fragen verwendet werden - dafür gibt es im Deutschen das Responsiv nein.

Die ungarische Negationspartikel nem fällt formal mit dem negativen Responsiv zusammen. Wenn das Wort nem einen ganzen Satz bildet, wird es als Responsiv interpretiert, wenn es in einen Satz integriert wird, ist es Negationspartikel. Sowohl im Deutschen, als auch im Ungarischen lässt sich die Hauptregel für die syntaktische Stellung der Negationspartikel dadurch bestimmen, dass die Negationspartikel dem negierten Ausdruck, oder bei sog. kontrastiver Negation den durch die Negation hervorgehobenen Ausdruck vorangeht. Das ist wohl eine allgemeine Tendenz in den natürlichen Sprachen in Bezug auf die Negation. Da Negation eine logische Operation darstellt (vgl. auch den nächsten Abschnitt), und da logische Operationen am einfachsten so durchgeführt werden können, dass ein Operatorausdruck vor dem durch die Operation betroffenen Ausdruck die durchzuführende Operation markiert, besteht in den natürlichen Sprachen die Tendenz, dass Operatoren, so auch die Negatoren, ihrem Bezugsbereich vorangehen. Im Deutschen gibt es jedoch aus Gründen der grammatischen Determinationen der Wortstellung mehrere Ausnahmen. Die Negationspartikel kann z. B. innerhalb der Nominalphrase vor einem Genitivattribut nicht stehen. Deshalb steht es in einem der vorangestellten Beispielsätze vor der Nominalphrase, obwohl sie sich nicht auf die ganze Nominalphrase bezieht, sondern nur auf das Genitivattribut:

Die Gebrüder Grimm haben nicht die Grammatik des Englischen herausgegeben. Nicht aber: * Die Gebrüder Grimm haben die Grammatik nicht des Englischen herausgegeben.

Der Bezugsbereich der Negationspartikel, dass es also nicht um eine englische, sondern um eine deutsche Grammatik geht, wird mit der besonderen kontrastiven Betonung des Gentitivattributes markiert. Ferner kann die deutsche Negationspartikel auch nicht zwischen dem Vorfeldelement und dem Finitum stehen:

*Ich nicht lese dieses Buch. *Klaus nicht geht zur Schule.

Wenn in diesen Fällen eine neutrale Satznegation ohne kontrastierende Komponente markiert wird, steht die Negationspartikel an der letzten, oder - bei adverbialen Komplementen - an der vorletzten Stelle:

Ich lese dieses Buch nicht.
Klaus geht nicht zur Schule.

Die kontrastive Negation wird mit einer besonderen kontrastiven Betonung markiert:

Ich lese dieses Buch nicht, sondern ich schreibe es.
Klaus geht nicht zur Schule, sondern er fährt dorthin.
Klaus geht nicht zur Schule, sondern an die Uni.

Da die ungarische Wortstellung unter grammatischem Aspekt wesentlich freier ist als die deutsche, gibt es im Grunde keine derartigen grammatischen Begrenzungen für die Stellung der Negationspartikel. Die Negationspartikel steht im Ungarischen immer vor dem negierten Ausdruck:

Nem Klaus ment tegnap iskolába.
Nicht Klaus ging gestern zur Schule.

Klaus nem ment tegnap iskolába.
Klaus ging gestern nicht zur Schule.

Klaus nem tegnap ment iskolába.
Klaus ging nicht gestern zur Schule.

Klaus tegnap nem iskolába ment.
Klaus ging gestern nicht zur Schule.

Nem Éva könyvét olvasom, hanem Gergőét.
Ich lese nicht das Buch von Eva, sondern das von Gergő.

Die ungarische Negationspartikel selbst kann also vor jeder Konstituente stehen, abhängig davon, was eigentlich negiert wird. Der negierte Ausdruck wird aber durch die Negation auch fokussiert. Für den Satzfokus gibt es im Ungarischen eine wichtige Stellungsregel (das ist zugleich die stärkste Regel in der sonst ziemlich freien ungarischen Wortstellung), dass der Satzfokus stets vor dem finiten Verb steht, es sei denn, das Finitum sei selber fokussiert. Anders gesagt: Die Stellung der Negationspartikel selbst ist im Ungarischen grammatisch weitgehend frei, die Stellung des negierten Ausdrucks jedoch nicht. Die Negationspartikel legt die Position ihres Bezugsausdruck auf die Stelle vor dem Finitum fest. Da die Stelle des Satzfokus festgelegt ist, ist die Funktion der Satzbetonung im Ungarischen weniger wichtig, die betonte Silbe hebt sich akustisch von ihrem Hintergrund oft auch nicht so deutlich ab wie im Deutschen.

Wenn jedoch die Negationspartikel vor dem Finitum steht, ergeben sich zwei Interpretationen: Entweder wird das Finitum kontrastiv negiert, oder liegt eine neutrale Satznegation vor. Hier entscheidet auch im Ungarischen die Satzbetonung. Bei kontrastiver Negation wird das finite Verb stäker hervorgehoben. Im Falle von Präfixverben ist auch die Stelle des Verbpräfixes oft ein Unterscheidungsmerkmal (bei betontem Verb vor dem Verb, bei unbetontem hinter dem Verb):

Péter nem olvasta el a könyvet.
Peter hat das Buch nicht gelesen.

Péter nem elolvasta, csak átolvasta a könyvet.
Peter hat das Buch nicht gelesen, sondern nur durchgelesen.

semantische und funktionale Eigenschaften

Die Funktion der Negationspartikel ist es, Äußerungen zu negieren. Die Negation ist eine logische Operation, sie kehrt den Wahrheitswert eines Satzes um.
Die Funktion der Negation kann im Deutschen durch ein breites Spektrum anderer sprachlicher Ausdrücke realisiert werden:

Auch im Ungarischen kann die Operation der Negation außer der Negationspartikel mit anderen Negationsausdrücken, und zwar mit Negationsartikeln (semelyik, semmilyen), mit negativen Pronomina (senki, semmi usw.) und mit negativen Adverbien (sehol, semmikor, semmiért usw.) ausgedrückt werden. Diese Ausdrücke, die im Deutschen allein zum Ausdruck der Negation ausreichen, werden im Ungarischen (wie etwa auch im Italienischen oder im Russischen) stets mit der Negationspartikel kombiniert. Im Ungarischen liegt also doppelte Negation vor:

Semmilyen képet nem láttam.
Ich habe keinerlei Bilder gesehen.

Senki nem jött.
Niemand ist gekommen.

Sehol nem találom a táskám.
Ich finde meine Tasche nirgends.

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