Adverb
- Adverb im Überblick
- morphologische Eigenschaften
- syntaktische Eigenschaften
- semantische und funktionale Eigenschaften
- Subklassen
Adverb im Überblick
Wenn ein Adverb im Deutschen die Erweiterung eines Nomens ist, spricht man von einem adverbialen Attribut:
Die Vorlesung gestern war hochinteressant. (Vgl. → die gestrige Vorlesung)
Im Ungarischen sind solche adverbiale Attribute nicht üblich. Statt dessen wird im Ungarischen meistens ein Partizip als Hilfswort benutzt, dessen Erweiterung das Adverb ist:
A tegnap tartott / tegnap rendezett előadás nagyon érdekes volt.
Zu den Erweiterungsmöglichkeiten der deutschen und der ungarischen Nomina vgl. die Einheit Nominalphrase.
andere Bezeichnungen und Zuordnungen:
Umstandswort, Umstandsbezeichnung, Beiwort.
Sowohl in der
Ausgliederung als auch in der Untergliederung der Klasse Adverb differieren Grammatiken erheblich.
Besonders uneinheitlich wird das Verhältnis von Adverbien zu Partikeln beschrieben. In manchen Darstellungen werden Adverbien als eine von
vielen Subklassen von Partikeln betrachtet. In diesen Darstellungen wird der Terminus 'Partikel'
aber auch in einem weiten Sinne des Wortes benutzt und umfasst alle unflektierbaren Wörter. Ferner
gibt es Grammatiken, die zwischen Adverbien und Modalwörtern unterscheiden. In der Grammatik von
Helbig/Buscha werden z.B. Wörter, die subjektive
Bewertungen des Sprechers darstellen wie natürlich,
wahrscheinlich, leider usw. nicht zu den Adverbien, sondern zu
den Modalwörtern gerechnet.
Ob man Adverbien, Modalwörter oder Partikeln unterscheidet, hängt auch von den allgemeinen Grundlagen der Wortartklassifizierung und von den gewählten Kriterien ab. Wortarten können nämlich nach verschiedenen Kriterien unterschieden werden und je nach Kriterium kommt man – besonders im Bereich der unflektierbaren Wörter – zu anderen Wortarten (vgl. daz ausführlicher die Einheit Begründung der Wortarten-Klassifikation). In der vorliegenden Grammatik werden Adverbien und Partikeln konsequent unterschieden. Sie weisen nämlich den Unterschied auf, dass Adverbien auf der ersten Satzgliedstelle im Aussagesatz, d.h. im Vorfeld stehen können, während Partikeln dazu nicht fähig sind. Mit anderen Worten verfügen Adverbien über einen Satzgliedwert, Partikeln nicht:
Klaus kommt heute. → Heute kommt Klaus. (Adverb)
Nicht aber: Klaus kommt ja. → *Ja kommt Klaus. (Partikel)
Der Unterschied zwischen den Modalwörtern und den Adverbien ist nicht mehr so eindeutig, auf der syntaktischen Oberfläche verhalten sie sich ähnlich:
Klaus kommt wahrscheinlich. → Wahrscheinlich kommt Klaus.
Aus diesem Grund werden Modalwörter in dieser Grammatik von den Adverbien nicht abgegrenzt, die Wörter wie wahscheinlich, vermutlich, vielleicht, leider, bedauerlicherweise usw. bilden nur eine semantische Klasse der Adverbien.
Die Abgrenzung der Adverbien, Modalwörter und Partikeln ist im Ungarischen noch schwieriger als im Deutschen, weil im ungarischen Satz der Satzgliedwert eines Wortes nicht mit Hilfe des Kriteriums der Vorfeldfähigkeit getestet werden kann. Im ungarischen Satz gibt es kein Vorfeld, wo immer nur ein Satzglied stehen kann. Die Modalwörter (ung.: módosító szó) unterscheiden sich von den Adverbien (ung.: határozószó) auch im Ungarischen in erster Linie semantisch, in vielen ungarischen Grammatiken werden sie deshalb auch als eine semantische Subklasse der Adverbien betrachtet. Die Partikeln (ung.: partikula) werden nur in den neuesten ungarischen Grammatiken von den Adverbien unterschieden. In diesen Darstellungen hben sie keinen Satzgliedwert, sondern sind anorganische Teile des Satzes und können demnach auch nicht erfragt werden. (Vgl. dazu ausführlicher in der Einheit Partikel.)
Der Terminus 'Adverb', der eine Wortart bezeichnet und immer die Kategorie
eines Wortes darstellt, wird oft mit dem Terminus Adverbiale verwechselt, der eine syntaktische Funktion bezeichnet. In älteren
Grammatiken wurden 'Adverb' und 'Adverbiale' noch nicht konsequent auseinandergehalten. Die
besonders enge Beziehung der beiden Termini zueinander erklärt sich damit, dass Adverbialia
prototypisch mit Adverbien ausgedrückt werden und Adverbien die Primärfunktion haben, Adverbialia
auszudrücken. Doch müssen die beiden Termini auseinandergehalten werden, weil sie nicht auf der
gleichen Beschreibungsebene liegen. Adverb ist immer die Kategorie eines Wortes, während eine
Adverbiale (z. B. eine Lokalbestimmung, eine Temporalbestimmung usw.) nicht nur mit einem Adverb,
sondern auch mit einer Mehrworteinheit, mit einer Phrase (z.B. mit einer Präpositionalphrase) ausgedrückt werden kann.
Ein besonderes Problem für die deutsche Grammatikschreibung stellen die adverbial gebrauchten Adjektive dar, z.B. (sie fährt schnell). In manchen Grammatiken (z. B. bei Helbig/Buscha) werden sie zu den Adverbien gerechnet, weil sie mit einem Adverb ersetzt werden können: Sie fährt schnell/dorthin. In ProGr@mm wird jedoch dafür plädiert, dass sie weiterhin Adjektive bleiben. (Vgl. dazu die Einheit Adverb oder adverbial gebrauchtes Adjektiv?) Im Ungarischen werden adverbial gebrauchte Adjektive mit einem Adverbialsuffix versehen (z.B. gyors → gyorsan), auch für die ungarische Grammatik ist es jedoch eine Frage, ob diese suffigierten Formen eine Wortform des Adjektivs oder schon ein Adverb darstellen. Siehe hierzu ausführlicher die kontrastive Beschreibung Adjektive und Adverbien im Ungarischen.
Bestand und Beispiele:
gern, dort, gestern, anders, kopfüber, hierher, darauf, landeinwärts, leider, wann ...
Der Eisvogel stürzt sich gern kopfüber
in die Fluten.
Gestern abend war keiner
daheim.
Wir haben leider schon zu.
Der Turm hier stammt aus dem 15. Jahrhundert.
morphologische Eigenschaften
Adverbien sind unflektierbar und mit Ausnahme von oft, gern und bald nicht komparierbar.
syntaktische Eigenschaften
Adverbien können im Unterschied zu Partikeln allein im Vorfeld stehen und selbständige Antworten auf W-Fragen bilden.
Adverbphrasen sind (in eingeschränktem Maße) ausbaubar: mit Intensitätspartikeln sehr gern, ganz anders, völlig erwartungsgemäß; oder als Adverbial-Kombinationen dort hinten neben dem Nussbaum, hoch oben in den Bergen in der Carabinieri-Station, weit hinein, dort entlang.
Sie fungieren prototypisch als adverbiale Supplemente: als Verbgruppenadverbialia (eilends eintreffen, unverrichteterdinge nach Hause gehen, sich kopfüber ins Wasser stürzen, krankheitshalber ausfallen) oder Satzadverbialia (Leider / glücklicherweise / dummerweise ist der Präsident eine Frau.). Sie können aber auch Adverbialkomplemente zu bestimmten Verben sein, in deren Valenzrahmen eine Stelle für einen adverbialen Mitspieler vorgesehen ist (Sie fährt dorthin.). Adverbphrasen kommen auch als nachgestellte Attribute in Nominalphrasen (die langweilige Besprechung gestern) vor.
Adverbialsupplement | Nachts schlafen die Ratten. Dort sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht. Sicher guckt wieder kein Schwein. |
Adverbialkomplement | Für eine Zigarette gehe ich überallhin / meilenweit. Die Sitzung findet morgen statt. Hier muss ein ganzes Nest sein. Das war doch erst gestern. |
Attribut | das Haus dort diese Geschichte gestern |
Adverb oder adverbial gebrauchtes Adjektiv?
Übung zum Adverb und seinen syntaktischen Funktionen
semantische und funktionale Eigenschaften
Die prototypische Funktion von Adverbien darin besteht, ein Geschehen, einen Gegenstand oder einen Sachverhalt semantisch zu modifizieren. Die Art der Modifikation oder Spezifikation richtet sich nach den semantischen Eigenschaften des Adverbs: räumliche Spezifikation (oben liegen), zeitliche (die Aufführung morgen), konzessive (trotzdem nicht den Mut verlieren), modale (blindlings in sein Unglück rennen) usw.
Auch die ungarischen Adverbien können auf ähnliche Weise morphologisch, syntaktisch und semantisch-funktional charakterisiert werden. Dabei ergeben sich nur geringfügige Unterschiede zu den deutschen Adverbien.
Ungarische Adverbien können auch nicht konjugiert oder dekliniert werden. Manchmal können sie doch Endsuffixe aufnehmen, mit denen die adverbiale Relation geändert oder verdeutlicht wird:
lentről ('von unten'), felülre ('nach oben'), sokáig ('lange').
Viele ungarische Adverbien können kompariert werden (sie haben also Grundsuffixe):
közel – közelebb – legközelebb ('nahe – näher – am nächsten'), távol – távolabb – legtávolabb('fern – ferner – am fernsten')
Wenn man also deutsche und ungarische Adverbien hinsichtlich ihres morphologischen Verhaltens vergleicht, sieht man, dass deutsche Adverbien grundsätzlich nicht flektierbar sind, ungarische dagegen beschränkt endsuffigierbar und grundsuffigierbar. (In der Einheit 'Flexionsmorphologie' wird gezeigt, dass im Ungarischen, da es eine agglutinierende Sprache ist, nicht von Flexion gesprochen werden kann, sondern von Grund- und Endsuffigierung.) Dieser Unterschied kann damit erklärt werden, dass deutsche Adverbien im Satz mit Präpositionen kombiniert werden können. Die Funktionen der deutschen Präpositionen werden im Ungarischen vor allem mit Endsuffixen erfüllt.
Das syntaktische Verhalten der ungarischen Adverbien ähnelt dem deutscher Adverbien. Auch sie sind meistens Supplemente oder Komplemente. Sie werden jedoch nicht als Attribute benutzt:
Adverbialsupplement | Éjszaka alszanak a patkányok. Biztosan megint senki nem fog benézni. |
Adverbialkomplement | Egy cigarettáért bárhová / kilométerekre is
elmegyek. Itt egy egész fészeknek kell lennie. De hiszen ez csak tegnap történt. |
In gängigen ungarischen Grammatiken werden Adverbien meistens semantisch-funktional klassifiziert. Die wichtigsten Klassen sind die lokalen (itt ('hier'), balra ('links'), felülről ('von oben') usw.), die temporalen (alkalmanként ('gelegentlich'), holnap ('morgen'), nappal ('tagsüber') usw.), die modalen (joggal ('mit Recht'), örömest ('gern'), titokban ('insgeheim') usw.), die maßbezeichnenden (nagymértékben ('größtenteils'), kimondottan ('ausgesprochen') usw.) sowie die Zustandsadverbien (együtt ('gemeinsam'), egyedül ('allein'), veszteg ('ruhig') usw.).
Subklassen
Adverbien können nach ganz verschiedenen Kriterien subklassifiziert werden. Es können sich dabei einander überschneidende Klassen ergeben. Je nach Untersuchungsziel können formale, semantische oder syntaktische Kriterien zugrunde gelegt werden.