Stellungsverhalten der Ausdrucksmittel von Diktumsgraduierungen

Den Fokuspartikeln und fokusbezogenen Ausdruckssequenzen, mit denen Diktumsgraduierung vorgenommen werden können, kommt in kommunikativen Ausdruckseinheiten keine autonome Position zu, was sich - von wenigen erklärbaren Ausnahmen abgesehen - auch darin äußert, dass sie in Sätzen des Aussagesatztyps nicht allein vor dem finiten Verb auftreten können:

Für ein Ausdrucksmittel, mit dem eine Operation auszuführen ist, die sich auf Dikta insgesamt auswirken kann, mag dies auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, doch wird es verständlich, wenn man in Rechnung stellt, dass eine Diktumsgraduierung nicht nur pauschal ein Diktum betrifft, sondern sich darüber hinaus auf einen eigens hervorgehobenen Aspekt dieses Diktums bezieht. Um den Bezug der Graduierung auf diesen besonderen Aspekt für einen Leser oder Hörer nachvollziehbar zu gestalten, stehen grundsätzlich diese Mittel zur Verfügung:

• Betonung
• Positionierung

Da die Betonungsverhältnisse standardmäßig schriftlich nicht wiedergegeben werden und selbst in mündlicher Rede oft nicht hinreichend deutlich realisiert werden, muss sich die Fokussierung, mit der bei einer Diktumsgraduierung ausdrucksseitig der hervorzuhebende Aspekt des Diktums anzuzeigen ist, wesentlich auf die Positionierung der Fokuspartikel oder der fokusbezogenen Ausdruckssequenz in der linearen Wortfolge stützen.

Die Positionierung eines Ausdrucksmittels für eine Diktumsgraduierung in einer kommunikativen Ausdruckseinheit hat sich an zwei Vorgaben zu orientieren:

1. Welches Element der kommunikativen Ausdruckseinheit kann und soll fokussiert werden?
2. Welche Positionen in der linearen Abfolge können oder müssen Fokuspartikeln und fokusbezogenen Ausdruckssequenzen relativ zu einem gegebenen Fokuselement einnehmen?

Eine Bestimmung dessen, was in einer kommunikativen Ausdruckseinheit fokussiert werden kann, ist nicht in einigen wenigen Sätzen zu geben. Sie ist Gegenstand der Einheit Skopus und Fokus von Diktumsgraduierungen. Hier zur ersten Orientierung - noch ohne Diktumserweiterung - einige Beispiele, in denen jeweils der fokussierte Ausdrucksbereich farbig hinterlegt und die Silbe als betont markiert wurde, die in mündlicher Rede den Fokusakzent zu tragen hätte:

Wie sich bei diesen Beispielen zeigt, sind keineswegs beliebige Wörter und Wortfolgen fokussierbar. Bei normaler Verwendung nicht fokussierbar sind alle Wörter, die allenfalls einen Kontrastakzent tragen können oder nur in Rückfragen zur Verständnissicherung hervorzuheben sind:

• Abtönungspartikeln
• Fokuspartikeln in diktumsgraduierender Funktion
• Relativ-Elemente
• Präpositionen
• Konnektoren
• Fragewörter aller Art
• definiter und indefiniter Artikel
• es in allen Verwendungen
• Hilfsverben
• Kopulaverben
• Nominalisierungs- und Funktionsverben

Fokussierbar sind andererseits in bestimmten Fällen auch Teile von Wörtern:

Um Fokuspartikeln oder fokusbezogene Ausdruckssequenzen, die zur Diktumsgraduierung verwendet werden sollen, so zu positionieren, dass ihr jeweiliger Fokus auch ohne starke Akzentuierung zu erkennen ist, sollten sie - mit einer Ausnahme - in Sätzen des Aussagesatztyps, soweit dies möglich ist, unmittelbar bei dem fokussierten Ausdrucksbereich platziert werden. Man spricht in diesem Fall von einer adjazenten Stellung, die grundsätzlich links oder rechts vom Fokusbereich liegen kann. Eine Positionierung rechts des Fokusbereichs wirkt allerdings bei den meisten Fokuspartikeln und fokusbezogenen Ausdruckssequenzen etwas antiquiert.

Ausgenommen von dieser Regel ist allein der Fall, in dem ein als finites Vollverb in der Zweitstellung realisiertes minimales Prädikat selbst fokussiert wird. In diesem Fall ist eine Platzierung vor dem Fokusbereich ganz ausgeschlossen und eine Platzierung unmittelbar danach besser zu vermeiden, wenn auf das Verb noch Komplemente folgen, weil dabei selbst bei entsprechender Betonung noch die Gefahr bestünde, dass ein falscher Fokusbezug gesehen wird:

Im Fall der beiden großen Beispiel-Blöcke wären bei entsprechender Akzentuierung damit grundsätzlich diese Positionen möglich:

Wie bereits die Einschränkung soweit dies möglich ist vermuten lässt, sind die entsprechenden Positionen in der linearen Abfolge nicht immer zugänglich. Dabei sind drei Fälle zu unterscheiden:

1. Es kann sein, dass die Position unzulässig ist, weil die Einfügung einer Fokuspartikel oder einer fokusbezogenen Ausdruckssequenz die Phrase zerstören würde:

Position unmittelbar links des Kopfes einer Nominalphrase:

Position zwischen Verbgruppenadverbiale und Infinitiv oder Partizip II :

2. Es kann sein, dass die Position zwar grundsätzlich zugänglich wäre, sich bei entsprechender Positionierung jedoch eine Mehrdeutigkeit ergeben müsste, die vorzugsweise anders aufgelöst würde, als vom Sprecher bzw. Schreiber beabsichtigt:

Hier ist davon auszugehen, dass Leser bei normaler Schreibweise und Hörer selbst bei kräftiger Akzentuierung von Haus die Diktumsgraduierung auf das Mieten beziehen, nicht auf das Haus.

3. Es kann sein, dass die Position zwar für Fokuspartikeln und fokusbezogenen Ausdruckssequenzen zugänglich ist, jedoch zu einer Graduierung führt, die sich nicht auf die zentrale Proposition des Basisdiktums bezieht, sondern nur auf eine darin eingebundene Proposition:

Diktumsgraduierung innerhalb eines Teilsatzes:

Diktumsgraduierung innerhalb einer Infinitivkonstruktion:

Diktumsgraduierung in Nominalphrasen zwischen Artikel und pränominalem Attribut:

Diktumsgraduierung in Präpositionalphrasen unmittelbar nach Präposition und vor Artikel oder erstem Attribut:

Stellt man die unter (i) - (iii) genannten Beschränkungen in Rechnung ergeben sich zunächst einmal drei Positionen, an denen Ausdrücke für eine Diktumsgraduierung platziert werden können:

Position links der Phrase mit dem fokusbetonten Ausdruck

Diese Position kann bei nahezu allen Fokuspartikeln und fokusbezogenen Ausdruckssequenzen als Standard betrachtet werden. Ausnahmen bilden lediglich gar, das nur nachgestellt werden kann, und unter anderem, das in diktumsgraduierender Funktion vorzugsweise nachgestellt wird.

Position innerhalb einer Nominalphrase - nach deren Kopf:

fokusbetonter Ausdruck links:

fokusbetonter Ausdruck rechts:

Position rechts der Phrase mit dem fokusbetonten Ausdruck:

Fragen der Positionierung von Fokuspartikeln und fokusbezogenen Ausdruckssequenzen bei mehrfacher Diktumsgraduierung werden in der Vertiefungseinheit Mehrfache Diktumsgraduierung behandelt.