Abtönungspartikel
Mit der Äußerung Die Läden sind doch schon geschlossen! unterstellt zum Beispiel der Sprecher den Sachverhalt als bekannt, dass die Läden geschlossen sind. Abtönungspartikeln sind satzmodussensitiv, d.h. es bestehen Bindungen zwischen einzelnen Abtönungspartikeln und bestimmten Satzmodustypen, etwa dem Aussagesatz, dem Fragesatz und dem Aufforderungssatz. Abtönungspartikeln sind an das Mittelfeld gebunden, können keine Phrasen bilden und nicht erfragt werden. Sie können untereinander kombiniert werden: Du hast doch wohl nicht etwa Angst? Abtönungspartikeln sind großteils unbetont, einige dagegen müssen betont werden.
Beispiele
Unbetont vorkommende Abtönungspartikeln | aber,auch,bloß,denn,doch, eben, etwa, halt,ja ,mal, nicht,nur,ruhig, schon,überhaupt,vielleicht, wohl |
Betont vorkommende Abtönungspartikeln | ja, bloß, denn, doch, eh, ruhig, schon, überhaupt, wohl |
Hierher gehören auch landschaftlich geprägte Abtönungspartikel wie das süddeutsche fei und das norddeutsche man.
Andere Bezeichnungen und Zuordnungen
Modalpartikel, Satzpartikel, Einstellungspartikel, Existimator, Würzwort.
Über die Funktion der Abtönungspartikeln für den Diskurs sind sich Grammatiker weitgehend einig; je nach syntaktischer Beschreibung der Klasse weichen sie aber in der Zuordnung einzelner Einheiten voneinander ab, z.B. werden nur unbetonte oder keine vorfeldfähigen Einheiten hierher gerechnet.
Bei manchen Einheiten wie überhaupt, eigentlich, einfach, erst ist die Zuordnung unklar, da ihre abtönende Funktion im Mittelfeld von anderen Funktionen wie der Satzverknüpfungsfunktion der Konnektoren schwer zu unterscheiden ist. Entsprechend uneinheitlich werden diese Einheiten in der Partikelforschung behandelt.
Typisch für Abtönungspartikeln ist, dass sie großteils Homonyme in anderen Wortklassen haben, etwa in der Klasse der Adjektive, der Adverbien und der Fokus- und Konnektivpartikeln.
Morphologische Eigenschaften
Abtönungspartikeln sind unflektierbar.
Syntaktische Eigenschaften
Abtönungspartikeln bilden keine Phrasen, sind aber miteinander kombinierbar.
Ja da muss man sich doch einfach hinlegen.
Findest du das denn vielleicht schön?
Sie sind nicht durch w-Fragen erfragbar.
* Vielleicht.
Abtönungspartikeln sind an das Mittelfeld gebunden. Dort werden sie je nach Fokus verschieden positioniert.
Vor lauter Wut hat Lea ja gestern in ihrem Zimmer das gerade gemalte Bild in zwei Stücke gerissen.
Vor lauter Wut hat Lea gestern in ihrem Zimmer ja das gerade gemalte Bild in zwei Stücke gerissen.
Vor lauter Wut hat Lea gestern in ihrem Zimmerdas gerade gemalte Bild ja in zwei Stücke gerissen.
Sie sind großteils unbetont. Einige Abtönungspartikeln wie ja, bloß, doch treten auch als betonte Formen auf, haben dann aber eine andere Funktion und Distribution.
* Du spinnst ja!
Lass dich hier ja nicht wieder blicken!
* Lass dich hier ja nicht wieder blicken!
Abtönungspartikeln sind neben Verbgruppen- und Satzadverbialia ein dritter Typ von Supplementen. Mehr dazu in der Einheit Abtönungspartikeln als Supplemente.
Semantische und funktionale Eigenschaften
Abtönungspartikeln zielen auf Einstellungen des Sprechers und der Hörers und tragen dazu bei, Äußerungen in Handlungszusammenhänge zu integrieren. Auf diese Weise können sie auch gesprächssteuernd wirken. Mit einer Äußerung wie Du kennst doch die Mitzi versucht z. B. ein Sprecher einen Konsens mit dem Hörer herzustellen. Mit Findest du die etwa schön? legt er dem Hörer eine negative Antwort nahe.
Zwischen den einzelnen Abtönungspartikeln und bestimmten Satzmodi bestehen regelhafte Beziehungen. Abtönungspartikeln sind satzmodussensitiv. So kommt z. B. denn nur im Fragemodus vor. Betontes ruhig und ja kommt nur im Aufforderungsmodus vor.
Komm ruhig rein!
Lass ja die Finger davon!
Zusätzliche Literatur in Auswahl
Weydt 1969; Franz 2001; Thurmair 2001; Autenrieth 2005; Strecker 2006; Waltereit (2006); Diewald 2007.