Reflexiv-Pronomen

Das unveränderliche Reflexiv-Pronomen sich ist eine besondere Form des anaphorischen Bezugs, die den Rückbezug auf bereits eingeführte Gegenstände oder Personen in einem Satz erlaubt.

Der Bezugsausdruck ist dabei fast immer das Subjekt .

Hans wäscht sich.

Seltener ist das Akkusativkomplement der Bezugsausdruck .

Die Sanitäter brachten den Ohnmächtigen wieder zu sich.

Andere Bezeichnungen und Zuordnungen

Reflexivum, rückbezügliches Fürwort

Traditionell wird das Reflexiv-Pronomen in einem Paradigma mit drei Personen und zwei Numeri, evtl. noch differenziert nach den Kasus Akkusativ, Dativ und Genitiv angeführt. Wir dagegen gehen davon aus, dass die Sprecher- und Hörer-Pronomina so eindeutig verweisen, dass für sie spezielle Reflexivformen überflüssig sind. Für uns haben mich, mir, meiner, dich, dir, deiner, uns, unser, euch, euer als Sprecher- und Hörer-Pronomina auch eine reflexive Interpretation.

Morphologische Eigenschaften

Das Reflexivum sich hat eine identische Form für alle drei Genera, die Kasus Dativ und Akkusativ und für die Numeri Singular und Plural.

Syntaktische Eigenschaften

Das Reflexiv-Pronomen bezieht sich in den meisten Fällen auf das Subjekt, das heißt ist referenzidentisch mit dem Subjekt, seltener bezieht es sich auf das Akkusativkomplement oder eine Präpositionalphrase. Im letzten Beispiel ist Subjekt- und Objektbezug möglich.

Hans betrachtet sich im Spiegel.
Maria ließ Hans mit sich und seinen Zweifeln allein.
Der Psychiater sprach mit dem depressiven Patienten über sich und seine Probleme.

Bei bestimmten Verben muss die Argumentstelle des Akkusativkomplements oder des Dativkomplements obligatorisch mit einem Reflexiv-Pronomen (bzw. der reflexiven Lesart des Sprecher- oder Hörerpronomens) gefüllt sein (obligatorisch reflexive Verben). Das Reflexiv-Pronomen ist dann lexikalisch gefordert und kann nicht durch ein anderes Personalpronomen ersetzt werden.

Schämst du dich nicht?
* Schämst du sie nicht?
* Schämst du mich nicht?

Sie merkt sich keinen Satz mit mehr als 5 Wörtern.
* Sie merkt ihm keinen Satz mit mehr als 5 Wörtern.

Semantische und funktionale Eigenschaften

Das Reflexiv-Pronomen ermöglicht eine besondere Form der thematischen (anaphorischen) Fortführung eines bereits eingeführten Gegenstands, die den Rückbezug auf diesen erlaubt. Bei bestimmten Verben kann das Reflexiv-Pronomen auch reziprok interpretiert werden:

Paul und Paula küssen sich.
Die beiden küssen sich.
reziprok und nicht-reziprok interpretierbarnicht reziprok interpretierbar
Paul und Paula küssten sich.Paul und Paula verneigten sich.
Die beiden liebten sich.Die beiden schämten sich.
Die Kinder schlugen sich.Die Kinder freuten sich.

In solchen Fällen liegt ein symmetrisches Prädikat vor und der Bezugsausdruck ist eine koordinierte oder pluralische Nominalphrase. Dann kann statt des Reflexiv-Pronomens auch das Reziprok-Pronomen einander erscheinen.

Paul und Paula küssen einander.
Wie er es mit dem Kuß berührt hatte, schlug Dornröschen die Augen auf, erwachte, und blickte ihn ganz freundlich an. Da gingen sie zusammen herab, und der König erwachte und die Königin und der ganze Hofstaat, und sahen einander mit großen Augen an. (Dornröschen 1819. In: Kinder- und Hausmärchen, gesammelt von Jacob und Wilhelm Grimm. München 1978, 284)

Zusätzliche Literatur in Auswahl

Zifonun 2003; Wolf 2006; Siemund 2007.

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Autor(en)
Eva Breindl
Bearbeiter
Elke Donalies
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