Satz-Nomen- und Phrase-Nomen-Komposita
Morphosyntaktische Eigenschaften
Relativ unbeschränkt können Nomina mit Sätzen oder Phrasen zusammengesetzt werden. Vgl. Satz und Phrase.
(Reimann/Wolf 1993, 79)
mit diesem Ich-mach-aus-dir-Hackfleisch-Blick
(Spiegel 29/ 1994, 90)
das "Vorne-hui-hinten-egal"-Konzept
(Allegra 5/1995, 13)
Immer-schon-Fans
(die tageszeitung 13.7.1995, 28)
seit seinem Übernacht-Erfolg
(Cinema 10/ 1996, 28)
Augen-zu-und-durch-Politik
(Die Zeit 11.7.1997, 8)
Zur nominalen Komposition werden verschiedenste Typen von Sätzen und Phrasen als Ersteinheiten herangezogen.
Sätze | ihr Was-soll-das-denn-heißen-Geschrei |
Nominalphrasen | Grüne-Bohnen-Eintopf |
Verbphrasen | Palettenstapelmaschine |
Adjektivphrasen | Noch-nicht-ganz-Hochzeit |
Adverbphrasen | Immer-noch-Kanzler |
Präpositionalphrasen | Ohne-mich-Haltung |
Partikelkombinationen | sein unverschämtes Wohl-kaum-Gehabe |
Bei den Komposita mit Nominalphrasen sind besonders die Komposita mit Mengen-, Dimensions-, Wert und Zeitangaben häufig.
10-Zentner-Bombe
100-Quadratmeter-Grundstück
Zehn-Uhr-Nachrichten
Fünf-Gänge-Dinner
Hundert-Betten-Hotel
Hundertmarkschein
Außerdem gibt es Mischformen wie in Ihr globales-Kunden-Mitarbeiter-Lieferanten-Partner-Intra-Extra-Inter-Cross-Plattform-das-hier-ist-alles-viel-zu-kompliziert-eBusiness (Anzeige von Novell im Spiegel 41/2000, 130).
Eine Besonderheit sind Ersteinheiten wie in Vater-Tochter-Beziehung, Ost-West-Vertrag: Sie können keinesfalls als Komposita analysiert werden (das *Vater-Tochter, ein *Ost-West), sind aber auch keine Phrasen im eigentlichen Sinne (*Vater Tochter), sondern bestehen aus zwei gleichwertigen Phrasenteilen, die eigens für die Bildung eines Kompositums in ein appositionelles Verhältnis gestellt werden.
Grafie
Bei einigen nominalen Komposita mit unübersichtlichen Phrasen sollte zur Erleichterung für den Leser ein Durchkopplungsbindestrich gesetzt werden. Vgl. Besonderheiten der Kompositaschreibung.
ihr Dasdarfdochnichtwahrseingrinsen
Semantische Eigenschaften
Semantisch gesehen sind drei Haupttypen zu unterscheiden.
- Komposita wie eine Was-soll-denn-das-bedeuten-Frage oder Immer-feste-druff-Manier, "na-und"-Mentalität. Hier haben Sätze und Phrasen Zitatcharakter, das Nomen bezeichnet eine Äußerungsform, eine Haltung u.ä.
- Komposita wie Fünf-Gänge-Menü, Hundertmarkschein, bei denen Angaben zu Mengen usw. gemacht werden.
- Komposita wie Arzt-Patienten-Gespräch, Ost-West-Antipathien, bei denen die Phrase die Beteiligten an dem bezeichnet, was das Nomen bezeichnet. Das Nomen bezeichnet eine Interaktion im weitesten Sinne (Gespräch, Diskussion, Vertrag, Bund, Antipathie).