Die Form es und ihre Verwendungen

Die Form es hat mehrere Verwendungen:

  1. Anaphorisches Personalpronomen: das Mädchen - es
  2. Fixes es als semantisch leeres formales Subjekt, insbesondere bei Witterungs- und Existenzverben: es regnet
  3. Fixes es als semantisch leeres formales Akkusativkomplement: wie hältst du's mit der Religion?
  4. Expletives/Platzhalter- es zur Markierung des Vorfelds in Verbzweitsätzen: Es war einmal ein Mann...
  5. Korrelat zu einem Satz in Subjektfunktion: Was bedeutet es, dass...
  6. Korrelat zu einem Akkusativkomplement: Wer wagt es, zu tauchen.

Expletives-es, Korrelat-es und fixes es heißen zusammenfassend auch nicht-phorisches es.

1. Anaphorisches Personalpronomen

Als anaphorisches Personalpronomen referiert es auf eine Nominalphrase im Neutrum (1, 3) oder auf einen durch einen Satz ausgedrückten Sachverhalt (2, 4). Es kann die Funktion des Subjekts (1, 2) oder des Akkusativkomplements (3, 4) haben.

(1) "Wenn ein Mädchen nicht verheiratet ist, sollte es zumindest einen festen Freund haben", meint Antje (27) aus Hamburg. [Bild, 6.1.1967, S. 5.]
(2) "Willst du mir vielleicht doch verraten, warum du in den See gesprungen bist? Vielleicht erleichtert es dich?"
(3) Wer das neue Pril kennt, wird es zu schätzen wissen
(4) Gelegentlich spielt er Schach und er tut es mit großem Erfolg.

Es als anaphorischem Personalpronomen entspricht im Ungarischen das Personalpronomen ő (3. Person Singular), das im Nominativ und Akkusativ genusneutral auf Personen referiert. Für den Verweis auf Gegenstände und Sachverhalte verwendet das Ungarische die Form az. Für eine Nominalphrase oder einen durch einen Satz ausgedrückten Sachverhalt stehen im Ungarischen ebenfalls die unbetonten Formen az und ez. Man muss jedoch bemerken, dass im Gegensatz zum Deutschen die Verwendung von anaphorischen Elementen im Nominativ und Akkusativ im Ungarischen nicht notwendig ist, weil hier die Flexionsendung eindeutig auf die vorerwähnte Person oder den Gegenstand referiert.

Ha egy lány nincs is férjnél, legalább állandó barátja lehetne.
Wenn ein Mädchen nicht verheiratet ist, sollte es zumindest einen festen Freund haben.
Időnként sakkozik, és (ezt) sikerrel teszi.
Gelegentlich spielt er Schach und er tut es mit großem Erfolg.

2. Fixes es als semantisch leeres formales Subjekt

Das fixe es tritt bei vielen semantisch "nullstelligen" Verben und bei subjektlosen Konstruktionen auf. Es kann nicht als echtes Subjekt gelten.

Es regnet. Jedenfalls soll es heute regnen.

Es gibt nichts, was es nicht gibt.

Liste von Verben mit formalem Subjekt-es :

Im Gegensatz zum Deutschen wird im Ungarischen bei nullstelligen Verben und subjektlosen Konstruktionen kein formales Subjekt realisiert. Im Vergleich zum Deutschen verwendet das Ungarische kaum subjektlose Konstruktionen, jedoch erscheinen pronominale Subjekte nur in betonten Fällen im Satz, weil sie durch die Verbalendungen ausgedrückt werden.

Havazik.
Es schneit.
Rettentő rosszul van.
Ihr geht es entsetzlich schlecht.

3. Fixes es als semantisch leeres formales Akkusativkomplement

Ein semantisch leeres fixes es kann auch Akkusativkomplement sein.

Wie hältst du's mit der Religion?

Er könnte es weit bringen.

Falls du es auf den Kleinen abgesehen hast, bekommst du es mit mir zu tun!

Liste von Verben mit formalem Objekt-es:

- es gut (schlecht) mit jdm. haben
- es gut (schlecht) mit jdm. meinen
- es auf jdn./etw. abgesehen haben
- es auf etw. anlegen
- es sich mit jdm. verderben
- es bei etw. belassen
- es mit jdm./etw. zu tun bekommen

Im Gegensatz zum Deutschen erscheint im Ungarischen kein formales Akkusativkomplement. Der Grund dafür ist, dass bei den ungarischen Entsprechungen der deutschen Verben mit Objekt-es das Akkusativkomplement nicht realisiert wird.

Még sokra viheti.
Er könnte es weit bringen.

4. Expletives/Platzhalter-es zur Markierung des Vorfelds

Das expletive es besetzt als "Platzhalter" für eine andere Einheit (meist ein ins Satzinnere oder ans Satzende gerücktes Subjekt) die im Aussagesatz strukturell notwendige Vorfeldstelle. Es ist eine reine Stellungseinheit und kein Komplement. Tritt eine andere Einheit ins Vorfeld, kann es nicht mehr auftreten. Auch beim subjektlosen Passiv tritt dieses expletive es auf, wenn das Vorfeld nicht anderweitig besetzt ist.

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach. Die Mühle am rauschenden Bach klappert.

Es darf gelacht werden! Hier darf wohl gelacht werden. Gelacht werden darf ja wohl noch.

Im Gegensatz zum Deutschen verfügt das Ungarische über kein Platzhalterelement. Da die ungarische Wortstellung im Vergleich zu der des Deutschen frei ist, können alle Satzglieder das Vorfeld besetzten. Fokussierte Satzglieder stehen unmittelbar vor dem finiten Verb, das im Normalfall am Satzende steht (vgl. Forgács (2007: 428)).

5. Korrelat-es zu einem Satz in Subjektfunktion

Das es in Korrelatfunktion weist im Vorfeld oder Mittelfeld auf einen extraponierten Satz in Subjektfunktion voraus. Dabei handelt es sich nicht um eine echte Besetzung einer Komplementstelle. Dieses Korrelat-es kann obligatorisch oder fakultativ sein und verschwindet nicht automatisch, wenn ein anderes Element als der Subjektsatz ins Vorfeld tritt.

Es war seine Überzeugung, dass es des Königs Aufgabe sei, "die Kirche zu regieren und zu verteidigen" (...)
[Pörtner 1964, 238]
Seine Überzeugung war (es), dass ...
Die Kirche zu regieren und zu verteidigen ist des Königs Aufgabe.

6. Korrelat-es zu einem Akkusativkomplement

Als Korrelat kann das es auf unterschiedliche Realisierungen eines Akkusativkomplements vorausweisen.

Er findet es gut, dass du kommst.

Wer wagt es, auf die Bühne zu kommen?

Als Korrelat für einen Subjektsatz steht im Ungarischen az, für ein Akkusativkomplement azt. Beide können im Vor- oder Mittelfeld stehen. Im Mittelfeld können sie stets verschwinden. Im Vorfeld können Korrelate in betonter Verwendung jedoch nicht weggelassen werden.

Az a jó, hogy már nem fáj a hasam. (betont)
Es ist gut, dass ich keine Bauschschmerzen mehr habe.
Jó, hogy már nem fáj a hasam. (unbetont)
Es ist gut, dass ich keine Bauschschmerzen mehr habe.
Péter (azt) állítja, hogy elég pénze van.
Peter behauptet (es), dass er genug Geld hat.

Weiterführende Literatur zu es:

Pütz 1986, Pütz 1991, Kemme 1979, Bergenholtz 1983, Marx-Moyse 1982, Cardinaletti 1990, Askedal 1990, Buscha 1988, Tomaselli 1986 bzw. Recherche unter Objektwort es in der Bibliografie.

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