Appositionen

Appositionen sind Nominalphrasen, die postnominal als Supplemente einer Nominalphrase eingesetzt werden konnen, mit der sie meist in Numerus und Kasus ubereinstimmen.

Appositionen - daher ihre Bezeichnung - wirken stets appositiv, d.h. nicht-restriktiv. Sie unterscheiden sich darin von Namensbestandteilen wie

Karl der Gro?e
Wilhelm der Eroberer
Heinrich der Achte

die restriktiv zu interpretieren sind.

Einige Beispiele von Appositionen - noch ohne Berucksichtigung der Einschrankung:

Nach dem Scheitern des Moskauer Staatsstreichs rief der Minsker Oberste Sowjet die "Republik Belarus" aus und wahlte einen neuen Vorsitzenden, den Atomphysiker Stanislaw Schuschkewitsch, 59.
(Spiegel, 27.6.1994, 126)

Er hatte viel Geld dafur ausgeben durfen, die Kunden folgten brav den Versprechungen; die Kasse, in diesem Geschaft "Quote" genannt, stimmte, und der Geschaftsfuhrer des Ladens, ein gewisser Kogel, rieb sich vergnugt die Hande.
(Berliner Zeitung, 23.01.1998, S. 14)
... in den Verwaltungsrat des eingetragenen Vereins, eines traditionellen CDU-Gegengewichts zum vermeintlich linken Goethe-Institut, drangten Daweke-Freunde und Daweke-Gegner zuhauf, um nichts als Machtfragen zu klaren.
(Berliner Zeitung, 21.01.1998, S. 11)

Bei pluralischen Kopfnomina kann die Apposition im Singular gehalten sein:

die tief zerstrittenen Bruder, ein Sargnagel ihrer armen Mutter

Die Einschrankung bezuglich des Kasus betrifft die Tendenz, Appositionen in den Nominativ als eine Art "Nullkasus" zu setzen:

Gilbert Becauds Herzensbrecher aus den Zeiten des Kalten Kriegs wurde bei ihr zu einem verschrobenen Jammerstuck, ein halb-ironischer Abgesang auf das franzosische Chanson.
(Frankfurter Rundschau, 028.11.1997, S. 24)

oder aber - bei "obliquen Kasus" - die Apposition dativisch zu markieren:

... verkundete Staatsprasident Francois Mitterand ... beim Gipfeltreffen der "Frankophonie", dem vier Kontinente umspannenden Klub franzosischsprachiger Gemeinschaften.
(Spiegel, 27.6.1994, 123)
Die mogliche Aufschuttung von Teilen des Muhlenberger Lochs, einem Flachwassergebiet in der Elbe, war in den letzten Wochen zum zentralen Konflikt zwischen Okonomie und Okologie stilisiert worden.
(Berliner Zeitung, 27.10.1997, S. 6)

Wie ein falsch gelandeter Raumkorper steckt das Riesenlokal im Basement des Eurotowers, einem der 44 Frankfurter Turmbauten.
[Berliner Zeitung, 10.10.1997, S. I]

Mit dem seriosen, sorgfaltigen und dennoch ungeheuer spannenden Film Michael Grambergs uber den "Fall Bruhne", einem besonders dramatischen und besonders traurigen Beispiel des Justizversagens, begann die ARD ihre neue Reihe "Die gro?en Kriminalfalle".
[Berliner Zeitung, 13.05.2000, S. 20]

Bermerkenswert ist die - durchaus regelgema?e - Verwendung des Genitivs bei einer Apposition zu einer von-Prapositionalphrase:

Das Stadtoberhaupt lobte vor allem den Einsatz von Oscar H. Fruh, des "Mannes der ersten Stunde, der es verstanden hat, alle Mundenheimer Vereine in die gro?e Gemeinschaft einzubinden".
(Mannheimer Morgen, 21.08.1989, Die Munnemer feiern zunftig)

Obligatorisch ist ein - inkongruenter - Nominativ, wenn als Apposition ein artikelloser Singular eingesetzt wird:

Mit Matthias Messmer, Absolvent der Ernst-Busch-Hochschule und dann Regisseur des carrousel-Theaters Berlin, hat Nordhausen einen guten Fang gemacht.
(Berliner Zeitung, 08.01.2000, S. 14)

versus

* Mit Matthias Messmer, Absolventen der Ernst-Busch-Hochschule und dann Regisseur des carrousel-Theaters Berlin, hat Nordhausen einen guten Fang gemacht.

versus

Mit Matthias Messmer, einem Absolventen der Ernst-Busch-Hochschule und dann Regisseur des carrousel-Theaters Berlin, hat Nordhausen einen guten Fang gemacht.

Im Plural kann Kasuskongruenz eintreten:

Von Fritz Wurgler und Gotthilf Marbacher, neue(n) junge(n) Lehrer(n) am Theodor-Heuss-Gymnasium , erwartet man, dass sie neue Akzente im Unterricht setzen.

Von seiner syntaktischen Ausgestaltung her entspricht das Paar Nominalphrase - Apposition dem Paar Subjekt - Pradikativkomplement:

Singularische individuen- oder substanzbezeichnende Bezugs-Nominalphrasen bedingen singularische Appositionen (Max, der Kafer; Blut, ein ganz besonderer Saft) oder eine Koordination von singularischen Nominalphrasen wie in Wolfgang, mein Freund und dein Vater, wobei beide nominalen Pradikatsausdrucke zur Charakterisierung desselben Gegenstandes dienen.

Pluralische, koordinierte oder singularische kollektivbezeichnende Bezugs-Nominalphrasen konnen unterschiedslos mit pluralischen, koordinierten oder singularischen kollektivbezeichnenden NP als Appositionen kombiniert werden:

zwei junge Stadtstreicher, alte Bekannte der Polizei,
Atze und Ede, zwei alte Bekannte der Polizei,
ein frohliches Volkchen, Freunde oder Bekannte des Hochzeitspaares,
Erika und Gernot, unser Hochzeitspaar,

Besonders deutlich wird die pradikative Struktur der Apposition, wo zu der appositiven Nominalphrase ein Ausdruck hinzutritt, der im entsprechenden pradikativen Satz adverbiales Supplement ware:

zwei junge Burschen, seit langem schon Bekannte der Polizei
Jupp und Ede, sicher alte Bekannte der Polizei

Auch aus der Nominalphrase dislozierbare quantifizierende Ausdrucke wie beide, jeder, alle, keiner konnen bei pluralischer Bezugs-Nominalphrase zu Appositionen hinzutreten:

Rainer Burchardt vom Deutschlandfunk und Horst Schattle vom SFB, beide SPD-Mitglied, sind fur die "Roten" wahlbar, aber eben deshalb fur die vierte Gruppe im Rat, die "Schwarzen", nicht.
(Berliner Zeitung, 16.02.1998, S. 18)
Zuruck bleiben nagende Schuldgefuhle und die von Arne hinterlassenen Gegenstande - jeder ein Anlass, Arnes Geschichte Stuck fur Stuck zu erinnern.
(Berliner Zeitung, 28.08.1999, S. 9)

Eine explizit pradikative Umschreibung konnte hier lauten:

... Gegenstande - jeder war ein Anlass, Arnes Geschichte Stuck fur Stuck zu erinnern

Kasusanpassung ist bei quantifizierenden Ausdrucken vollig ungrammatisch:

* Der Prasident hat den Siegern, jedem einem hervorragenden Einzelspieler, herzlich gratuliert.

Appositionen stehen in der Regel am rechten Rand einer Nominalphrase, was ihrem Status als Modifikator entspricht, der auf die Nominalphrase insgesamt bezogen ist. Sie folgen also auf die nachgestellten Komplemente und Supplemente zum Kopfnomen, die mit im Skopus der Apposition liegen. Selbst Relativsatze zum Kopfnomen werden vor die Apposition gestellt. Bei einer Stellung nach der Apposition hingegen wird die Apposition selbst Bezugs-Nominalphrase fur den Relativsatz:

Sogar ein Oppositionsfuhrer, der bisher nicht durch einen besonderen Lebenswandel hervorgetreten ist, einer der machtigsten Senatsfursten, ...

versus

Sogar ein Oppositionsfuhrer, einer der machtigsten Senatsfursten, der bisher nicht durch einen besonderen Lebenswandel hervorgetreten ist, ...

Appositionen konnen auch extraponiert im Nachfeld erscheinen:

Die Stra?enfalle ware uns beiden fast zum Verhangnis geworden, Katja und mir.
(TPM, 178)

versus

Die Stra?enfalle ware uns beiden, Katja und mir, fast zum Verhangnis geworden.

Zum Text

Schlagwörter
Letzte Änderung
Aktionen
Seite merken
Seite als PDF
Seite drucken
Seite zitieren

Seite teilen