Possessiv-Pronomen

frz. pronom possessif

Possessiv-Pronomen im Überblick

Das Possessiv-Pronomen ist ausdifferenziert in die lexikalischen Einheiten mein-, dein-/Ihr-, sein-, ihr-, unser-, euer-/Ihr-, ihr- plus Flexionsendungen. Es drückt generell eine Zugehörigkeitsrelation zum Sprecher (mein-) bzw. zu Gruppen, die den oder die Sprecher enthalten (unser-), zum Adressaten (dein-, Ihr-) bzw. zu Gruppen, die den oder die Adressaten, nicht aber den Sprecher enthalten (euer-/Ihr-) oder zu einem im vorausgehenden Kontext verbalisierten anderen Gegenstand oder Lebewesen (sein-, ihr-) aus. Possessiv-Pronomina sind wie die Possessiv-Artikel in zweifacher Hinsicht nach Genus und Numerus charakterisiert:
  1. Die Flexionssuffixe/-endungen sind differenziert nach Kasus und Numerus.
    Darüber hinaus übernehmen sie im Singular das Genus des Vorgängerausdrucks: Er leiht sich keinen Wagen. Er nimmt seinen.
  2. Lexikalisch differenziert sind die Possessiv-Pronomina nach Numerus und in der 3. Person nach Genus des Bezugsausdrucks: Er leiht sich keinen Wagen. Er nimmt seinen.
    Gerhard und Doris haben beide einen Wagen. Er nimmt aber immer ihren.

andere Bezeichnungen und Zuordnungen

Possessivum, besitzanzeigendes Fürwort

Bestand und Beispiele

mein-, dein-/Ihr-, sein-/ihr-, unser-, euer-/Ihr-, ihr-

Vor allem die Farbe Tomatenrot nach ihrer Meinung, Himbeerrot nach meiner Meinung, war ihr Geschmack, nicht meiner, denn das Technische kümmerte sie wenig.
[Frisch 1966, 36]

Seit der 11. Klasse kannte sie Matthias, einen Jungen aus "einer so richtig roten proletarischen Tradition." Großer Schreck für die Eltern, seine wie ihre.
[die tageszeitung, 1.2.1994, S. 94]

Wir schreiben bekanntlich auch "arabische" Ziffern, aber die wirklichen arabischen sehen doch ganz anders aus als die unseren.
[Grzimek, Bernhard/ Grzimek, Michael 1967, 31]

Ulrich ging auf sie zu und nahm behutsam ihre Hand in die seine.
[Stephan o.J., 52]

morphologische Eigenschaften

Das Formenparadigma der Possessiv-Pronomina ist wegen der zweifachen Charakterisierung verhältnismäßig komplex.

Differenzierung nach dem Vorgängerausdruck:

Die Formen sind bis auf das Maskulinum Nominativ und das Neutrum im Nominativ und Akkusativ mit denen des Possessiv-Artikels identisch. Die Genitiv-Formen des Possessiv-Pronomens sind ungebräuchlich.

MASKULINNEUTRUMFEMININPLURAL
NOMINATIVmeinermeinesmeinemeine
AKKUSATIVmeinenmeinesmeinemeine
DATIVmeinemmeinemmeinermeinen
GENITIVmeinesmeinesmeinermeiner

Differenzierung nach dem Bezugsausdruck:

SPRECHERADRESSAT3. PERSON
VERTRAUT / DISTANZMASKULIN / NEUTRUM / FEMININ
SINGULARmein-dein- / Ihr-sein- / sein- / ihr-
PLURALunser-euer- / Ihr-ihr-

Die französischen Possessiv-Pronomina bestehen aus der Kombination des definiten Artikels mit dem Possessivausdruck: mien, tien, sien, notre, votre, leur. Von daher sind sie sowohl genus- als auch numerusdifferenziert.

Donne-moi ton stylo, j'ai oublié le mien. (Gib mir deinen Kugelschreiber, ich habe meinen vergessen.)

Im Unterschied zu den deutschen Possessiv-Pronomina der 3. Person Sg., die das Genus des Vorgängerausdrucks übernehemen, also ein Possessum-Genus aufweisen (vgl. die Flexionsendungen) und über zwei unterschiedliche Wortstämme gemäß Numerus und Genus des Bezugsausdrucks sein- / ihr- verfügen, also auch ein Possessor-Genus aufweisen, besitzen die französischen Possessiv-Pronomina der 3. Person Sg. le sien / la sienne nur ein Possessum-Genus, das durch Flexionssuffixe gekennzeichnet wird: Es gibt nämlich keine Differenzierung im Stamm als Ausdruck der Possessor-Kategorien:

Maxime und Julie ont chacun un ordinateur portable. [Maxime und Julie haben beide einen Laptop.]
Il prend toujours le sien // Elle prend toujours le sien.
Unklar ist im Frz., von welchem Laptop hier die Rede ist. Vgl. hingegen das Deutsche: Er nimmt immer seinen (Maximes Laptop) / Er nimmt immer ihren (Julies Laptop).


Genaueres dazu u.a. in Flexion der Pronomina.

syntaktische Eigenschaften

Die in der Flexionsendung kodierte Kategorisierung nach Genus korrespondiert mit dem Genus eines Vorgängerausdrucks:

Wem gehört der Regenschirm ? Das ist meiner. (Mask.)
Wem gehört das Auto? Das ist mein(e)s. (Neutr.)
Es gibt viele schwarze Wagen. Meiner ist rot. (Mask.)

Das Possessiv-Pronomen tritt auch zusammen mit dem definiten Artikel auf und zeigt dann dieselben Endungen wie ein schwach flektiertes attributives Adjektiv:

dein Mann - deiner - der deine
meine Leute - meine - die meinen
meiner Frau - meiner - der meinen
sein Land - seines - das seine

Zudem gibt es die auf -ig abgeleiteten Langformen, die wie Adjektive flektiert werden: der Meinige, die Meinige, das Meinige, die Meinigen // der Deinige // der Seinige usw. Diese Formen klingen archaisch und wirken heute leicht ironisch.

semantische und funktionale Eigenschaften

Das Possessiv-Pronomen repräsentiert überwiegend eine Zugehörigkeitsrelation zwischen einem Gegenstand und dem Sprecher oder Adressaten (bzw. Gruppen, die den oder die Sprecher bzw. Adressaten enthalten) oder einem im vorausgehenden Kontext genannten Gegenstand bzw. Lebewesen.

Das Possessiv-Pronomen kann auch andere semantische Relationen ausdrücken, wie z.B. eine logische Relation oder eine Herkunftsrelation:

Euer Problem ist, dass ihr zu wenig Geld habt, und unseres, dass wir keine Zeit haben.
Ihr Geburtsort ist Weimar, meiner ist Leipzig.

Übung: Possessiv-Pronomen


Zum Text

Letzte Änderung
Aktionen
Seite als PDF
Seite drucken
Seite zitieren

Seite teilen