Zur Bedeutung präpositional angeschlossener Attribute

Die Wirkungsweise präpositional angeschlossener Attribute

Attribute, die an eine Nominalphrase präpositional angeschlossen wurden, wirken - wie auch Genitivattribute und anders als adjektivische Attribute - stets spezifizierend. Auf jeden Gegenstand, auf den die so erweiterte Nominalphrase zutrifft, tritt zugleich die nicht erweiterte Phrase zu: Jedes Haus aus Holz ist insbesondere auch ein Haus, jedes Stück Apfelkuchen mit Sahne ist insbesondere auch ein Stück Apfelkuchen, jede Fahrt ins Blaue ist insbesondere auch eine Fahrt.

Gemeinsam ist präpositional angeschlossenen Attributen und Genitivattributen auch, dass zwischen dem Attribut und dem, worauf es angewandt wird, grundsätzlich ganz verschiedene inhaltliche Beziehungen bestehen können:

Die Ausgliederung aus der früheren Verwaltung für Wissenschaft und Kunst hat zwar zu einer Stärkung der Kultur am Kabinettstisch, aber auch zu einem starken Wachstum der Verwaltung geführt.
(die tageszeitung, 24.01.1994, S. 26)
Und die Hauptstraße von Shaoshan ist gesäumt von Souvenirständen voller Kitsch: Mao-Büsten aus Plastik, Mao- Bilder in leuchtendem Rahmen und herzförmige Medaillons mit Mao-Porträt.
(die tageszeitung, 24.12.1993, S. 3)
Er bemühte sich um eine Koalition aus fünf Parteien, stieß aber dabei auf große Schwierigkeiten.
(die tageszeitung, 18.12.1991, S. 9)
Vor Gericht stehen fünf Angeklagte, denen gemeinschaftlicher Mord aus Habgier vorgeworfen wird.
(Berliner Zeitung, 31.01.1998, S. 8)
Die drei Jungs aus Berlin beehren Gossau auf ihrer Tour - und sie tun dies überzeugend.
(St. Galler Tagblatt, 21.11.1998, «Ärzte» und die Sache mit der Zensur)
Es betraf in, im Wesentlichen Material aus meinem Arbeitsgebiet im Bundesnachrichtendienst.
(Gabriele Gast in SWF Leute, 1999)
Um zu demonstrieren, wie aktuell der Umweltschocker aus dem Jahr 1973 mittlerweile geworden ist, ändert der WDR kurzfristig sein Drittes Fernsehprogramm und strahlt das Fernsehspiel noch mal aus.
(Die ZEIT, 25.01.1985, S. 14)
Sei R[x] die Menge aller Polynome in x mit Koeffizienten aus der Menge der reellen Zahlen R.
(www.wer-weiss-was.de/theme50/article2640860.html)

Formt man als kompetenter Sprachteilhaber, was hier mit den markierten Nominalphrasen zum Ausdruck gebracht wird, in entsprechende Sätze oder Teilsätze um, dann wird deutlich, von welcher Art Bedeutungsbeziehung jeweils auszugehen ist:

a.die Ausgliederung aus der früheren Verwaltung für Wissenschaft und Kunst... gliedert ... aus der früheren Verwaltung für Wissenschaft und Kunst aus
b.Mao-Büsten aus Plastik(die) Mao-Büsten sind aus Plastik
c.eine Koalition aus fünf Parteien(die) Koalition setzt sich zusammen aus oder besteht aus fünf Parteien
d.gemeinschaftlicher Mord aus Habgierdass sie gemeinschaftlich einen Mord begingen, weil sie habgierig waren
e.die drei Jungs aus Berlindie drei Jungs kommen/stammen aus Berlin
f.Material aus meinem Arbeitsgebiet im Bundesnachrichtendienstdas Material stammt aus meinem Arbeitsgebiet im Bundesnachrichtendienst
g.der Umweltschocker aus dem Jahr 1973der Umweltschocker stammt aus dem Jahr 1973
h.Koeffizienten aus der Menge der reellen Zahlen Rdie Koeffizienten sind aus der Menge der reellen Zahlen R zu entnehmen

Bei Fall

  1. entspricht die Basisphrase einer Verbgruppe, das Attribut einem von dieser regierten Präpositivkomplement
  2. entspricht die Basisphrase dem Subjekt, das Attribut einem Prädikativkomplement zu dem ausdruckseitig nicht realisierten Kopulaverb sein
  3. entspricht die Basisphrase dem Subjekt, das Attribut dem Präpositivkomplement einer ausdruckseitig nicht realisierten Verbgruppe (besteht oder setzt sich zusammen), der die Präposition aus fordert
  4. entspricht die Basisphrase einem Propositionsausdruck, das Attribut einem Supplement, mit dem eine Kausalspezifikation realisiert wird
  5. entspricht die Basisphrase dem Subjekt einer ausdruckseitig nicht realisierten Verbgruppe (stammen oder kommen), das Attribut dem Präpositivkomplement, mit dem eine Herkunftsbestimmung gegeben wird
  6. entspricht - wie im Fall (e) - die Basisphrase dem Subjekt einer ausdruckseitig nicht realisierten Verbgruppe (stammen oder kommen), das Attribut dem Präpositivkomplement, mit dem eine Herkunftsbestimmung gegeben wird, die jedoch in übertragenem Sinn zu verstehen ist, weil der Ort, von dem das Material stammen oder kommen soll, kein räumliches, sondern ein institutionelles Objekt ist
  7. entspricht - wie im Fall (e) - die Basisphrase dem Subjekt einer ausdruckseitig nicht realisierten Verbgruppe (stammen oder kommen), das Attribut dem Präpositivkomplement, mit dem eine Herkunftsbestimmung gegeben wird, die jedoch nicht räumlich, sondern zeitlich zu verstehen ist
  8. entspricht die Basisphrase dem Subjekt einer ausdruckseitig nicht realisierten Verbgruppe (sind zu entnehmen oder sind entnommen), das Attribut dem von dieser regierten Präpositivkomplement, das den Bereich bestimmt, aus dem etwas entnommen wird

Bleibt als Problem, ob sich für solche intuitiven Umformungen Regeln bestimmen lassen. Eine schematisch anzuwendende Lösung gibt es hier nicht, denn in der kompakten Form der Nominalphrase fehlt jeglicher formgestützte Hinweis auf die Dimension, in der ein präpositional angeschlossenes Attribut spezifizierend wirkt. Dennoch bleibt man bei der Interpretation solcher Attribute nicht völlig auf eigene Sinnfindung angewiesen. Das Erste, an was man sich halten kann, ist die vorliegende Präposition selbst. Diese liefert zwar, wie die Beispiele zu aus zeigen, nicht immer kraft ihrer Bedeutung einen eindeutigen Hinweis darauf, wie das Attribut zu verstehen ist, doch kann man davon ausgehen, dass die Interpretation stets im Rahmen der Funktionen zu finden sein muss, die entsprechende Präpositionalphrasen auch auf Satzebene erfüllen könnten. Das scheint noch nicht viel, doch führt es immerhin zu merklicher Einschränkung. So kann etwa ein mittels aus angeschlossenes Attribut nicht im Sinn all der anderen Spezifikationen verstanden werden, die grundsätzlich bei präpositional angeschlossenen Attributen in Frage kämen, beispielsweise nicht, wie die folgenden - mittels bei angeschlossenen - Attribute, im Sinn einer Geltungsrestriktion:

Auf den nassen, unebenen Wegen empfiehlt sich festes Schuhwerk. Ein idealer Spaziergang bei Regenwetter.
(Berliner Zeitung, 12.05.2004, S. 21)

einer Umstandsspezifikation:

Ich hatte vergessen, ihn nach seinen Erlebnissen beim Militär zu fragen, ...
(LBC, S. 295 , Sprecher: Heinrich Böll)

einer Ortsspezifikation:

Die Amerikaner hatten am 1. September 1988 mit dem Abzug der ersten neun Pershings von der Waldheide bei Heilbronn begonnen.
(die tageszeitung, 19.08.1989, S. 4)

oder Zeitspezifikation:

Zum Sühneritus gehört das strenge Fasten bis zur festlichen Mahlzeit bei Einbruch der Dunkelheit und wiederholte Besuche in der Synagoge.
(die tageszeitung, 18.09.1991, S. 23)

Die weiter gehende Festlegung, welcher Art Spezifikation in einem gegebenen Fall anzunehmen ist, kann freilich nur unter Berücksichtigung allgemeinen Weltwissens sowie speziellen Situations- und Hintergrundwissens begründet werden. Da Gesprächspartner in der Regel gemeinsam über das erforderliche einschlägige Wissen verfügen, kommt dieses als elementare Voraussetzung für eine erfolgreiche Interpretation derartiger Attribute nur selten in Blick. Ausgeschlossen sind Fehlinterpretationen allerdings nicht: Wer etwa Turmalin für eine Kleinstadt in Brandenburg hält, wird sich vermutlich darüber wundern, dass es dort eine Großtierhandlung gibt, wenn ihm jemand erzählt, er habe sich einen Elefanten aus Turmalin gekauft.

Prinzipiell mehrdeutige präpositional angeschlossene Attribute

Auf vergleichsweise viele Interpretationsmöglichkeiten, wie sie bei Attributen festzustellen sind, die mittels aus oder bei angeschlossen wurden, trifft man im Deutschen nur bei solchen Attributen, die mittels so genannter primärer Präpositionen angeschlossen wurden. Im Einzelnen sind das folgende:

Das Gros der deutschen Prä- und Postpositionen sind sog. sekundäre Präpositionen. Viele dieser Ausdrücke sind zwar als Wörter durchaus mehrdeutig, doch in der Funktion als Präposition stets eindeutig zu verstehen. Hier nur einige Beispiele:

Ich wurde aufgrund meiner Alkoholabhängigkeit und den daraus resultierenden Straftaten zu einem Jahr Freiheitsentzug und zu einer Zwangstherapie gemäß § 64 verurteilt.
(die tageszeitung, 30.05.1990, S. 18)
Die Kläger argumentierten, allein die Polizei hätte für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, weil ein "Großer Zapfenstreich" kein spezifischer Verteidigungsauftrag laut Grundgesetz sei.
(die tageszeitung, 27.06.1988, S. 4)
Die Promotionsordnung des Fachbereichs Maschinenbau sagt zwar eindeutig, daß der Ehrendoktortitel "Doktor-Ingenieur Ehren halber, abgekürzt Dr.-Ing. E.h." zu führen ist. Doch der zuständige Dekan, Professor Manfred Hager, will "keine Ahnung" haben, ob das "E.h." auch weggelassen werden kann.
(die tageszeitung, 13.09.1996, S. 21)
Aus diesem Grund begrüsste die Vizepräsidentin der Ortspartei, Silvia Kunz, diesmal einen Experten in Sachen Strom als Referenten.
(St. Galler Tagblatt, 22.11.1997, Liberalisierung des Strommarktes als Ziel)
Ein 20 Jahre alter Sibirischer Uhu namens Boris wird jetzt in England gegen den Grauen Star operiert.
(Vorarlberger Nachrichten, 26.01.1999, BLICKPUNKTE)
Dies neue Gefühl, mich gegen den Untergang mangels Nahrung gesichert zu wissen, gefiel mir so gut, daß ich mich schnell nach weiteren Habseligkeiten umsah, die ich der Flöte nachsenden könne; ...
(Gottfried Keller: Der grüne Heinrich. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 109351. http://www.digitale-bibliothek.de/band1.htm)

Mehr zu den formalen Eigenschaften und Bedeutungen der verschiedenen sekundären Präpositionen findet sich im Wörterbuch der Präpositionen.

Regierte und freie präpositional angeschlossene Attribute

Durch Attribute erweiterte Nominalphrasen sind aus semantischer Sicht generell als Operator-Operand-Strukturen zu begreifen. Stets findet sich eine Basis-Komponente und eine Komponente, die auf jene anzuwenden ist. Welche Ausdruckskomponente - Attribut oder Basisphrase - dabei welche Funktion hat, kann jedoch nicht allgemein bestimmt werden. Es kann sein, dass der Basisphrase

  1. die Rolle eines Ausdrucks für ein Prädikat zukommt

oder

  1. die Rolle eines Ausdrucks für ein Argument.

Bei präpositional angeschlossenen Attributen finden sie beide Formen. Der erste Fall - Basisphrase-Prädikat, Attribut-Argument - liegt immer dann vor, wenn die Präposition, über die das Attribut anzuschließen ist, vom Kopfnomen der zu erweiternden Nominalphrase bestimmt - technisch ausgedrückt: regiert - wird. Attribute dieses Typs zeichnen sich dadurch aus, dass die - stets primäre - Präposition in dieser Verbindung nur eine technische Funktion erfüllt, vergleichbar mit der Funktion eines Kasus, jedoch keinen eigenständigen Beitrag zur Bedeutung des Attributs leistet. Anders als die Präpositionen nicht regierter Attribute sind diese Präpositionen in der gegebenen Verbindung ohne Alternative. So kann zwar der Ort, an dem sich ein Haus befindet, mittels so verschiedener Attribute wie an einer Straße, auf einem Berg, bei einer Kirche, neben einer Apotheke, hinter einem Wäldchen, in einem Tal oder jenseits des Flusses spezifiziert werden, doch die Erinnerung an etwas immer nur mittels eines mit an angeschlossenen Attributs.

Einige Beispiele regierter präpositional angeschlossener Attribute:

Das gilt auch für eine Tätigkeit im Rahmen großer Organisationen, die einen spezifischen Bedarf an freiwilligen Helfern haben und deshalb auch gewisse Anforderungen stellen.
(Ludgera Vogt in SWR2 Aula: Bildung für Bürger, Februar 2006)
Schon der Gedanke an Eiscreme reichte aus, um ihm gute Laune zu machen - oder gab es etwas Schöneres als Eis zu schlecken?
(Mannheimer Morgen, 13.06.1998, Willys Trick mit dem Gute-Laune-Eis)
Ich erinnere mich daran, dass ich vor ein paar Jahren mit ihm mal bei einem ganz privaten Abendessen zusammen saß und er mir ganz lange erzählte, wie dieses Attentat sein Leben verändert hat und sein Denken über die Art und Weise, wie man leben müsste.
(Ulrich Wickert, 1999 in SWR1, Best of Leute)
Da wir Lust auf einen Espresso haben, steigen wir ins «cc24» im oberen Stockwerk hinauf.
(Züricher Tagesanzeiger, 15.10.1997, S. 8)
... aber ein Kranich, der rüber geflogen ist, is' halt, hat halt eine Einreise in die DDR gemacht.
(Michael Ecklebe in 40 Tage im Herbst, SWR1, 1999)
Auch die Einwände gegen die Neufassung des Ausländerrechts klingen ähnlich.
(Berliner Zeitung, 24.08.2001, S. 4)
Im Augenblick gibt es für den Frieden Europas keine größere Gefahr als die Wiederbewaffnung Westdeutschlands, das ohne Zweifel diese Waffen früher oder später zu einer Auseinandersetzung mit dem östlichen Teil Deutschlands einsetzen würde.
(Aufruf von Bertolt Brecht gegen die Wiederbewaffnung Westdeutschlands, 1952)
Zunächst schien mir, Franzens Frömmigkeit stehe im Gegensatz zu diesen regelmäßigen Übungen in passiver und aktiver Brutalität, doch heute beginne ich manches zu ahnen.
(Heinrich Böll, Nicht nur zur Weihnachtszeit, gelesen von Franz-Josef Antwerpes)

Nur eine technische Funktion — vergleichbar der des Genitivs — ohne deshalb auch regiert zu sein, erfüllt auch die Präposition von in Verbindungen, wie sie in diesen Sätzen vorliegen:

Die Hauptdarstellerin von Blue Velvet und Wild at Heart ist die Tochter von Ingrid Bergmann und Roberto Rossellini.
(Stefan Siller in Best of Leute '99, SWR1, 2000)
Die Finanzsenatorin von Hamburg, Ingrid Nürmann-Seidewinkel, und die Finanzministerin von Brandenburg, Wilma Simon, hätten bei einem Treffen der SPD-Landesregierungen mit Bundeskanzler Schröder am Dienstag abend offen Kritik am Sparpaket geübt, hieß es in Länderkreisen.
(Berliner Zeitung, 24.06.1999, S. 6)

Im zweiten Fall — Basisphrase-Argument, Attribut-Prädikat — hängt die Möglichkeit, eine entsprechende Attribution vorzunehmen, formal nicht vom Kopfnomen der Phrase ab, sondern unterliegt allenfalls sachbedingten Beschränkungen. Bei Attributionen dieser Art bestimmt die Wahl der Präposition die Bedeutung des Attributs, zwar nicht immer eindeutig, aber immer im Rahmen der Spezifikationen, die mit der entsprechenden Präpositionalphrasen grundsätzlich vorgenommen werden können. Dabei kommen bei primären Präpositionen zwar mehrere Dimensionen der Spezifikation in Frage, doch die Anzahl der überhaupt gegebenen Dimensionen ist in jedem Fall weit geringer als die Zahl verfügbarer Präpositionen. Im Wesentlichen handelt es sich um diese Dimensionen - wobei sich die Feststellung, dass diese oder jene Dimension anzunehmen ist, stets auf eine Auswertung von lexikalischem Wissen, allgemeinem und speziellem Hintergrundwissen und Kenntnis des gegebenen Kontext zu stützen hat:

  1. Spezifikation hinsichtlich der räumlichen Befindlichkeit
  2. Spezifikation hinsichtlich des Zeitpunkts oder Zeitraums
  3. Spezifikation hinsichtlich der Dauer
  4. Spezifikation hinsichtlich der Richtung
  5. Spezifikation hinsichtlich der Herkunft oder Quelle
  6. Spezifikation hinsichtlich der Beschaffenheit
  7. Spezifikation hinsichtlich der nicht realisierten Alternative
  8. Spezifikation hinsichtlich des Grundes, der Ursache oder des Motivs (Kausalspezifikation)
  9. Spezifikation hinsichtlich des Ziels, des Zwecks oder der Absicht (Finalspezifikation)
  10. Spezifikation hinsichtlich des Betroffenen, Nutznießers oder Geschädigten
  11. Spezifikation hinsichtlich des Bezugsobjekts oder Bezugsereignisses
  12. Spezifikation hinsichtlich der Begleitumstände
  13. Spezifikation hinsichtlich Zusätzlichem oder Fehlendem
  14. Spezifikation hinsichtlich der angewandten Mittel
  15. Spezifikation hinsichtlich der Art und Weise
  16. Spezifikation hinsichtlich einer Bedingung
  17. Spezifikation durch Zuordung zu einer Quantität

Die Spezifikation von Nominalphrasen mittels präpositional angeschlossener Attribute muss nicht auf ein Attribut pro Basisphrase beschränkt bleiben. Wo die Spezifikation verschiedene Dimensionen betrifft, können durchaus auch zwei Attribute gewissermaßen parallel auf eine Basisphrase angewandt werden, sofern, wie bei den folgenden Beispielen, eine sequentielle Interpretation nicht in Frage kommt:

Um die Widerstände vor allem in den USA gegen die Teilnahme an der neuen Verhandlungsrunde des GATT zu entkräften, wurden auf einer Pressekonferenz am Mittwoch in Moskau die neuesten Beschlüsse des Politbüros zum Außenhandel hervorgehoben.
(die tageszeitung, 05.09.1986, S. 6)
Aber es gebe "keinen neuen Streit in der Fraktion" wegen der Modernisierungskampagnen beruhigt Stänner; ...
(die tageszeitung, 28.09.1988, S. 9)

Wenn zwei Attribute jedoch dieselbe Dimension betreffen oder das zweite ebenso gut zur Spezifikation des ersten dienen könnte, dann kann das zweite Attribut auch als Erweiterung der ersten Attributphrase interpretiert werden, sofern nicht, wie beim dritten der folgenden Beispiele, allgemeine Wissenshintergründe dagegen sprechen:

Willkommen im Hotel Sonnenbichl in Hindelang im Allgäu
(www.bettensuche.de/suchen/zeige_stadt_14_Alpen.html)
Haje Sönksen-Martens führt durch sein Bauernmuseum in Wyk auf Föhr.
(www.geotvkiel.uni-kiel.de/index.htm?/film_start.htm)
Sie war im Besitz eines Schreibens an Napoleon I. aus Wien.

Restriktiver und nicht-restriktiver Gebrauch präpositional angeschlossener Attribute

Präpositional angeschlossene Attribute werden in aller Regel dazu eingesetzt, Gegenstandsbestimmungen so zu gestalten, dass ein Hörer oder Leser unter den gegebenen Bedingungen in die Lage versetzt wird zu erkennen, wovon genau die Rede sein soll. Man spricht bei solcher Verwendung von einem restriktiven Gebrauch des Attributs. Anders als Genitivattribute, die ausschließlich in dieser Weise zu gebrauchen sind, können präpositional angeschlossene Attribute jedoch unter bestimmten Bedingungen auch nicht-restriktiv eingesetzt werden, wie sich bei diesen Beispielen zeigt:

Als Augenthaler wie ein Tobsüchtiger auf Valderrama eingetreten hatte, der verletzt liegen blieb, verweigerte der Schiedsrichter den Betreuern hartnäckig den Zutritt zum Spielfeld, obwohl die Kolumbianer sogar den fälligen Freistoß aus bester Position absichtlich ins Aus schossen.
(die tageszeitung, 21.06.1990, S. 14)
Die Bergeller Edelkastanie, einst das Grundnahrungsmittel dieses italienischsprachigen Südtales jenseits des Maloja-Passes, hat sich in jüngster Zeit zu einer begehrten Delikatesse entwickelt.
(St. Galler Tagblatt, 21.10.2000, Wenn Fahnen wehen in Waldkirch)
Marquez: Ich möchte nicht, daß dieses Gespräch unter Freunden wie ein Zeitungsinterview aussieht, aber ich bin sehr neugierig und möchte eine ganze Menge über Sie und Ihre Arbeit wissen.
(die tageszeitung, 18.11.1991, S. 16)

Bei keinem dieser Beispiele führt die Verwendung des präpositional angeschlossenen Attributs zu einer Einschränkung dessen, was bereits mit der nicht erweiterten Nominalphrase zu erreichen wäre, und das hat einen simplen Grund: Die Gegenstandsbestimmung war hier bereits ohnedies eindeutig.