Propädeutische Grammatik

Explizite Derivation

Die explizite Derivation ist neben der Determinativkomposition die häufigste Wortbildungsart.

Bei der expliziten Derivation werden explizit (lat. explicatus 'klar, deutlich, ausdrücklich') Derivate gebildet, nämlich indem Wortbildungsaffixe wie heit, lich, isch, be, un vor allem an Wörter oder Konfixe angehängt werden, z. B.: Schönheit, politisch, männlich, beladen.

Drei Merkmale sind charakteristisch für explizite Derivate:

  • Merkmal 1: Explizite Derivate sind binär.
  • Merkmal 2: Die zweite Einheit bestimmt in der Regel die morphosyntaktischen Merkmale wie die Wortart des Derivats.
  • Merkmal 3: Zwischen den Einheiten besteht eine Bedeutungsbeziehung. Dabei bestimmt kmitunter die zweite Einheit, mitunter aber auch die erste Einheit die Bedeutung des Derivats.

Binarität

Unabhängig davon, aus wie vielen Einheiten ein Derivat besteht, ist es (ebenso wie jedes Determinativkompositum) binär strukturiert. Derivate sind also so aufgebaut, dass sie in jeweils zwei Einheiten unterteilt werden können.
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Explizite Derivate lassen sich segmentieren in erstens die Derivationsbasis, das sind vor allem Wörter wie Freund, schön, schreib und Konfixe wie polit, ident, therm, und zweitens das Wortbildungsaffix.


Präfixebesuchen
SuffixeBesucher
ZirkumfixeGerede

Einige Linguisten sehen Bildungen wie Gerede als dreiteilig: Ge(1)red(2)e(3). Hier werden solche Derivate als ebenfalls binär betrachtet: Ge(1)red(2)e(1). Vgl. Zirkumfix.

Morphosyntaktische Merkmale

Wie bei den Einheiten der Determinativkomposita legt die zweite Einheit des expliziten Derivats in der Regel die morphosyntaktischen Merkmale fest, etwa die Wortart und alle damit zusammenhängenden Merkmale wie Genus, Flexion, kategorielle Bedeutung.

Die zweite Einheit eines expliziten Derivats ist ein Suffix, ein Zirkumfix oder eine Basis. So legt das Suffix heit fest, dass das Derivat ein feminines Nomen ist: die Schönheit, die Wildheit, die Klugheit. Das Suffix isch legt fest, dass das Derivat ein Adjektiv ist: sympathisch. Das Suffix ier bildet Verben: panaschieren, kumulieren. Das Zirkumfix ge...e bildet Nomina: Gerede. Steht an zweiter Stelle die Basis, richten sich die morphosyntaktischen Merkmale des Derivats nach ihr: Missernte, misstrauen.

Ausnahmen von der Regel, dass die zweite Einheit die morphosyntaktischen Merkmale festlegt, sind denominale und deadjektivische Präfixverben wie vergolden, verarmen. Bei solchen Verben bestimmt das Präfix die morphosyntaktischen Merkmale; es ist der syntaktische Kern. Vgl. Einige Schwierigkeiten bei der Analyse expliziter Verbderivate und Das transponierende, das determinierende und das determinierte Wortbildungsaffix.

Semantischen Merkmale

Semantisch gesehen findet bei der expliziten Derivation entweder eine Transposition oder eine Determination statt.

Transposition

Bei der Tranposition wird durch die Affigierung die Wortart, geändert, ohne dass sich dabei auch die kategorielle Bedeutung verändert: bergen -> Bergung, schön -> Schönheit. Vgl. Transposition.

Determination

Bei der Determination besteht zwischen den Einheiten des Derivats genauso wie bei Determinativkomposita ein Determinationsverhältnis. Dabei kann das Affix determinieren oder determiniert werden. So bestimmt in Romänchen das Diminutivsuffix chen die Basis Roman semantisch näher: Schreibt Thomas Mann an seinen Bruder Heinrich dein Romänchen, so wird durch das Diminutivsuffix eine herablassende Bewertung ausgedrückt. Diese Bewertung wird als nähere Bestimmung hinzugefügt. Dagegen wird bei Sensibelchen das Suffix chen durch das Adjektiv determiniert: Ein Sensibelchen ist eine mit chen bezeichnete Person, die übertrieben sensibel ist. Die Eigenschaft der Sensibilität wird als nähere Bestimmung hinzugefügt. Vgl. Determination.

Vgl. zur Rolle der Wortbildungsaffixe bei der Derivation Transponierendes, determinierendes und determiniertes Wortbildungsaffix.

Durch explizite Derivation entstehen:

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Autor(en)
Elke Donalies
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