Konversion

Definition

Die Konversion ist eine Wortbildungsart, bei der – im Gegensatz zu allen anderen Wortbildungsarten – allein die Wortart gewechselt wird, und zwar ohne erkennbare morphologische Veränderungen der Basis. Damit ist eine semantische Veränderung verbunden oder nicht.

Erläuterungen

Durch Konversion entstehen vor allem Nomina und Verben, seltener Adjektive.

  • Nomina werden unter andrem aus Verben konvertiert. Hier ist zu unterscheiden die Stammkonversion, zum Beispiel laufender Lauf, und die Infinitivkonversion, zum Beispiel laufen → das Laufen. Weniger werden Nomina aus Adjektiven konvertiert, zum Beispiel hochdas Hoch, runddas Rund. Außer aus Verben und Adjektiven werden Nomina auch aus Wörtern anderer Wortarten konvertiert, zum Beispiel das Ich, ohne Wenn und Aber. Siehe Belege a-c.
  • Verben werden am häufigsten aus Nomina konvertiert, zum Beispiel Angelangeln, Fischfischen, relativ häufig auch aus Adjektiven, zum Beispiel rotröten, warmwärmen. Außerdem werden Interjektionen zu Verben konvertiert, zum Beispiel pfuien. Siehe Belege d und e.
  • Adjektive werden konvertiert aus Verben, zum Beispiel aus Partizip-II-Formen wie gelebtein gelebtes Leben, aus Nomina, zum Beispiel Feindsich feind sein, gelegentlich auch aus Wörtern anderer Wortarten, zum Beispiel zuein zues Marmeladenglas, und aus Affixen, zum Beispiel pseudopseudo klingen. Siehe Belege f und e.

Konvertate sind zum einen rein syntaktisch umgenutzt, also umkategorisiert, zum Beispiel laufendas Laufen; beides bezeichnet eine Tätigkeit, einmal syntaktisch als Verb, einmal als Nomen nutzbar. Zum anderen gewinnen Konvertate semantisch dazu, zum Beispiel Angelangeln; hier wird in der Basis ein Instrument bezeichnet und im Konvertat eine damit ausgeführte Tätigkeit

Beispiele

  1. ackern
  2. ätschen
  3. ein Dazwischen
  4. feind
  5. Laufen
  6. Schlaf
  7. süßen
  8. Verputz
  9. ein zues Marmeladenglas

Korpusbelege

a    Mit dem neuen HausarztProgramm spart sich der Allgemeinmediziner Bürokratie und gibt den AOK-Versicherten ein Mehr an Leistung. (AOK-Life 5/2008, S. 12)
b    Das Gestern stand klar vor ihm, das Soeben schwand. (Glavinic, Thomas (2013): Das größere Wunder. Roman. München: dtv, S. 7)
c    Entweder haben wir furchtbar viel zu tun, oder wir haben furchtbar wenig zu tun, eins von beiden. Ein Dazwischen gibt es nicht. (Murakami, Haruki (2006): Wilde Schafsjagd. Roman. Aus dem Japanischen von Anneli Ortmanns. München: btb, S. 51)
d    Es gab einen Sturm entrüsteten Hohngelächters. Zumal auf der Sonnenseite, aber auch bei uns, sprang man auf die Füße, pfiff, johlte, pfuite und schimpfte ihn aus. (Thomas Mann: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (1. Buchausg. 1954), In: Gesammelte Werke in zwölf Bänden mit einem Ergänzungsband, Bd. 7., Frankfurt a.M., 1960, S. 652)
e    Mit solchen Schmähworten ätschten sich schon die Kinder gegenseitig aus. (Wenfu, Lu (1995): Der Gourmet. Roman. Aus dem Chinesischen mit einem Nachwort von Ulrich Kautz. Zürich: Diogenes, S. 7)
f    So klang er schnoddrig, pseudo und oberflächlich. (Hornby, Nick (2002): About a boy oder: Der Tag der toten Ente. Roman. Aus dem Englischen von Clara Drechsler und Harald Hellmann. München: Knaur, S. 279)
g    Heinisch-Hosek: Wenn konservative Parteien Vorzeigefrauen an Spitzenplätzen positionieren, sich an der Politik aber nichts ändert, halte ich das für pseudo und lehne es ab. (Falter, 04.03.2009, S. 13)

Hinweise

In der Forschungsliteratur ist die Konversion von Nomina → Verben semantisch besonders ausdifferenziert. Hier werden unter anderem voneinander abgegrenzt:

  • Instrumentiva wie angeln, bürsten, flöten. Instrumentiva bezeichnen Tätigkeiten mit bestimmten Instrumenten oder Mitteln, zum Beispiel die Haare bürsten.
  • Ornativa wie buttern, ehren, zuckern. Ornativa bezeichnen Tätigkeiten, bei denen etwas hinzugefügt wird oder hinzukommt, zum Beispiel ein Brot buttern.
  • Privativa wie bluten, häuten, schälen. Privativa bezeichnen Tätigkeiten, bei denen etwas entfernt wird oder sich entfernt, zum Beispiel eine Apfelsine schälen.

Die einzige morphologische Veränderung in Konvertaten ist der gelegentliche Umlaut, zum Beispiel Schaleschälen, rotröten.

Fraglich ist, ob Bildungen des Typs der Kluge, die Kluge, das Kluge Adjektive oder nominale Konvertate aus Adjektiven sind. Sie werden nicht wie Nomina, sondern weiter wie Adjektive in allen drei Genus flektiert, zum Beispiel im Dativ dem Klugen, der Klugen, dem Klugen. Sie haben Komparativ- und Superlativformen, zum Beispiel der Klügere, die Klügste. Dabei sind die Bildungen der Kopf in Nominalphrasen wie Sie war schon immer die Klügste. Eventuell sind sie als Ellipsen zu verstehen, zum Beispiel Sie war schon immer die Klügste (Frau). Manche dieser Bildungen haben sich etabliert, zum Beispiel die Elektrische oder Ich habe keinen Blassen, was du meinst.

Die mitunter synonym verwendeten Termini Transposition und Umkategorisierung reichen weit über das Konzept Konversion hinaus. Unter anderem transponieren auch Affixe in der expliziten Derivation, zum Beispiel bergenBergung. Konversion ist also einer unter mehreren Unterbegriffen der Transposition und Umkategorisierung.

Siehe auch

Andere Bezeichnungen

Hypostasierung, Nullableitung, Nullderivation, Transfiguration, Transposition, Umkategorisierung, Umwandlung

Übersetzungen

conversion (französisch), dérivation sans suffixe (französisch), conversione nella formazione delle parole (italienisch), konversjon i orddanning (norwegisch), konwersja słowotwórcza (polnisch), (alakváltás nélküli szófajváltás) (ungarisch)

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